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Hallo Antonius,<br>
<br>
Ich will nicht auf alles eingehen, was der DKPler da verzapft hat. <br>
<br>
Grundlegend finde ich seine Fehleinschätzung<br>
Ich nehme mir mal einen durchgehenden Absatz vor (und werde ihn hier
aus einander nehmen:)<br>
<br>
<i>"Ein BGE stellt das gesamte Tarifsystem und die Existenz der
Gewerkschaften in Frage. "</i><br>
In den beiden Punkten hat er recht. Es könnte je nach Höhe des BGE
eben überflüssig werden - aber im positiven Sinn. Die Aufgabe der
Gewerkschaft (mit den Mindestlöhnen aller Art) ist, die Konkurrenz
der Arbeiter untereinander auf oder unter Niveau der nackten
Existenzgrundlage bis hin zur gesellschaftlichen Teilhabe im Zaum zu
halten. Dafür organisieren sich die Arbeiter. BGE schafft die
Alternative das zu erreichen - und zwar für alle und somit auch für
die Arbeiter und bisherigen Gewerkschafter mit.<br>
<br>
<i>"Verfechter des BGE in den sozialen und demokratischen Bewegungen
glauben, ein Bedingungsloses Grundeinkommen, das sowieso jeder
bekommt, ob er arbeitet oder nicht, stärke die
Lohnverhandlungsposition eines jeden, wenn er sich bereit findet
seine Arbeitskraft anzubieten."</i><br>
<br>
Genau. (Das aber eben macht deren häufige (bisherige) Forderung nach
Mindestlohn doch überflüssig und gar kontraproduktiv. Mindestlohn
wird auch da zur unnötigen Beschränkung auch für den nun von
Existenznot befreiten Arbeiter. Wenn es (auch) andere Gründe als das
Geld gibt, einen Job zu machen, werden mit Mindestlohn einige dieser
Jobs einfach nicht zu stande kommen, wenn sie sich ökonomisch nicht
rechnen.) <br>
<br>
<i>"Die Verfechter eines BGE bzw. <span class="highlight">Bürgergeld</span>es
auf Seiten des Kapitals und der Politik - auf der Seite der
Herrschenden also - haben dagegen hinreichend klargestellt, dass
es höhere Löhne begleitend zu einem BGE nicht geben wird. Im
Gegenteil."</i><br>
<br>
Na wie machen sie das denn? Wenn BGE wirklich Existenz und Teilhabe
sichernd ist, dann macht das Kapital lauter schlechte billige
Arbeitsplätze und ... ? Keiner geht hin !<br>
<br>
<i>" Die Löhne werden auf breiter Front fallen..."</i><br>
Ja, die Nettolöhne <b>erst einmal</b> sicher und zwar ca. in Höhe
des BGE. Das Gesamteinkommen bleibt annähernd gleich. Wenn das BGE
aber die (um-)steuernde Wirkung erreicht, die mit der Befreiung von
Existenzangst verbunden ist, werden sämtliche Jobs und Löhne eine
grundlegende Umgestaltung erfahren. Ja - der Grund zum Arbeiten wird
sich ändern (müssen), ...<br>
<br>
Das Nettoeinkommen (inklusive Lohn und BGE) muss erwirtschaftet
werden. Auch die Steuern, die das BGE finanzieren werden also
irgendwo als Kosten der Produktion auftauchen. In welcher Form die
Steuern erhoben werden, ändert nur an der speziellen Zuordnung zu
einzelnen Produkten etwas - nicht insgesamt.<br>
Wenn also Löhne dank BGE fallen (so weit wie das jeweilige
gesammteinkommen also annähernd gleich bleibt), heißt das nicht
gleich, dass die Profite der Kapitalgeber allein deswegen steigen.<br>
BGE an sich ist <b>bei Einführung</b> nicht primär eine
Umverteilung zwischen Armen und Reichen, sondern erst in der
Wirkung.<br>
<br>
<i>" ...Dies ist jedoch nicht nur der politische Wille dieser
Gruppen, sondern tatsächlich ökonomisch begründet. Wie der Wert
aller Waren hängt der Wert der Ware Arbeitskraft von den Kosten
für ihre Produktion und Reproduktion ab - wobei bei den Löhnen der
Tauschwert natürlich auch beeinflusst wird vom vorherrschenden
Wohlstandsniveau, der Kampfkraft der Gewerkschaften, der
Qualifikation der Arbeitskräfte etc. Dies ändert jedoch nichts
daran, dass der Wert der Ware Arbeitskraft, also der Lohn,
grundlegend von ihren Reproduktionskosten geprägt ist. "</i><br>
<br>
<br>
Was bei Marx im Groben noch stimmte, stimmt aber nicht mehr unter
BGE Bedingungen.<br>
Zur Reproduktion der Arbeitskraft gehört neben der physischen auch
die psychische Reproduktion. Wo Existenznot den Arbeiter zwingt,
gibt es seinen Willen zur Arbeit kostenlos bzw. ist dieser mit dem
Existenzversprechen des Lohnes schon eingeschlossen.<br>
Unter BGE sind die Kosten des Lohnes dann aber nicht mehr von den
physischen Reproduktionskosten bestimmt (Sie fließen gar nicht mehr
ein, sondern werden ja bereits vom BGE gedeckt) sondern
ausschließlich vom von den Arbeitsbereitschaftskosten des freien
Willens.<br>
So gibt es eben auch keinen Mindestlohn mehr, sondern Ehrenamt mit
der Arbeitsmotivation, die im Arbeitsprozess selber - also in der
Gebrauchswertproduktion steckt, einerseits und Arbeit für mehr
persönlichen Luxus im Leben (Motivation Tauschwerteproduktion)
andererseits werden einen fließenden Übergang in der
Arbeitslandschaft haben.<br>
<br>
Wie die relative Lohnhöhe genau aussehen wird, ist schwer
vorhersehbar. Sie wird aber wohl immer mehr abnehmen (Deswegen halte
ich ein langfristiges Festhalten an der Lohnsteuer auch für nicht
sinnvoll) zugunsten von besseren Arbeitsbedingungen einhergehend mit
einer Umstrukturierung der Produktionszweige Pazifisten werden sich
eher weigern Waffen zu produzieren, Umweltaktivisten werden bei
Verschmutzungen durch die Produktion ihren Dienst versagen, ...
weniger bezahlte Nachbarschaftshilfen und Freundschaftsdienste
werden häufiger, ...<br>
und zugunsten eines stetig wachsenden BGEs, denn wenn es einst eine
Mehrheit für ein BGE gibt, dann auch immer eine für ein <b>möglichst
</b>hohes BGE.<br>
<br>
<i><br>
"Wenn nun der Staat diese Reproduktionskosten grundsätzlich
garantiert, verliert das Lohnsystem die genannte Grundlage und
existenzsichernde Löhnen haben ökonomisch keinerlei
Existenzberechtigung mehr."<br>
</i>Es bekommt - wie oben beschrieben - eine (vorübergehend?) andere
Grundlage - Reproduktionskosten des Willens zur Arbeit der Arbeiter
muss seine Mühsal mit dafür zu erzielendem Luxus aufgewogen sehen.<br>
Aber statt sich ein Kommunist auf das ende des Lohnsystems freut,
sieht er die Felder schwinden auf denen man - moralisch irgendwie
gerechtfertigt - noch zur Gewalt greifen darf:<br>
<i>" Schon aus diesem Grund werden die gewerkschaftlichen Positionen
durch ein BGE nicht verbessert werden."</i><br>
<br>
<i>"Die herrschende Klasse, die sich nicht scheut, Polizei und
Militär gegen streikende Arbeiter einzusetzen, die für den Gewinn
von globalem Einfluss und für höhere Profite Kriege führte und
führt und faschistische Systeme installierte und installiert, wird
sich nicht ausgerechnet ihre Macht in der Lohnfrage einfach nehmen
lassen. "</i><br>
<br>
Nun zerbricht sich also wiedermal ein Kommunist den Kopf, um die
Herrschenden glücklich zu sehen. Rolf Meier glaubt, dass etwas
worüber sich der Arme freut, den reichen schon aus Prinzip ärgern
muss. Als wenn der Reiche sich den Regen wünscht, damit der Arme,dem
er die Sonne nicht gönnt, ordentlich leidet.<br>
Aber nicht das Elend des Arbeiters ist sein primäres Anliegen (auch
wenn er ersteres durchaus für letzteres in Kauf nimmt)<br>
Die herrschende Klasse ist dem Profit "verpflichtet". Danach strebt
sie und die Macht ist Mittel zu diesem Zweck. Gibt es eine Aussicht,
dass unter BGE Bedingungen die Produktion profitabler ist als ohne,
dann wird sie immer für BGE sein. Darauf kommt es an , und darauf
wird sich die Höhe des BGE beschränken müssen, weil sonst die
eigenen Produktionskosten in der Konkurrenz mit der globalisierten
Welt zu hoch sind. <br>
<br>
Steigt aber letztlich die Rentabilität dank BGE durch
Motivationssteigerung, Abbau von Bürokratie und sonstigen
Unnützlichkeiten (wie ja auch bisher Sozialstaat und Bildung hier
mehr einbringen als sie kosten), dann wird sich keine herrschende
Klasse einem BGE in den Weg stellen - im Gegenteil.<br>
<br>
Das letzte wird also so oder so der entscheidende Punkt sein, ob
und bei welchem Produktivitätsniveau ein BGE erfolgreich sein kann.
<br>
<br>
<i><br>
"Hinzu kommt, dass das BGE - unter günstigen Umständen - evtl.
mehr bietet als Hartz IV, aber auch dann nur ein Einkommen knapp
oberhalb der Armutsgrenze sichert. Der soziale Status wird nach
wie vor gering sein. Viele werden versuchen, ihr Einkommen
aufzubessern - und da tut es aufgrund des BGE - ja auch ein
Stundenlohn von 1,50 Euro oder 2 Euro. Die Massenerwerbslosigkeit
wird durch das BGE nicht beseitigt, das ist auch gar nicht
beabsichtigt. Also wird es auch genug Menschen geben, die für 1
Euro die gleiche Arbeit machen. Das Reserveheer an billigen
Arbeitskräften wird durch das BGE noch vergrößert, die
Kampfbedingungen also verschlechtert."</i><br>
<br>
<br>
Auch ein geringes BGE kann nicht schlechter sein, als gar keines,
wenn man sich dafür nicht übermäßig bisherige soziale Strukturen
abringen lässt. <br>
<br>
"<i> Viele werden versuchen, ihr Einkommen aufzubessern -" </i><br>
Ja, in dem man nicht mehr einzeln oder in Einzelgewerkschaften für
mehr Lohn kämpft, sondern für mehr Einkommen also auch für mehr
BGE.Wenn der Lohnkampf der Eisenbahner auch andere Arbeiter und Arme
im Land ärgert, dann ist das beim Kampf um mehr BGE immer ein
gemeinschaftlicher Kampf gegen den Profit.<br>
Damit mit jetzigem Kampf um immer mehr BGE (also anfangs Abbau von
negativem BGE - wie GEZ und sonstigen allgemeinen Gebühren und
Pro-Kopfsteuern - dann die Einführung von geringem BGE und dann
immer mehr) sollte es schlicht losgehen und bei welcher Höhe man
dann im Ausgleich dafür bereit ist, bisherige soziale
Sicherungsnetze einzuschränken, muss in der Tat sorgfältig überwacht
werden.<br>
<br>
soweit dazu<br>
AgneS<br>
<br>
<br>
<blockquote
cite="mid:mailman.347.1317981736.16567.debatte-grundeinkommen@listen.grundeinkommen.de"
type="cite">
<pre wrap="">
Hallo,
ich bin von der Idee des bedingungslosen Grundeinkommens absolut überzeugt.
Es hat mich aber nun heute ein bei abgeordnetenwatch gefundener Beitrag
von Rolf Meier von der DKP sehr verunsichert:
<a class="moz-txt-link-freetext" href="http://www.abgeordnetenwatch.de/index.php?cmd=223&q=b%C3%BCrgergeld+rolf+meier">http://www.abgeordnetenwatch.de/index.php?cmd=223&q=b%C3%BCrgergeld+rolf+meier</a>
Könnte sich wohl mal jemand mit den dort aufgeführten Argumenten
auseinandersetzen? Bin sehr gespannt auf Beiträge dazu.
Vielen Dank und viele Grüße
Antonius Gusik
...
Ende Debatte-grundeinkommen Nachrichtensammlung, Band 77, Eintrag 2
*******************************************************************
</pre>
</blockquote>
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</html>