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<BODY bgColor=#ffffff background=""><FONT face=Georgia size=2><FONT size=5>Schon 
wieder versprochen<BR></FONT> <BR><FONT size=3><STRONG>In ihrem Aufsatz in 
der <A 
href="http://www.sueddeutsche.de/deutschland/artikel/538/172031/"><EM>Sueddeutschen 
Zeitung</EM> </A>zum 1. Mai folgen Frank-Walter Steinmeier und Kurt Beck (SPD) 
Wirtschaftsminister Glos (CSU) nach und versprechen die Vollbeschäftigung – und 
dokumentieren damit nur einmal mehr den Niedergang der 
Sozialdemokratie. <BR></STRONG> <BR>Wenn die zwei designierten 
Kanzlerkandidaten der SPD zum Tag der Arbeit über die Zukunft derselben einen 
Aufsatz veröffentlichen, dann ist dies keine Kleinigkeit. Hier geht es schlicht 
um eine der Kernfragen, die das historische Projekt der Sozialdemokratie stets 
mit ausgemacht hat und die sie, will sie den Umbruch in eine postindustrielle 
Gesellschaft überleben, neu beantworten muss. Aber die Antwort, die die beiden 
um die Führung der SPD ringenden Spitzenvertreter ihrer Flügel gemeinsam noch 
geben können, ist mehr als ernüchternd. Es ist schon wieder ein Versprechen – 
durchaus im doppelten Wortsinn zu verstehen.<BR> <BR>Die Botschaft lautet, 
dass nach <EM>New Labour</EM> dank der SPD jetzt <EM>Good Labour</EM> kommen 
würde – und zwar für alle: „Die Anstrengung hat sich für das Land und die 
Menschen ausgezahlt. An diesem 1. Mai, nach knapp zehn Jahren 
sozialdemokratischer Gestaltung in der Bundesregierung, können wir mit einigem 
Stolz sagen, dass wir die Wende zum Besseren geschafft haben. Die Zahl der 
Arbeitslosen ist auf gut 3,5 Millionen gesunken. Wir sehen sogar gute Chancen, 
in diesem Jahr zum ersten Mal im vereinten Deutschland wieder eine ‚Zwei’ vor 
dem Komma zu erreichen. (...) Gestärkt durch die Erfolge, sagen wir jetzt: Wir 
wollen die Arbeitslosigkeit nicht nur bekämpfen – wir wollen sie besiegen. Unser 
Ziel für das nächste Jahrzehnt ist: Vollbeschäftigung in Deutschland zu guten 
Löhnen und fairen Arbeitsbedingungen.“<BR> <BR>Der Wahrheits- und 
Plausibilitätsgehalt dieser forschen Eigenwerbung ist ungefähr so hoch, wie der 
Umfragewert der SPD. Laut Forsa liegt dieser derzeit bei 23 Prozent. Machen wir 
doch einmal eine andere Rechnung auf, benutzen wir die Statistik also nicht als 
Politikum, sondern verstehen wir sie doch einfach als möglichst präzise 
Entscheidungsgrundlage für die Politik. Demnach sind laut Bundesregierung von 
den 2007 durchschnittlich 6,348 Millionen Beziehern von Arbeitslosengeld I (Alg 
I) und Arbeitslosengeld II (Alg II) 3,135 Millionen (49 Prozent) nicht in der 
Arbeitslosenstatistik registriert. Dagegen sind insgesamt 3,213 Millionen (51 
Prozent) arbeitslos gemeldet gewesen, so die Regierung in einer Antwort auf eine 
Kleine Anfrage der FDP-Fraktion. Außer den Leistungsempfängern habe es noch 
686.000 Arbeitslose gegeben, die keine Geldleistungen aus der 
Arbeitslosenversicherung bezogen. Von den durchschnittlich 1,092 Millionen 
Alg-I-Empfängern im Jahr 2007 seien 26 Prozent nicht in der 
Arbeitslosenstatistik aufgetaucht - schreibt die Regierung. 225.000 der 
Alg-I-Bezieher fielen unter die so genannte 58er-Regel, 25.000 der nicht als 
arbeitslos geführten Personen hätten an einer Trainingsmaßnahme teilgenommen, 
26.000 seien arbeitsunfähig erkrankt und 16.000 seien vermindert leistungsfähig 
gewesen.<BR> <BR>Kriterien für die Aufnahme in die Arbeitslosenstatistik 
der Bundesagentur für Arbeit sind die Arbeitslosmeldung, die 
Beschäftigungslosigkeit und die Verfügbarkeit. Danach würden etwa Personen, die 
arbeitsunfähig erkrankt oder dauerhaft erwerbsgemindert sind, nicht als 
arbeitslos gezählt, “weil sie dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen”. Wie 
aus der Antwort weiter hervorgeht, waren von den im Jahr 2007 durchschnittlich 
5,329 Millionen Alg II-Empfängern 2,473 Millionen (46 Prozent) als arbeitslos 
registriert und 2,856 Millionen (54 Prozent) nicht als arbeitslos registriert. 
Eine Zuordnung zu bestimmten Gruppen sei bisher statistisch nur annäherungsweise 
möglich. Zur Gruppe der erwerbstätigen Hilfebedürftigen (”Aufstocker”) mit einem 
monatlichen Bruttoeinkommen von mehr als 400 Euro zählten demnach 524.000 
Personen. Der Gruppe der “Ein-Euro-Jobber” und Teilnehmer an 
Qualifizierungsmaßnahmen wurden demnach 418.000 der als nicht arbeitslos 
registrierten Alg-II-Bezieher zugeordnet. Ferner seien 484.000 unter-20-jährige 
und 312.000 über-58-jährige Alg-II-Empfänger statistisch nicht als arbeitslos 
geführt worden.<BR> <BR><EM>Summa summarum</EM>: 8.086.000. Nun mögen es je 
nach Zählung ein bisschen weniger oder ein bisschen mehr sein. Doch darauf kommt 
es nicht wirklich an. Worauf es ankommt, ist, dass die Sozialdemokratie den 
gewaltigen Umbruch unserer Arbeitsgesellschaft schön- und sich dabei gegenwärtig 
selbst endgültig um Kopf und Kragen redet. Die einzige statistische Zahl, die 
dem gemäß für Steinmeier und Beck wirklich ein Politikum sein und deren 
Wahrheitsgehalt sie sehr ernst nehmen sollten, ist die von Forsa ermittelte 23. 
So hängen weit über hundert Jahre sozialdemokratische Identität und Kampf für 
menschenwürdige Arbeit in der Industriegesellschaft nunmehr wie ein schwerer 
Fels am Bein einer SPD, die keinen Schritt vorwärts kommt. Ein Fels, der sie nun 
im Strudel eines in der Seele der Sozialdemokratie noch nicht angekommen 
Modernisierungsprozesses mit in den Abgrund zu ziehen droht. Steinmeier und Beck 
glauben sich an diesem Fels festhalten zu müssen.<BR> <BR>Die SPD hat 
sämtliche linken Diskurse über den postindustriellen Wandel der Arbeit hin zur 
Wissens- und Dienstleistungsgesellschaft glatt verschlafen. Eine 
Sozialdemokratie aber, die einen falschen Arbeitsbegriff hat, hat gar keinen 
mehr. Die Partei überaltert folglich, nicht nur demografisch in den 
Unterbezirken und Ortsverbänden, sondern auch konzeptionell. Die Antwort, die 
Gerhard Schröder und Tony Blair 1999 (im <A 
href="http://www.robert-zion.de/downloads/Schroeder_Blair.pdf">Schröder-Blair-Papier</A>) 
mit <EM>New Labour</EM> noch geben konnten, lautete: „Teilzeitarbeit und 
geringfügige Arbeit sind besser als gar keine Arbeit.“ Der protestantische 
Arbeitsethos, von dem einst Max Weber sprach, sitzt tief. Und nachdem mit der 
Agenda2010 ein guter Teil dieses Programms umgesetzt wurde, lautet die Antwort, 
die Steinmeier und Beck noch geben können: Mindestlöhne. Dies wirkt nicht nur 
wie eine nachträgliche Rechtfertigung der erfolgten Teilumwandlung von 
Massenarbeitslosigkeit in Arbeitsarmut, es ist auch so 
gedacht.<BR> <BR><EM>De facto</EM> wird es ohnehin eine Rückumwandlung 
werden. Dass nämlich die Arbeitgeber in den unteren Segmenten ihre Arbeitnehmer 
schlichtweg nicht über deren Produktivität entlohnen können, vor dieser 
ernüchternden ökonomischen Tatsache wird auch der Zweckoptimismus der beiden 
SPD-Granden nicht lange hinwegtäuschen können. Es sei denn, die Einführung 
flächendeckender Mindestlöhne würde tatsächlich zu einer massiven 
Zurückverteilung vom Faktor Kapital zum Faktor Arbeit führen und der 
verteilungsneutrale Spielraum tatsächlich wieder annähernd erreicht. Wer’s 
glaubt wird selig – und hätte damit der sozialdemokratischen Seele bestenfalls 
noch ein letzte Schonfrist eingeräumt. Man ist schon fasst versucht, ihnen daher 
die Worte des leider verstorbenen Peter Glotz hinterher zu rufen: „Zwar war ich 
nie das, was man in meiner Jugend mit dummem Stolz einen ’Marxisten’ genannt 
hat. Ein Element der marxistischen Lehre habe ich aber immer für richtig 
gehalten: Es macht keinen Sinn, gegen ökonomische Gesetzlichkeiten anzugreinen.“ 
Stattdessen ist es die von Glotz diagnostiziere „beschleunigte Gesellschaft“, 
die die Sozialdemokratie gegenwärtig überholt.<BR> <BR>Und so warten wir 
dann weiter auf den ersten Sozialdemokraten seit Willy Brandt mit Format. Auf 
den ersten, der einen neuen Ethos formuliert und sagt: „Über zwanzig Jahre 
falsche Versprechen sind genug. Die Zeit der industriegesellschaftlichen 
Normarbeit für alle ist ein für allemal vorbei. Der Markt nimmt nicht mehr alle 
zu für uns würdigen Bedingungen in seinem Korb auf. Wir brauchen in dieser 
Gesellschaft neue Anerkennungs- und Entlohnungsformen für Arbeit. Darum 
<EM>müssen und können wir mehr Freiheit wagen</EM>, ein Grundeinkommen und einen 
gemeinwohlorientierten Sektor“. <BR></FONT> <BR> <BR>Robert Zion, 01. 
Mai 2008<BR> <BR> <BR><BR>_________________________<BR><BR>tel. 
0209/3187462<BR>mobil. 0176/24711907<BR>mail. zion@robert-zion.de<BR>homepage. 
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