<!DOCTYPE HTML PUBLIC "-//W3C//DTD HTML 4.0 Transitional//EN">
<HTML><HEAD>
<META content="text/html; charset=iso-8859-1" http-equiv=Content-Type>
<META name=GENERATOR content="MSHTML 8.00.6001.18828">
<STYLE></STYLE>
</HEAD>
<BODY bgColor=#ffffff>
<DIV>Hallo zusammen,</DIV>
<DIV> </DIV>
<DIV>unten z. K. ein sehr guter Artikel. Das in den Test erwähnte Buch über
Gemeingüter lässt sich übrigens <A
href="http://www.boell.de/downloads/economysocial/Netzausgabe_Wem_gehoert_die_Welt.pdf">hier</A>
bei boell.de downloaden.</DIV>
<DIV> </DIV>
<DIV>Liebe Grüße</DIV>
<DIV> </DIV>
<DIV>Robert</DIV>
<DIV>-- <BR>Robert Zion Vorstandssprecher<BR>B'90/Grüne KV Gelsenkirchen<BR>Tel:
0209-3187462 / Mobil: 0176-24711907<BR>E-Mail: <A
href="mailto:zion@robert-zion.de">zion@robert-zion.de</A><BR><A
href="http://www.robert-zion.de">www.robert-zion.de</A></DIV>
<DIV> </DIV>
<DIV> </DIV>
<DIV> </DIV>
<DIV><SPAN class=pubdate><A title="Zum Inhaltsverzeichnis dieser Ausgabe"
href="http://jungle-world.com/artikel/2009/44/">Jungle World Nr. 44, 29. Oktober
2009</A></SPAN></DIV>
<DIV>
<DIV class=story>
<DIV class=head>
<H1><SPAN class=floris_article-head><IMG class=floris alt="Und es geht doch!"
src="http://jungle-world.com/gfx/floris/article-head/000000/ffffff/VW5kIGVzIGdlaHQgZG9jaCE=.gif"
width=362 height=48></SPAN></H1>
<P class=intro>Die US-amerikanische Politikwissenschaftlerin Elinor Ostrom
erhält für ihre Forschungen zur Nutzung gemeinschaftlichen Eigentums den
Wirtschaftsnobelpreis.</P>
<P><EM>von Axel Berger</EM>
<SCRIPT type=text/javascript>print_button('Artikel');</SCRIPT>
</P></DIV>
<DIV class=body>
<P>In der Geschichte der Klassenkämpfe war die Allmende, auch Commons genannt,
lange Zeit eines der umkämpftesten Terrains. Die Forderung nach freier Aneignung
und Nutzung von Gemeingütern, nach öffentlichem Weidegrund, freiem Wegerecht,
uneingeschränktem Holzschlag oder Fischfang ist vor allem im Mittelalter und im
Absolutismus immer Teil der Forderungen der Bauern und Grundlage häretischer
Bewegungen gewesen, von den Katharern bis zum christlichen Kommunisten Fra
Dolcino. Die Faszination, die von der Legende Robin Hoods bis zu ihrer
endgültigen Zerstörung durch Kevin Costner ausging, ist beispielsweise ohne den
Hintergrund der Verteidigung des Gewohnheitsrechts des freien Waldes gegen die
königliche »Privatisierung« – das in der Magna Charta schließlich sogar
verbrieft wurde – kaum zu verstehen. Auch von den Zwölf Artikeln der
Aufständischen des Deutschen Bauernkriegs beschäftigten sich immerhin vier mit
der Forderung nach Aufrechterhaltung bzw. Ausdehnung der Allmenden.</P>
<P>Der Kapitalismus ist auch ein Produkt der endgültigen Entscheidung des
Kampfes um die Allmende. Hinter dem englischen Sprichwort, dass »die Schafe die
Menschen fressen«, stand die Erfahrung der Einhegung fast des gesamten
Weidegrunds und der daraus folgenden Verarmung und langfristigen
Proletarisierung der Bevölkerung. Wenn große Insurrektionen nach Art des
Bauernkriegs auch ausblieben, so fand die private Aneignung öffentlicher und
nicht verarbeiteter Güter in der Frühphase des Kapitalismus offensichtlich
allgemein nur geringe Akzeptanz. Allein für das Jahr 1850 verzeichnete die
preußische Kriminalstatistik 265 000 Fälle von Holzdiebstahl. Aber dieses
Problem haben die bürgerlichen Staaten durch Repression, vor allem aber dank der
Eigentumsmoral über die Jahrzehnte überwunden.</P>
<P>Die letzte Phase der Privatisierung der Allmenden seit Mitte der siebzier
Jahre, gerne auch als Zeitalter des Neoliberalismus bezeichnet, wurde 1968 von
einer programmatischen Schrift des Biologen Garrett Hardin mit dem Titel »The
Tragedy of Commons« vorbereitet. Gemeinschaftseigentum war für ihn aufgrund des
»Egoismus aller Teilnehmer« von vornherein zum Untergang verurteilt. Seine
Argumentation, ergänzt durch die Entdeckung bzw. Erfindung des »egoistischen
Gens« durch den Evolutionsbiologen Richard Dawkins, stellte die Munition für
hunderte Studien und Aufsätze der neoklassischen Ökonomie und vor allem der
wirtschaftsliberalen »Chicago Boys« dar. Die Privatisierung nicht nur des
Bodens, sondern auch von Wissen, Saatgut und anderen Commons nahm dabei immer
totalere und absurdere Formen an, wie zuletzt vor allem der Fall des
Biotechnologie-Unternehmens Monsanto gezeigt hat.</P>
<P>Mitte Oktober jedoch gab das Nobelpreiskomitee in Stockholm bekannt, dass der
diesjährige Wirtschaftsnobelpreis an die US-amerikanische
Politikwissenschaftlerin Elinor Ostrom geht. (Sie teilt sich die Auszeichnung
mit Oliver E. Williamson, der für seine Forschung zur Entstehung von Unternehmen
und deren Agieren auf den Märkten geehrt wird.) In ihrem Hauptwerk, auf Deutsch
unter dem Titel »Die Verfassung der Allmende« erschienen, konnte sie anhand von
Feldstudien über Fischgründe in der Türkei, Almen im Wallis, Weidegründe in der
Mongolei und Wasserquellen in Nepal herausarbeiten, »dass gemeinwirtschaftliche
Nutzung natürlicher Ressourcen teilweise nachhaltiger gelingen kann, als dies
durch privates oder öffentliches Eigentum geschieht«. Der Wirtschaftsnobelpreis
stellt, wie auch der Friedensnobelpreis, eine Art politische Manifestation des
Zeitgeistes dar – man denke an die Vergabe an den Neokeynesianer Paul
Krugman im vorigen Jahr, der seit Jahrzehnten kaum noch an der Forschung
beteiligt war. Daher kann die Ehrung Ostroms als symbolische Kehrtwendung
zumindest eines Teils der globalen Elite in Sachen Verwaltung endlicher
Ressourcen verstanden werden.</P>
<P>So verwundert es auch kaum, dass plötzlich die Gratulanten Schlange standen.
Vor allem aber bei den Kritikern des »Neoliberalismus« stellte sich naturgemäß
Genugtuung ein. »Elinor Ostrom hat in ihrem wissenschaftlichen Werk den Nachweis
erbracht«, so die offizielle Stellungnahme von Attac, »dass
Gemeinschaftsbesitz sehr gut und nachhaltig bewirtschaftet werden kann.
Voraussetzung ist die gemeinsame demokratische Kontrolle über das
öffentliche Gut. Die ausgerufene ›Tragik der Allmende‹ wurde von ihr als
neoliberale Legende widerlegt.« Dabei stört offensichtlich auch nicht, dass
Ostrom selbst ihre Ergebnisse sehr viel vorsichtiger formuliert hat. In einem
Beitrag in dem von der den Grünen nahe stehenden Heinrich-Böll-Stiftung
herausgegebenen Band »Wem gehört die Welt? Zur Entdeckung der Gemeingüter«
schreibt sie: »Dennoch hat die Forschung kein Allheilmittel für die komplexen
Probleme gefunden, die damit einhergehen. Fehlschläge gibt es bei allen
Rechtsregimen: bei Gemeineigentum ebenso wie bei Privateigentum oder
öffentlichem Eigentum.«</P>
<P>Genossenschaftliches Wirtschaften, und um nichts anderes handelt es sich
hier, ist im Gegensatz zu den anarchistischen Ideen etwa eines Peter Kropotkin
für Ostrom lediglich als Ergänzung anderer Eigentumsformen und in Konkurrenz zu
ihnen denkbar.</P>
<P>Von »gemeinsamer politischer Kontrolle über das öffentliche Gut« ist bei ihr
schon gar nicht die Rede. Die neuzeitliche Unterscheidung zwischen
Gemeineigentum und öffentlichem Eigentum, sinnvoll erst seit der Trennung
ökonomischer und politischer Macht durch den bürgerlichen Staat, ist sogar die
Grundbedingung ihrer Forschung. Denn während traditionellerweise die Allmende
gerade keinen Ausschluss beinhaltet – wer sonst als die ansässigen Bauern
sollte die Bergwiese nutzen wollen? –, ist das Gemeineigentum exklusiv.
Eigentum eben. </P>
<P>So skizziert Ostrom in dem schon genannten Beitrag auch selbst das
ökologische Dilemma. »Die Übernutzung einer wertvollen (endlichen) Ressource ist
jedoch zweifellos vorprogrammiert, wenn die Ressource allen jederzeit offen
steht und die Nutzung in keiner Weise reguliert ist.« Die Überfischung der
Weltmeere als international gemeinschaftlich genutztem Gut hätte eine andere
Position auch von vornherein ad absurdum geführt. So gelingt der Nachweis der
»Nachhaltigkeit« des Genossenschaftswesens auch nur in Fällen regional
abgeschotteter Problembereiche und Communities wie der Wasserversorgung in Nepal
oder den Weidegründen der Mongolei, die zudem mit geringer Kapitalintensität zu
bewirtschaften sein müssen. Die relevanteren Teile der Weltwirtschaft will
Elinor Ostrom eher reguliert als gemeinschaftlich bewirtschaftet sehen.</P>
<P>Das muss man ihr nicht zum Vorwurf machen. Nie hat sie behauptet, einen
Schlüssel zur Lösung der ökologischen Katastrophe oder gar eine neuen
Produktionsweise gefunden zu haben. Und zumindest in einem Punkt präzisiert sie
die Erfahrungen, die schon der preußische Agrarforscher Franz Christoph zu
Beginn des vergangenen Jahrhunderts gemacht hatte: »Äußerste Armut ist in
Ländern mit Gemeingut weniger bekannt.« Das Verdienst Ostroms liegt so vor allem
darin, den dümmlichsten und nicht zuletzt in ihrer Anwendung grausamsten Thesen
der Anthropologie nach kapitalistischem Maß widersprochen zu haben. Dass sich
auch auf ihren Rat hin Genossenschaften bilden, die nicht nur das Armutsrisiko
ihrer Mitglieder senken, sondern auch andere Verkehrsformen beinhalten, wäre
nicht das schlechteste Ergebnis ihrer neu gewonnenen
Popularität.</P></DIV></DIV></DIV></BODY></HTML>