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Ja, liebe Martina, so wie Sie empfinde ich es auch. Es gibt eine
ganz einfache Innen- und Außenbeobachtung, an der wir erkennen
können, daß ein Recht zur Pflicht überflüssig ist, nämlich die, daß
wir real frei sind, etwas zu tun, was wir in der Regel aber lassen
und zwar deshalb lassen, weil es den Impuls dazu in uns nicht
wirklich gibt. Jeder von uns ist (wäre) z. B. "frei" und in der
Lage, jeden beliebigen Menschen, der ihm auf der Straße gerade
begegnet, einfach überraschend umzubringen. Wir tun es deshalb
nicht, weil wir normalerweise kein Bedürfnis danach haben. Wenn die
meisten oder alle Menschen dieses Bedürfnis plötzlich hätten, hätte
die sog. Exekutive nicht die geringste Chance, es zu verhindern,
sondern die Welt würde über Nacht zur Hölle. Wir sehen ja auch, daß
dort, wo bei einzelnen Menschen diese negative Form des
Freiheitspotentials durchbricht, daß "Recht zur (moralischen)
Pflicht" auch kaum geschützt werden kann. Wir leben in einer Zeit,
in der immer mehr Menschen das "Gute" aus Freiheit tun (können) und
zugleich Unmengen von Menschen existieren, die das "Gute" aus einer
Art Drill heraus tun (müssen). Dieser Gutheitsdrill verwandelt sich
eigenartigerweise sehr schnell in sein Gegenteil, wenn die
ideologische Überzeugung in Frage gestellt wird, die dahinter steht.
Also ergibt sich die Frage, was diese Art des Gutseins wert ist
angesichts einer freien Empfindung, die für das Gute ganz aus sich
selbst heraus wach bleiben kann. So ist es nicht nur mit dem
Gutsein, sondern auch mit unserem Lerninteresse. Wir gehen in die
Schule, weil es eine Schulpflicht gibt und weil viele (die meisten?)
glauben, daß der Mensch ja nichts mehr lernen würde, wenn man ihn
nicht dazu verpflichtet. Jeder, der nur ein bißchen Beobachtungsgabe
hat, kann sehen, daß das einfach Unsinn ist. Vielmehr würden wir
dann stattdessen aus dem jeweils aktuellen Interesse heraus lernen
und sich dann ganz andere Lernwege ergeben, wobei das Lernen ein
Leben lang Freude macht. Wir können (sollten) also auch getrost die
Schulpflicht abschaffen und gegen ein (im Sinne der und für die
Kinder) einklagbares Lernrecht eintauschen. Was wir brauchen, sind
Kulturräume, worin echte Freiheit erlebbar werden kann und nicht
solche abstrusen Mißtrauenskonstruktionen, die nur aus der Angst
geboren sind. Herzlich, Wolf Bergelt<br>
<br>
Am 22.09.2010 22:52, schrieb Martina Steinheuer:
<blockquote cite="mid:4C9A6C90.70008@yahoo.de" type="cite">
<meta content="text/html; charset=ISO-8859-1"
http-equiv="Content-Type">
<font face="Arial">Der Versuch einer Antwort:<br>
<br>
MIR gefällt der Text zu den "Menschenpflichten" überhaupt nicht.
Nicht, dass ich inhaltlich großartig etwas daran auszusetzen
hätte; im Großen und Ganzen steht ja nichts umwerfend Neues
darin. <br>
<br>
Doch was für ein Menschenbild steckt denn eigentlich hinter
solch einem "Pflichtenkatalog"?<br>
<br>
Soll ich mir das so vorstellen, dass ein Mensch geboren wird und
dann irgendwann, mit Erlangung der nötigen Reife quasi zwei
Entscheidungsmöglichkeiten zur Auswahl hat: "Gut" zu werden und
sich diesen ganzen Pflichten zu beugen oder eben "schlecht" zu
werden um den Preis von Sanktionen.<br>
<br>
Sind wir Menschen denn tatsächlich bloß eine Art leeres Gefäß,
dass man erst mit einem Katalog von ethischen Werten füllen
muss?<br>
<br>
Ich finde das einigermaßen lächerlich. Wenn ich ein solches
Menschenbild hätte, würde ich mich wohl kaum für ein
Grundeinkommen einsetzten und schon gar nicht für ein
"bedingungsloses" in dem Sinne, dass ich eben NICHT das
Akzeptieren eines "Pflichtenhefts der Menschlichkeit" fordere,
sondern schlichtweg davon ausgehe, dass der Mensch, wenn man ihm
denn die Muße und die Freiheit gibt, sein Leben - materiell
grundgesichtert durch ein BGE - SELBST zu gestalten, aus sich
selbst heraus bestrebt ist, es nicht nur sich selbst, sondern
auch seinen Mitmenschen gut gehen zu lassen.<br>
<br>
Was ist mit matriachalen Gesellschaftsentwürfen? Was mit
Allmende, an vielen Orten der Welt lange und erfolgreich im
Sinne des Gemeinwohls praktiziert? Auch ohne Pflichtenheft haben
Menschen schon vor langer Zeit gemerkt, dass Kooperation und
Gemeinsinn für ein friedliches Miteinander zuträglicher sind,
als Habgier und Egoismus. <br>
<br>
Die Tatsache, DASS es aber all die negativen Auswüchse unseres
menschlichen Daseins gibt, ist kaum ein Beweis dafür, dass wir
nicht irgendwo tief drinnen eine Ahnung davon hätten, was uns
eigentlich wichtig ist.<br>
<br>
...und mit den paar untherapierbaren Soziopathen, die es sicher
- aus den unterschiedlichsten Gründen - geben mag (1 bis 4 pro
100, habe ich mal gelesen), werden wir als menschliche
Gemeinschaft sicher fertig, wenn wir nur aufhören, deren
Eigenschaften für besonders ehrenvollen Handlungsweisen zu
halten und sie auch noch belohnen. <br>
<br>
Nein, auch ich bin der Meinung, es braucht KEIN "Recht zur
Pflicht". Damit verbiegen wir nämlich gleich schon wieder -
kleingeistig und ängslich; Thomas Hobbes im Hinterkopf, der
Mensch sei dem Menschen doch bloß ein Wolf...<br>
<br>
Gruß,<br>
Martina Steinheuer</font><br>
<br>
<br>
Am 17.09.2010 16:56, schrieb Joerg Drescher:
<blockquote cite="mid:ECD13E38A640468FA6A181362376182B@iovialis"
type="cite">Hallo zusammen, <br>
<br>
offenbar ist diese Diskussionsliste etwas eingeschlafen, was
hoffentlich nicht heißt, daß es keine Diskussion mehr über das
Grundeinkommen gibt. Ich möchte hiermit einen Austausch
anstoßen, der sich auf das "Grundeinkommen als Recht" bezieht. <br>
<br>
Wer sich ein bisschen mit Recht beschäftigt, sollte prinzipiell
darauf kommen, daß es jemanden geben sollte, bei dem dieses
Recht "einklagbar" ist. Dies ist in Bezug auf Nichtstaatsbürger
interessant, wenn es um das "Grundeinkommen als Recht" geht.
Hannah Arendt forderte zum Beispiel in Bezug auf die
Menschenrechte ein "Recht, Rechte zu haben". <br>
<br>
Wer den Film von Häni/Schmidt gesehen hat, dürfte die Aussage
kennen (die im Beiheft auf Seite 18 zu finden ist), daß es kein
"Recht auf Pflicht" gäbe. Seit ich den Film zum ersten Mal sah,
stieß mir diese Aussage sauer auf, da für mich dieses "Recht auf
Pflicht" eine zentrale Bedeutung hat und ich es sogar als
fundamentales Naturrecht betrachte. Nun ist leider (wie so
vieles in dem Film) unklar, was damit eigentlich gemeint ist. <br>
<br>
Welche Folgen allerdings die Aussage "Es gibt kein Recht auf
Pflicht" haben würde, kann man sich an der "Allgemeine Erklärung
der Menschenpflichten" vom 1. Sept. 1997 ausmalen, die ich im
Zusammenhang mit der Einführung eines Grundeinkommens für
essentiell sehe: <br>
<a moz-do-not-send="true" class="moz-txt-link-freetext"
href="http://www.interactioncouncil.org/udhr/de_udhr.html">http://www.interactioncouncil.org/udhr/de_udhr.html</a>
<br>
<br>
Vor allem Art. 9 ist Voraussetzung für ein Grundeinkommen...
Aber wenn es niemand mehr als sein Recht ansieht, solche
Pflichten zu erfüllen (weil es ja laut Häni/Schmidt kein "Recht
auf Pflicht" gibt), möchte ich nicht wissen, was mit der
Menschheit passieren würde... <br>
<br>
Ich hoffe, auf der Liste sind noch ein paar Leute, die an einem
Austausch über das Thema "Grundeinkommen als Recht" interessiert
sind. <br>
<br>
Viele Grüße aus Kiew, <br>
<br>
Jörg (Drescher) <br>
Projekt Jovialismus <br>
_______________________________________________ <br>
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href="mailto:Debatte-grundeinkommen@listen.grundeinkommen.de">Debatte-grundeinkommen@listen.grundeinkommen.de</a>
<br>
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href="https://listi.jpberlin.de/mailman/listinfo/debatte-grundeinkommen">https://listi.jpberlin.de/mailman/listinfo/debatte-grundeinkommen</a>
<br>
<br>
</blockquote>
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