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<BODY bgColor=#ffffff>
<DIV>Lieber Winfried, liebe Mitdiskutierende,</DIV>
<DIV> </DIV>
<DIV>Deine Darstellung ist im Großen und Ganzen korrekt. Allerdings fehlen zwei
Kritikpunkte: 1.) Durch die Einbeziehung und Pauschalierung des Wohngeldes in
das FDP-Bürgergeld würden die Bezieher gegenüber Hartz IV von der Leisungshöhe
zumeist schlechter dahestehen; 2.) Das FDP-Bürgergeld orientiert sich am
workfare-Konzept. Als Beweis nur einen Satz aus der Studie "<A
href="http://www.fdp-lsa.de/fileadmin/download/PA-Buergergeld_Grundeinkommen.pdf">Liberales
Bürgergeld kontra bedingungsloses Grundeinkommen</A>" der
Friedrich-Naumann-Stiftung: "Von einem Bürgergeldempfänger, der gesund ist und
keine eigenen Angehörigen zu versorgen hat, ist grundsätzlich zu erwarten, dass
er zu einer Gegenleistung an die Gemeinschaft bereit ist oder eine ihm
angebotene Arbeit annimmt. Andernfalls wird sein Bürgergeld merklich
verringert."</DIV>
<DIV> </DIV>
<DIV>Ein faktischer Arbeitszwang für "Gesunde" also, der konkret mit Sanktionen
erzwungen und normativ mit einer "Gegenleistung an die Gemeinschaft"
begründet wird. Diese <EM>Arbeitslagerethik</EM> würde der von mir geschätzte
Gilles Deleuze unter die "Mikrofaschismen" einordnen. Sollte sowas
Gesellschaftsfähig werden - und einige sind schon wieder auf dem Weg
dahin (siehe die Äußerungen über die Nützlichkeit bestimmter
Menschen von Sarazzin) -, dann ist es ein gesellschaftlich (wieder) hegemonialer
Faschismus.</DIV>
<DIV> </DIV>
<DIV>Oder gibt es dann doch "Hegels List der Vernunft", wie Michael
Opielka schreibt: "Die FDP-Studie – wie auch alle anderen vergleichbaren
Papiere – versäumen jedoch aus guten Gründen, die Umsetzung genauer zu
beschreiben. Sie wäre unmenschlich, ein moderner Sklavenmarkt: die
Bürgergeldempfängerin müsste ihre Arbeitskraft auf Anweisung des kommunalen
Workfare-Büros jederzeit und zu jedem Preis bereit halten, ansonsten folgt
Sanktion. Insoweit gilt Hegels List der Vernunft: die FDP klopft sich mannhaft
auf die Workfare-Schenkel und wird praktisch ein Grundeinkommen
einführen"?</DIV>
<DIV> </DIV>
<DIV>Ich glaube nach Auschwitz und dem Gulag nicht mehr an die dialektische
"List der Vernunft" in der Moderne. Mir liegt das a-dialektische, differenzielle
Denken eines Foucault oder Deleuze näher und Letzterer würde wohl die Frage
stellen: Was sind die Verkettungen und gesellschaftlichen Fluchtlinien, mit
denen das FDP-Bürgergeld eine neue Verkettung eingehen könnte? Sind es die
emanzipatorischen oder faschistischen? Im Grunde ist die Antwort recht
einfach. Denn das FDP-Bürgergeld setzt die "Freiheit" und den Status des
"Bürgers" unter eine Bedingung: die der Lohnarbeit. Insofern ist dies
einfach nur reaktionär. Und jeder, der Guido Westerwelles Hetzreden gegen
"Faule" einmal bei einer Wahlkampfveranstaltung erleben durfte, bestätigte mir
noch immer: das ist reaktionär. Dahinter steht ein im sehr schlechten Sinne
konservatives, geistig unbewegliches, unmodernes und partikulares Welt- und
Menschenbild.</DIV>
<DIV> </DIV>
<DIV>Die FDP hatte einmal einen Karl-Hermann Flach und spannende Texte wie die
Freiburger Thesen. Jetzt hat sie den omnipräsenten Westerwelle.
Zumindest nehme ich an, dass dieser nicht genügend Tiefe und politische
Weite hat, um überhaupt irgend etwas in der Republik nachhaltig
durchzusetzen. Aber das haben genügend andere von anderen Politikern
in Deutschland zuvor ja auch geglaubt.</DIV>
<DIV> </DIV>
<DIV>Liebe Grüße</DIV>
<DIV> </DIV>
<DIV>Robert </DIV>
<DIV> </DIV>
<DIV> </DIV>
<DIV>-- <BR>Robert Zion Vorstandssprecher<BR>B'90/Grüne KV Gelsenkirchen<BR>Tel:
0209-3187462 / Mobil: 0176-24711907<BR>E-Mail: <A
href="mailto:zion@robert-zion.de">zion@robert-zion.de</A><BR><A
href="http://www.robert-zion.de">www.robert-zion.de</A></DIV>
<BLOCKQUOTE
style="BORDER-LEFT: #000000 2px solid; PADDING-LEFT: 5px; PADDING-RIGHT: 0px; MARGIN-LEFT: 5px; MARGIN-RIGHT: 0px">
<DIV style="FONT: 10pt arial">----- Original Message ----- </DIV>
<DIV style="FONT: 10pt arial"><B>Sent:</B> Saturday, October 10, 2009 1:28
PM</DIV>
<DIV style="FONT: 10pt arial"><B>Subject:</B> Re: [Gr.NetzGE] [Debatte] FDP-B
ü rgergeld, BDK Rostock</DIV>
<DIV><BR></DIV><FONT style="FONT-FAMILY: arial,helvetica,sans-serif"
size=2><FONT style="FONT-FAMILY: arial,helvetica,sans-serif" size=2><FONT
style="FONT-FAMILY: arial,helvetica,sans-serif" size=2><FONT
style="FONT-FAMILY: arial,helvetica,sans-serif" size=2>
<P style="MARGIN: 0px">Liebe Liste,</P><BR>
<P style="MARGIN: 0px">ich habe mir die Diskussion zum Bürgergeld angesehen
(und den FDP-Antrag im Original!). Irgendwie juckt es mich, heute mal den
"advocatus diaboli" zu spielen.</P><BR>
<P style="MARGIN: 0px">Wenn ich das alles ohne Scheuklappen auf mich wirken
lasse, muss ich zunächst einmal feststellen, dass das FDP-Konzept viele
Komponenten des BW-Antrages zum Grundeinkommen enthält. </P><BR>
<P style="MARGIN: 0px">Es sieht die Einführung einer Negativen Einkommensteuer
(und zwar ziemlich ähnlich der von uns in BW vorgeschlagenen) vor.</P><BR>
<P style="MARGIN: 0px">Es verbessert die Zuverdienstmöglichkeiten bzw.-Anreize
gegenüber Hartz IV erheblich. Vielleicht erinnert Ihr Euch, dass sich die BDK
in Nürnberg (auf Druck der Parteiführung) nur zu folgendem Beschluss
durchringen konnte: </P><BR>
<P style="MARGIN: 0px">"<FONT size=3 face=Syntax-Roman><FONT size=3
face=Syntax-Roman><FONT size=2 face=arial,helvetica,sans-serif>Bis zu einem
Verdienst von 400 Euro soll jeder zweite </FONT><FONT size=2
face=arial,helvetica,sans-serif>Euro anrechnungsfrei bleiben, darüber hinaus
soll ein Anteil des Verdienstes von über 20 </FONT><FONT size=2
face=arial,helvetica,sans-serif>Prozent bei den EmpfängerInnen
verbleiben."</FONT></FONT></FONT></P>
<P style="MARGIN: 0px"><FONT size=2
face=arial,helvetica,sans-serif><BR></FONT></P>
<P style="MARGIN: 0px"><FONT size=2 face=arial,helvetica,sans-serif>Da ist die
FDP auch nicht schlapper: bis 100 Euro 85%, von 100 bis 600 Euro 40%, dann bis
1200 Euro 20 %, über 1200 Euro 10%.</FONT></P><BR>
<P style="MARGIN: 0px"><FONT size=2 face=arial,helvetica,sans-serif>Ohne
Anspruch auf Vollständigkeit stören mich beim FDP-Konzept 3 Punkte:</FONT></P>
<P style="MARGIN: 0px"><FONT size=2>1. die Höhe des Bürgergeldes</FONT></P>
<P style="MARGIN: 0px"><FONT size=2>2. die Beibehaltung der
Bedarfsgemeinschaften</FONT></P>
<P style="MARGIN: 0px"><FONT size=2>3. die Sanktionierung bei Ablehnung eines
Arbeitsangebotes</FONT></P>
<P style="MARGIN: 0px"><FONT size=2><BR></FONT></P>
<P style="MARGIN: 0px"><FONT size=2>Ohne dass ich das jetzt im Detail geprüft
habe, kommt es mir so vor, als ob sich durch das FDP-Bürgergeld die Situation
gegenüber dem heutigen Hartz IV nicht verschlechtern würde. </FONT></P>
<P style="MARGIN: 0px"><FONT size=2><BR></FONT></P>
<P style="MARGIN: 0px"><FONT size=2>Auf der anderen Seite bekämen wir einen
grundsätzlichen Systemwechsel zu einer negativen Einkommensteuer in unserem
Sinn und - zumindest vom Grundsatz her - einen ersten kleinen Einstieg in
Richtung Grundeinkommen. Wenn dann nach 2013 die CDU-FDP-Regierung abgewählt
wird, brauchen wir doch nur noch das Bürgergeld zu erhöhen und die
Bedarfsgemeinschaften sowie die Sanktionierungen abzuschaffen und schon
haben wir ein partielles Grundeinkommen wie im BW-Antrag
vorgesehen.</FONT></P>
<P style="MARGIN: 0px"><FONT size=2><BR></FONT></P>
<P style="MARGIN: 0px"><FONT size=2>Also: ich würde die FDP nur hinsichtlich
der oben genannten 3 Punkte angreifen und im übrigen machen lassen. Wenn die
FDP sich bei den Koalitionsverhandlungen duchsetzen würde, hätten wir den
ungeheuer wichtigen grundsätzlichen Paradigmen-/Systemwelchsel schon geschafft
und müssten dann nur noch reformieren. Das wäre doch schon mal was!</FONT></P>
<P style="MARGIN: 0px"><FONT size=2><BR></FONT></P>
<P style="MARGIN: 0px"><FONT size=2>Ich finde, die FDP ist mit ihrem
Bürgergeld-Vorschlag um Welten mutiger und innovativer als wir! Mehr als sie
da vorschlagen, können wir von der FDP als Klientel-Partei ersthaft nicht
erwarten! </FONT></P>
<P style="MARGIN: 0px"><FONT size=2><BR></FONT></P>
<P style="MARGIN: 0px"><FONT size=2>Im Vergleich dazu haben wir Grüne uns
bisher zu nicht viel mehr als einem geringfügig aufgebesserten Hartz IV
durchringen können. Ich finde das ziemlich schlapp und unserer Partei nicht
würdig. Wir sollten uns wirklich an der FDP ein Beispiel nehmen!</FONT></P>
<P style="MARGIN: 0px"><FONT size=2><BR></FONT></P>
<P style="MARGIN: 0px"><FONT size=2>Ich bin davon überzeugt, dass der
grundsätzliche Systemwechsel von der FDP viel leichter durchgesetzt werden
kann, als wenn der Vorschlag aus unserer Ecke käme. Bei der FDP vermutet zu
Recht niemand, dass damit die soziale Hängematte unterstützt wird. Lassen wir
doch die FDP diese Aufgabe übernehmen. Damit ist mindestens die halbe Miete
geschafft. Die anschließende Reformierung ist dagegen nur noch eine
vergleichsweise einfache Übung!</FONT></P>
<P style="MARGIN: 0px"><FONT size=2><BR></FONT></P>
<P style="MARGIN: 0px"><FONT size=2>In diesem Sinn herzliche Grüße aus
Stuttgart</FONT></P>
<P style="MARGIN: 0px"><FONT size=2><BR></FONT></P>
<P style="MARGIN: 0px"><FONT size=2>P.S. ich wappne mich bereits durch mentale
Stärkung gegen die Flut der jetzt über mich hereinbrechenden Entrüstung. Ich
werde es
ertragen.</FONT></P></FONT></FONT></FONT></FONT></BLOCKQUOTE></BODY></HTML>