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<b><big>Programmatische Eckpunkte<br>
Programmatisches Gründungsdokument der Partei DIE LINKE</big></b><br>
Beschluss der Parteitage von WASG und Linkspartei.PDS am 24. und 25.<br>
März 2007 in Dortmund<br>
<br>
Die »Programmatischen Eckpunkte« widerspiegeln das Maß an Gemeinsamkeit,<br>
das sich WASG und Linkspartei.PDS auf dem Wege zu einer neuen Partei<br>
erarbeitet haben. Diese Gemeinsamkeit ist ein ausreichend stabiles
Fundament,<br>
um darauf eine neue Partei der Linken zu begründen. Wir werden
unterschiedliche<br>
Traditionen, Erfahrungen und Kompetenzen jener Kräfte bewahren und<br>
erschließen, die gemeinsam unsere neue Partei bilden. Die
»Programmatischen<br>
Eckpunkte« sind noch kein geschlossenes Parteiprogramm der neuen
Linken. An<br>
einem solchen Programm mitzuarbeiten – dazu laden wir ein. Wir greifen<br>
unterschiedliche Auffassungen zur Analyse, Politik, Weltanschauung und<br>
Strategie, zu Widersprüchen und Gemeinsamkeiten produktiv auf und
entwickeln<br>
sie als Stärke der neuen Partei.<br>
Gemeinsam wollen wir eine Partei, wie es sie in Deutschland noch nicht
gab –<br>
Linke einigend, demokratisch und sozial, ökologisch, feministisch und<br>
antipatriarchal, offen und plural, streitbar und tolerant,
antirassistisch und<br>
antifaschistisch, eine konsequente Friedenspolitik verfolgend. Wir sind
Teil der<br>
europäischen Linken, der sozialen und Friedensbewegungen.<br>
<b>I. Gemeinsam für eine andere Politik</b><br>
Die Bundesrepublik Deutschland ist ein reiches Land. Allerdings sind die<br>
Beteiligung am gesellschaftlichen Reichtum und die Lebenschancen
ungleich<br>
verteilt. Dabei gibt es neue und auch wachsende Möglichkeiten für ein
Leben in<br>
Gerechtigkeit, Demokratie und Frieden. Doch sie werden von
zerstörerischen<br>
Prozessen blockiert. Diese sind Folge hoch konzentrierter Kapitalmacht,
sie<br>
entstehen aus dem Vorrang der internationalen Finanzmärkte und dem
Übergang<br>
der Herrschenden von einer Politik des sozialstaatlich regulierten
Kapitalismus zu<br>
einer marktradikalen, neoliberalen Politik.<br>
Unsere Gesellschaft ist wie viele andere in der Welt von
Massenarbeitslosigkeit,<br>
von wirtschaftlichen und kulturellen Spaltungen geprägt. Die Zerstörung
der Natur<br>
und der von Menschen erzeugte Klimawandel nehmen immer bedrohlichere<br>
Dimensionen an. Krieg ist wieder zum Mittel der Politik geworden.
Imperiale Politik<br>
und Fundamentalismus verstärken sich wechselseitig.<br>
Unsere Alternative zu diesem entfesselten Kapitalismus ist die
solidarische<br>
Erneuerung und konsequent demokratische Gestaltung der Gesellschaft. Die<br>
Vielfalt individueller Lebensentwürfe und das Aufbrechen traditioneller
Rollen der<br>
Geschlechter begreifen wir als eine Chance für
Individualitätsentfaltung, deren<br>
Basis es durch materielle und soziale Sicherheit kollektiv zu sichern
gilt. Wir<br>
wenden uns gegen eine Politik des »Forderns und Förderns«, die
Arbeitslosigkeit<br>
zum individuellen Problem erklärt. Stattdessen wirken wir für
gesellschaftliche<br>
Rahmenbedingungen, die Arbeit und Persönlichkeitsentwicklung für alle
Menschen<br>
ermöglichen. Ein grundlegender Politikwechsel für eine sozial gerechtere<br>
Gesellschaft erfordert, die Idee der Solidarität mit Antworten auf neue<br>
gesellschaftliche Herausforderungen zu verbinden.<br>
Wir wollen Grundideen alternativer Politik zusammenführen. Der Kampf
gegen den<br>
Abbau sozialer Rechte, für eine gerechte Verteilung der Arbeit in einer<br>
humanisierten Arbeitswelt und für einen erneuerten solidarischen
Sozialstaat ist<br>
der im Gründungsprogramm formulierte Ausgangspunkt der Wahlalternative
Arbeit<br>
und soziale Gerechtigkeit. Die Linkspartei.PDS bringt in
Übereinstimmung damit<br>
ihr historisches Verständnis des demokratischen Sozialismus als Ziel,
Weg und<br>
Wertesystem und als Einheit von Freiheits- und sozialen Grundrechten
ein –<br>
niedergelegt in ihrem Chemnitzer Parteiprogramm.<br>
Demokratie, Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit, Internationalismus und
Solidarität<br>
sind unsere grundlegenden Wertorientierungen. Sie sind untrennbar mit
Frieden,<br>
Bewahrung der Natur und Emanzipation verbunden. Die Ideen des<br>
demokratischen Sozialismus stellen zentrale Leitvorstellungen für die
Entwicklung<br>
der politischen Ziele der Linken dar.<br>
DIE LINKE leitet ihr politisches Handeln aus dem Zusammenhang von Ziel,
Weg<br>
und grundlegenden Wertorientierungen ab. Freiheit und soziale
Sicherheit,<br>
Demokratie und Sozialismus bedingen einander. Gleichheit ohne
individuelle<br>
Freiheit endet in Entmündigung und Fremdbestimmung. Freiheit ohne
Gleichheit<br>
ist nur die Freiheit für die Reichen. Auch der Mensch ist nicht frei,
der seine<br>
Mitmenschen unterdrückt und ausbeutet. Ziel des demokratischen
Sozialismus,<br>
der den Kapitalismus in einem transformatorischen Prozess überwinden
will, ist<br>
eine Gesellschaft, in der die Freiheit des anderen nicht die Grenze,
sondern die<br>
Bedingung der eigenen Freiheit ist.<br>
Dazu machen wir uns im Hier und Heute auf den Weg, gegen Ausbeutung des<br>
Menschen durch den Menschen und gegen patriarchale und rassistische<br>
Unterdrückung.<br>
Für die Überwindung von Fehlentwicklungen und sozialen Spaltungen ist
eine<br>
umfassende Demokratisierung aller Lebensbereiche die Bedingung. Die<br>
Demokratisierung der Wirtschaft erfordert, die Verfügungsgewalt über
alle Formen<br>
des Eigentums sozialen Maßstäben unterzuordnen. Vor allem die
profitbestimmte<br>
private Verfügung über strukturbestimmende Großunternehmen muss durch
breite<br>
demokratische Allianzen, Mitbestimmung und sozialstaatliche Regulierung<br>
zurückgedrängt und überwunden werden, wo sie dem Gemeinwohl
widerspricht.<br>
Wir wollen eine breite Diskussion darüber führen, wie dies konkret
realisiert<br>
werden kann. In diesem Zusammenhang wollen wir klären, wie öffentliches<br>
Eigentum als Grundlage demokratischer Politik und Daseinsvorsorge
erweitert und<br>
sowohl sozial als auch effizient gestaltet werden kann.<br>
In der Bundesrepublik verlangt das Grundgesetz, über Gesetze und Regeln<br>
sicherzustellen, dass das Eigentum dem Gemeinwohl dient. Die Artikel 14
und 15<br>
des Grundgesetzes geben die Möglichkeit, der Zusammenballung von<br>
wirtschaftlicher Macht zu politischer Macht entgegenzuwirken.
Demzufolge können<br>
Schlüsselbereiche der Wirtschaft in Gemeineigentum überführt werden.
DIE LINKE<br>
erarbeitet konkrete Vorschläge, wie bestimmte Schlüsselbereiche der
Wirtschaft<br>
und der Daseinsvorsorge zum Wohle der Allgemeinheit in öffentliche<br>
Eigentumsformen überführt werden müssen, um mehr demokratische Kontrolle<br>
und Gestaltung zu ermöglichen. DIE LINKE sieht im Vorhandensein<br>
unterschiedlicher Eigentumsformen eine Grundlage für eine effiziente und<br>
demokratische Wirtschaft anstatt den weiteren Weg der Privatisierung und<br>
Monopolisierung zu beschreiten.<br>
Aufgabe linker Politik bei der Schaffung eines modernen Sozialstaates
ist der<br>
dauerhafte Schutz der Menschen in großen Lebensrisiken wie Krankheit,<br>
Arbeitslosigkeit und Armut. Dazu gehört auch die gesellschaftliche
Verantwortung<br>
für Gesundheit, für Wasser und Energieversorgung, für die
Abfallentsorgung, für<br>
die Entwicklung der Städte und des ländlichen Raums, für ausreichend<br>
kostengünstigen Wohnraum, für öffentlichen Nah- und Fernverkehr, für
allgemein<br>
zugängliche kostenfreie Bildung, für ein würdevolles Leben im Alter
sowie für die<br>
Entfaltung von Kultur und Wissenschaft. Der Vorrang der Politik auch in
der<br>
Wirtschaft muss hergestellt werden. In diesem Sinne sollen sich die
gewählten<br>
Repräsentanten der Linken für die Gestaltung der Daseinsvorsorge
einsetzen.<br>
Unsere Partei erhebt einen politischen Richtungswechsel zu ihrem
strategischen<br>
Ziel. Dazu brauchen wir die kritische und solidarische
Auseinandersetzung mit der<br>
Geschichte linker Praxis in der DDR und der BRD. Wir stellen uns
bewusst in die<br>
Traditionen der Aufklärung und des demokratischen Sozialismus, der
großen<br>
Emanzipationsbewegungen der Arbeiterinnen und Arbeiter.<br>
Wir treten ein für die Ziele der Frauenbewegung, der Umwelt- und
Anti-AKWBewegung,<br>
der Friedensbewegung, der globalisierungskritischen Initiativen, der<br>
Sozialforen und Bewegungen gegen staatliche Repression, für die
Durchsetzung<br>
der Grund- und Freiheitsrechte. Wir knüpfen an das Engagement all jener
an, die<br>
sich an der Niederschlagung der verbrecherischen faschistischen Diktatur<br>
beteiligten und sich für die Beseitigung der Ursachen des Faschismus
eingesetzt<br>
haben und einsetzen.<br>
Unsere Anerkennung gilt den Bemühungen um eine sozial- und<br>
wohlfahrtsstaatliche Eindämmung des Kapitalismus ebenso wie Versuchen
einer<br>
Überwindung der kapitalistischen Eigentums- und Herrschaftsverhältnisse.<br>
DIE LINKE setzt sich mit der Geschichte der DDR und der BRD sowie mit
der<br>
Geschichte der linken Kräfte in der alten Bundesrepublik auseinander
und zieht<br>
aus den historischen Entwicklungen und Erfahrungen Schlussfolgerungen
für ihre<br>
Programmatik und Strategie in den Auseinandersetzungen der Gegenwart und<br>
Zukunft. Dabei wendet sie sich gegen Pauschalisierungen,
antikommunistische<br>
Vorurteile und einseitige Beurteilungen und bemüht sich um
differenzierte und<br>
ausgewogene Einschätzungen.<br>
Wir haben aus der Geschichte gelernt: Respekt vor den Ansichten<br>
Andersdenkender ist Voraussetzung von Befreiung. Wir lehnen jede Form
von<br>
Diktatur ab und verurteilen den Stalinismus als verbrecherischen
Missbrauch des<br>
Sozialismus. Freiheit und Gleichheit, Sozialismus und Demokratie,<br>
Menschenrechte und Gerechtigkeit sind für uns unteilbar.<br>
<b>II. Eine andere Welt ist nötig</b><br>
In den sechziger und siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts entwickelte
sich eine<br>
weltweite, vor allem ökonomische Krise. Die Wachstumsraten der
schwerfälligen<br>
Planwirtschaften des Staatssozialismus sanken stark. Die Ölkrise
markierte den<br>
Beginn einer verstärkt krisenhaften Entwicklung der kapitalistischen
Weltwirtschaft.<br>
Die nachholende Entwicklung des Südens, die mit der Entkolonialisierung<br>
hoffnungsvoll begonnen hatte, war in großen Regionen rückläufig. In
derselben<br>
Zeit entstanden Bewegungen für mehr Freiheit, Solidarität und
Demokratie. Es war<br>
die Zeit der Studentenbewegung im Westen, der Überwindung faschistischer<br>
Regime in Griechenland, Spanien und Portugal, der Siege der<br>
Befreiungsbewegungen in Vietnam und in den portugiesischen Kolonien. In
Chile<br>
wurde die sozialistische Entwicklung hingegen von den Herrschenden
blutig<br>
niedergeschlagen. In dieser Zeit verstärkten sich die
Stagnationstendenzen im<br>
realen Sozialismus. Die gewaltsame Beendigung des Prager Frühlings
zerschlug<br>
damals weltweit die Hoffung auf die Verbindung von Demokratie und
Sozialismus.<br>
Die kapitalistischen Länder suchten den Ausweg aus der Krise im
Kapitalismus<br>
neoliberaler Prägung, in der Ablegung sozialstaatlicher »Fesseln«. Als
mit dem<br>
Zusammenbruch der Sowjetunion das größte Gegengewicht wegfiel, konnten
sich<br>
die zerstörerischen Tendenzen des ungehemmten kapitalistischen Marktes
immer<br>
mehr entfalten. Heute bestimmen transnationale Konzerne und die
Kapital- und<br>
Finanzmärkte zunehmend die gesellschaftliche Entwicklung.<br>
Der Neoliberalismus tritt im Namen von mehr Freiheit an, doch werden
alle<br>
Lebensbereiche der Kapitalverwertung und insbesondere der Steigerung der<br>
Aktienkurse auf den Finanzmärkten unterworfen. Neoliberale Kräfte
fordern<br>
weniger Staat und bauen den Sozialstaat zugunsten eines repressiven<br>
Wettbewerbsstaats ab. Sie berufen sich auf die Demokratie und versuchen,<br>
Gewerkschaften und andere demokratische Organisationen und Bewegungen zu<br>
schwächen. Sie verfolgen eine unsolidarische Politik der Privatisierung,<br>
Deregulierung und Unterordnung aller Lebenssphären unter die Märkte.
Sie lösen<br>
neue imperiale Kriege aus und verschärfen die Terrorgefahren. Statt<br>
Chancengleichheit zu fördern, vergrößern sie die Kluft zwischen oben
und unten.<br>
Niedriglohnsektoren breiten sich aus. Steigende Gewinne gehen einher mit<br>
anhaltender Massenarbeitslosigkeit. Große Teile der Bevölkerung wenden
sich<br>
von der Teilnahme an der demokratischen Willensbildung ab.<br>
Ein Widerspruch wird immer stärker: Auf der einen Seite sind
Produktivität,<br>
Bildungsstand, wirtschaftliche und technologische Leistungsfähigkeit,<br>
internationale Arbeitsteilung, Möglichkeiten von Emanzipation und<br>
Individualitätsentwicklung fortgeschrittener denn je. Armut, Hunger,
Durst, ein<br>
Leben in Slums, Analphabetismus und viele Krankheiten können überwunden<br>
werden. Die überkommene Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern und
die tief<br>
sitzenden patriarchalen Verhaltensmuster sind historisch überholt. Mit
kürzerer<br>
Arbeitszeit unter humanen Bedingungen und ökologisch verträglich kann
eine<br>
bessere Befriedigung menschlicher Bedürfnisse erreicht werden. Ein
grundlegend<br>
neues Verhältnis zur Natur ist unbedingt erforderlich und auch möglich.
Eine<br>
globale solidarische Entwicklung aller Völker und Regionen in Frieden,
eine<br>
Weltgesellschaft der Freien und Gleichen kann das 21. Jahrhundert
prägen.<br>
Auf der anderen Seite stehen diesen Möglichkeiten die Herrschafts- und<br>
Eigentumsstrukturen des modernen Kapitalismus entgegen. Durch die
globalen<br>
Finanzmärkte wirken die Renditeansprüche des Kapitals schrankenlos und<br>
weltweit. Arbeitsplatzverlust, Realeinkommenssenkung und unsichere<br>
Beschäftigungsverhältnisse sind für viele Menschen Alltag. Die an den<br>
Kapitalbedürfnissen ausgerichtete Flexibilisierung der Produktion und
des<br>
Arbeitsmarktes zerstört das Familien- und Gemeinschaftsleben.
Öffentliches<br>
Eigentum wird privatisiert und politischer Gestaltung entzogen. Immer
schneller<br>
wird die Aushöhlung sozialer Sicherheit vorangetrieben. Mögliche Wege
zur<br>
Zurückdrängung von Arbeitslosigkeit und Armut werden in Deutschland
nicht<br>
beschritten.<br>
Die offen hervortretende Klassenspaltung der Gesellschaft fällt
zusammen mit<br>
anderen Unterdrückungsverhältnissen: Trotz Gleichstellungsbemühungen
ist die<br>
Privilegierung von Männern strukturell ungebrochen. Menschen anderer
Herkunft,<br>
Hautfarbe, sexueller Orientierung und Religion werden diskriminiert.
Rassismus<br>
und Antisemitismus nehmen zu.<br>
Der globale Kapitalismus verschärft die Umweltkrise. Seine Wirtschaft
orientiert<br>
sich an kurzfristigen Börsenkursbewegungen. Dies steht in einem tiefen<br>
Widerspruch zu den langfristigen Zyklen der Natur. Umwelttechnologien
sind hoch<br>
entwickelt, aber der ökologische Umbau von Wirtschaft und Lebensweisen
wird<br>
nirgendwo energisch angepackt. Das ist umso bedrückender, weil sich in
den<br>
nächsten Jahren entscheiden muss, ob eine globale Klimakatastrophe noch<br>
verhindert werden kann. Drastische Veränderungen in unserer Lebensweise<br>
werden unvermeidlich sein.<br>
Neoliberaler Kapitalismus bedeutet Entdemokratisierung. Bei den
internationalen<br>
Finanzfonds, transnationalen Konzernen und in den supranationalen<br>
Organisationen des globalen Kapitalismus – Welthandelsorganisation,<br>
Internationaler Währungsfonds, Weltbank usw. – ist eine ungeheure
Machtfülle<br>
konzentriert. Sie sind jeder demokratischen Kontrolle entzogen. Die
Substanz der<br>
Demokratie wird ausgehöhlt. Mit dem proklamierten »Krieg gegen den<br>
Terrorismus« wird eine massive Einschränkung von Grund- und
Freiheitsrechten<br>
gerechtfertigt. Es wird immer ungehemmter auch zu barbarischen Methoden
der<br>
Herrschaft gegriffen.<br>
Mit der Europäischen Union ist ein neuer Raum für gemeinsame soziale
Kämpfe,<br>
Bewegungen für Frieden und nachhaltiges Wirtschaften, für Demokratie
und gegen<br>
Rassismus und Nationalismus, ein neuer Raum der Klassenkämpfe
entstanden. In<br>
Europa sind die freie Bewegung des Kapitals, die Verlagerung von<br>
Produktionsstätten und die Wanderung von Arbeitskräften alltäglich und<br>
widerspiegeln die durch den Maastrichter Vertrag manifestierte
neoliberale<br>
Ausrichtung der Europäischen Integration. Der Zusammenschluss von<br>
Gewerkschaften, demokratischen Initiativen, der Friedens-, Frauen- und<br>
Umweltbewegung steht jedoch erst am Anfang. Die Konföderale Fraktion der<br>
Vereinten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke (GUE/NGL) im<br>
Europaparlament ist im Ergebnis der Wahlen zum Europaparlament zustande<br>
gekommen und trägt wesentlich dazu bei, einer linken Europapolitik<br>
parlamentarisch Profil zu geben. Mit der Partei der Europäischen Linken
hat sich<br>
eine Kraft auf den Weg gemacht, Mitglieder verschiedener linker
Parteien in<br>
Europa zum gemeinsamen politischen Handeln zu vereinen. Die Europäischen<br>
Sozialforen und die europäische Gewerkschaftsbewegung greifen in die
sozialen<br>
und politischen Auseinandersetzungen ein.<br>
Die imperiale Politik unter Führung der Vereinigten Staaten von Amerika
zielt auf<br>
eine ganz der Kapitalverwertung untergeordnete Welt, auf die
ungehinderte<br>
Verfügung über Rohstoffe und Energieträger, auf Ausweitung von
Herrschaft und<br>
Einflusssphären. Aufgekündigt ist die Norm des Völkerrechts, die jeden<br>
Angriffskrieg verbietet. Die NATO und die Europäische Union setzen auf
globale<br>
Eingreiftruppen. Im Namen eines Kreuzzuges gegen den Terrorismus kommen<br>
Tausende unschuldiger Menschen ums Leben. Eine Spirale der Gewalt
erzeugt<br>
immer neue Bereitschaft zu Terrorakten, der menschenverachtenden
Antwort auch<br>
auf die Arroganz imperialer Macht und die tiefen Gräben zwischen
reichen und<br>
armen Ländern.<br>
<b>III. Unsere Alternative: Soziale, demokratische und friedensstiftende<br>
Reformen zur Überwindung des Kapitalismus</b><br>
Eine andere Politik ist nötig und möglich. Die neue Linke hat eigene
Antworten auf<br>
die Herausforderungen der Gegenwart – auf die gewachsene internationale<br>
Verflechtung, die chronische Massenarbeitslosigkeit, die Krise der
sozialen<br>
Sicherungssysteme, die Begrenztheit von Ressourcen und der ökologischen<br>
Belastbarkeit der Erde, den Wandel der Altersstruktur der Gesellschaft.
Wir<br>
bestreiten, dass es wegen begrenzter wirtschaftlicher Potenziale
unumgänglich ist,<br>
von der Bevölkerung Verzicht auf Sicherheit, Selbstbestimmung und eine
hohe<br>
Lebensqualität zu verlangen.<br>
Die neue Linke legt programmatische Grundzüge einer umfassenden<br>
gesellschaftlichen Umgestaltung vor, um die Vorherrschaft der
Kapitalverwertung<br>
über Wirtschaft und Gesellschaft zu beenden und den Herausforderungen
der<br>
Gegenwart mit einem alternativen Entwicklungsweg zu begegnen. Es ist ein<br>
Programm des Richtungswechsels der Politik und der Erneuerung der
Demokratie.<br>
Unsere Ziele sind:<br>
- eine Demokratisierung der Gesellschaft, die allen gleiche
Möglichkeiten der<br>
Mitgestaltung des gesellschaftlichen Lebens garantiert. Dazu gehört
auch der<br>
Kampf gegen patriarchale Unterdrückung, gegen alle Formen von Rassismus,<br>
Antisemitismus, Rechtsextremismus.<br>
- eine soziale Gestaltung von Arbeit und Wirtschaft: Im Mittelpunkt
steht dabei<br>
nach wie vor, jeder und jedem die Möglichkeit zur Teilhabe an
Erwerbstätigkeit und<br>
an deren sozialer Gestaltung zu geben. Dies ist Bedingung und Grundlage
für<br>
vielfältige andere Tätigkeiten.<br>
- eine Wirtschaftsdemokratie, die alle Formen des Eigentums an sozialen
und<br>
ökologischen Kriterien misst. Im öffentlichen Eigentum an Einrichtungen
der<br>
Daseinsvorsorge und öffentlicher Verfügungsgewalt über sie sehen wir
eine<br>
unverzichtbare Grundlage einer demokratischen und solidarischen
Gesellschaft.<br>
- eine neue Solidarität auf der Basis moderner öffentlicher
Dienstleistungen,<br>
solidarischer Sicherungssysteme und des ökologischen Umbaus der
Gesellschaft<br>
als Grundlage eines selbstbestimmten Lebens.<br>
- eine internationale Ordnung des Friedens, der kollektiven Sicherheit
und<br>
solidarischen Entwicklung, zu der eine veränderte Europäische Union
beitragen<br>
soll.<br>
Wir streiten für eine Gesellschaft, die jede und jeden an den
Bedingungen eines<br>
Lebens in Freiheit, sozialer Sicherheit und Solidarität beteiligt. Zu
den<br>
Freiheitsgütern, die dies erst ermöglichen, gehören die sozial gleiche
Teilhabe der<br>
Einzelnen an den Entscheidungen in der Gesellschaft, existenzsichernde,
sinnvolle<br>
Arbeit, Bildung und Kultur, hochwertige Gesundheitsleistungen und
soziale<br>
Sicherungen. Notwendig ist die Überwindung aller Eigentums- und<br>
Herrschaftsverhältnisse, »in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein
geknechtetes,<br>
ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist« (Karl Marx).<br>
<b>1. Arbeit:</b> Selbstbestimmt und solidarisch statt abhängig und in
Konkurrenz<br>
Erwerbsarbeit steht heute mehr denn je in einem Spannungsverhältnis
zwischen<br>
Streben nach Selbstverwirklichung auf der einen sowie Ausbeutung und<br>
Unsicherheit auf der anderen Seite. Ein Teil der Arbeitsverhältnisse
ist bestimmt<br>
durch mehr Selbstverantwortung der Lohnabhängigen. Gleichzeitig breiten
sich<br>
soziale Unsicherheit, Massenarbeitslosigkeit, niedrige Löhne, extreme<br>
Abhängigkeit und erzwungene Unterordnung aus. Arbeit im Haushalt,<br>
partnerschaftliche Fürsorge, Betreuung und Erziehung von Kindern,
soziale Arbeit<br>
werden auch weiterhin vor allem von Frauen verrichtet. Der Anteil von<br>
Migrantinnen und Migranten an schlecht bezahlter Arbeit ist besonders
hoch.<br>
Wir streben eine Gesellschaft an, in der jede Frau und jeder Mann eine<br>
existenzsichernde Arbeit ausüben kann. Erwerbsarbeit, Arbeit in
Familien und<br>
Partnerschaften, Arbeit zur Mitgestaltung der Gesellschaft sowie die
Teilnahme am<br>
kulturellen und sozialen Leben muss allen Menschen möglich sein.<br>
Gesellschaftlich notwendige Arbeiten und die Chancen, am
gesellschaftlichen<br>
Leben aktiv und mit Einfluss teilnehmen zu können, müssen gleich
verteilt sein.<br>
Das wollen wir als neue Vollbeschäftigung.<br>
Um dieses Ziel einer Neuorganisation gesellschaftlicher Lebenschancen
und<br>
Arbeit zu erreichen, setzen wir uns ein für die Zurückdrängung der
Macht der<br>
Finanzmärkte, für eine deutliche Verringerung der Einkommens- und<br>
Vermögensunterschiede, für die staatliche bzw. öffentliche
Verantwortung für alle<br>
Felder der Daseinsvorsorge, für die Ausweitung öffentlicher
Investitionen, für eine<br>
deutliche Arbeitszeitverkürzung, die Männern und Frauen für
Familienarbeit,<br>
Engagement in der Gesellschaft und für sich selbst Raum lässt, für die
Aufwertung<br>
und rechtliche wie finanzielle Absicherung der Eigentumsformen einer<br>
solidarischen Ökonomie und ein umfassendes System sozialer Sicherheit.<br>
Für die Lohnarbeit heißt dies:<br>
- <b>Arbeitszeitverkürzung</b>: Wir wenden uns gegen die Verlängerung
von<br>
Arbeitszeiten und fordern vielmehr ihre Verkürzung als Grundlage einer
neuen<br>
Verteilung von Erwerbsarbeit. Wir streben eine Verkürzung der Wochen-,
Jahresund<br>
Lebensarbeitszeit, Wahlarbeitszeiten, erleichterte Sabbatjahre und<br>
Freistellung für gesellschaftspolitische Arbeit und andere
Arbeitsformen an.<br>
Aufgrund der steigenden Produktivität der Arbeit kann dies erreicht
werden, ohne<br>
dass die Einkommen sinken. Eine Arbeitszeitverkürzung kommt auch den<br>
veränderten Geschlechterrollen, nach denen Frauen und Männer sich
Erwerbsund<br>
Sorgearbeit teilen wollen und sollen, zugute.<br>
- <b>neue Arbeitsplätze durch ökologischen und sozialen Umbau</b>,
darauf
konzentrierte<br>
öffentliche Zukunftsinvestitionsprogramme und Förderung technologischer<br>
Innovationen im Bereich Ressourceneffizienz und erneuerbare Energien,
den<br>
bedarfsgerechten Ausbau öffentlicher Dienstleistungen in den Bereichen
Bildung<br>
und Erziehung, Wissenschaft und Forschung, Kunst und Kultur sowie des<br>
öffentlichen Personenverkehrs und anderer Bereiche der Daseinsvorsorge.<br>
- öffentlich geförderte und gestaltete Beschäftigungssektoren mit<br>
genossenschaftlichen Elementen, die jene sozialen, kulturellen und
ökologischen<br>
Bedürfnisse befriedigen, die weder der Markt noch der öffentliche Dienst<br>
abdecken.<br>
- eine aktive Arbeitsmarktpolitik, die sich auf diejenigen
konzentriert, die besonders<br>
schlechte Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben. Wir wollen, dass ihnen
durch<br>
Konzentration öffentlicher Finanzmittel und durch ihre Kombination mit
anderen<br>
Fonds reguläre, versicherungspflichtige, tariflich bezahlte
Arbeitsplätze angeboten<br>
werden.<br>
- eine Nutzung der Produktivitätsgewinne für höhere Reallöhne und<br>
Arbeitszeitverkürzung.<br>
- <b>einen gesetzlichen Mindestlohn in existenzsichernder Höhe</b>.<br>
- die Durchsetzung eines neuen Normalarbeitsverhältnisses auf der Basis
der<br>
vollen sozialen Absicherung aller Beschäftigungsverhältnisse und der<br>
Humanisierung der Arbeit, der Tarifautonomie und der
Allgemeinverbindlichkeit der<br>
Tarifverträge, eines hohen Kündigungsschutzes und starker<br>
Mitbestimmungsrechte aller Beschäftigten sowie der Angleichung der
Löhne von<br>
Frauen an die der Männer.<br>
- gesetzliche Regelungen gegen den zunehmenden Missbrauch von Praktika.<br>
- Gültigkeit der inländischen Sozialstandards für alle hier Arbeitenden
durch<br>
Ausdehnung des Entsendegesetzes auf alle Branchen und eine grundlegende<br>
Reform der europäischen Dienstleistungsrichtlinie, um alle Formen von<br>
Dumpingkonkurrenz zu verhindern und gemeinwohlorientierte
Dienstleistungen zu<br>
sichern.<br>
- Vergabe öffentlicher Aufträge an solche Unternehmen, die hohe soziale
und<br>
ökologische Standards im Inland einhalten und eine Verbesserung dieser<br>
Standards im globalen Rahmen unterstützen.<br>
Um diese Ziele durchsetzen zu können, wollen wir die Zusammenarbeit mit
den<br>
Gewerkschaften weiter ausbauen. Aktionen der Gewerkschaften zum Erhalt
von<br>
Arbeitsplätzen, Tarifverträgen und sozialen Rechten unterstützen wir
solidarisch.<br>
<b>2. Wirtschaft und Umwelt:</b> Nachhaltig dem Gemeinwohl verpflichtet
statt<br>
kapitaldominiert und umweltzerstörend<br>
Die herrschende Politik hat die Macht der Finanzmärkte, der
transnationalen<br>
Kapitalgesellschaften, der Marktsteuerung und der Großkonzerne gestärkt.<br>
Fünfhundert Konzerne kontrollieren die Hälfte des Weltsozialprodukts.
In den<br>
Machtzentren des Finanzkapitals wird weltweit nahezu unkontrolliert über<br>
Investitionen, Arbeitsplätze und die Lebensperspektiven von Milliarden
Menschen<br>
entschieden. Die Kapitalrendite ist wiederum zum Maß aller Verhältnisse<br>
geworden. Die heutige Wirtschaftsordnung führt zu
Niedrigstlohnkonkurrenz,<br>
Armutsmigration, Umweltzerstörung, bedrohlichen Klimawandel, schreiender<br>
Ungerechtigkeit und Elend für sehr viele Menschen.<br>
Um ein selbstbestimmtes Leben, sinnvolle und sozial gestaltete Arbeit
für alle zu<br>
ermöglichen, einen ökologischen Umbau einzuleiten, die sozialen<br>
Sicherungssysteme zu erneuern und solidarische Entwicklung global zu<br>
ermöglichen, ist ein grundsätzlicher Kurswechsel in der Wirtschafts- und<br>
Finanzpolitik unumgänglich.<br>
DIE LINKE tritt für das Primat demokratischer Politik über die
Wirtschaft sowie für<br>
einen sozialen und ökologischen Wandel in der Europäischen Union ein.<br>
Alternative Wirtschaftspolitik ist gestaltende Politik. Sie zielt auf
ein starkes<br>
Gewicht sozialstaatlicher Politik gegen deren Unterordnung unter
Marktzwänge.<br>
Sie misst längerfristiger Struktur-, Wissenschafts- und
Technologiepolitik<br>
erhebliches Gewicht bei. Gewinnorientiertes unternehmerisches Handeln
ist<br>
wichtig für Innovation und betriebswirtschaftliche Leistungsfähigkeit,
führt jedoch<br>
zur Zerstörung unserer Lebensgrundlagen, zunehmender sozialer
Ungleichheit<br>
und Spaltung, wenn es nicht gesellschaftlichen Schranken und Regeln
unterworfen<br>
wird. Deshalb strebt DIE LINKE eine neue sozial-ökologische
Rahmensetzung für<br>
die Marktmechanismen an, weil ohne Mitbestimmung, gewerkschaftliche<br>
Gegenmacht und sozialstaatliche Regulierung private
Unternehmerinteressen zu<br>
volkswirtschaftlich, sozial und ökologisch verlustreichen
Fehlentwicklungen führen.<br>
Für mehr Investitionen und die Sicherung des Sozialstaats braucht der
Staat Geld.<br>
Nur Reiche können sich einen armen Staat leisten. Durch höhere
Einnahmen kann<br>
auch die Verschuldung sozial gerecht abgebaut werden.<br>
Wir streiten für die Einheit von sozialer, ökologischer und ökonomischer<br>
Nachhaltigkeit. Die nachhaltige Bewahrung und Wiederherstellung einer<br>
lebenswerten Umwelt ist eine zutiefst soziale Angelegenheit und
zentrale Säule<br>
von Gerechtigkeit. Es sind die armen, benachteiligten
Bevölkerungsschichten, die<br>
national und international am meisten unter Luftverschmutzung, Lärm,
ungesunder<br>
Nahrung, Trinkwassermangel, dramatischen Klimaveränderungen sowie dem<br>
Preisanstieg knapper natürlicher Ressourcen zu leiden haben. Natur und<br>
Umweltzerstörung berauben künftige Generationen ihrer Lebensgrundlagen.<br>
Zur Einleitung einer wirtschafts- und umweltpolitischen Umkehr setzen
wir uns ein<br>
für<br>
- öffentliche beschäftigungsfördernde Zukunftsinvestitionsprogramme: Die<br>
öffentlichen Investitionen und andere Ausgaben in Erziehung und Bildung,<br>
Forschung, Kultur, ökologischen Umbau und öffentliche Infrastruktur
müssen<br>
mindestens um jährlich 40 Milliarden Euro angehoben werden. Eine
Million tariflich<br>
bezahlte Arbeitsplätze können so geschaffen werden.<br>
- gerechte Steuerpolitik: Konzerne und andere profitable Unternehmen
müssen<br>
wieder deutlich mehr Steuern zahlen. Es soll wieder eine Vermögenssteuer<br>
erhoben werden, die Erbschaftssteuer auf große Erbschaften ist zu
erhöhen.<br>
Steuerschlupflöcher, die insbesondere Vermögende und Großverdiener<br>
begünstigen, sind konsequent zu schließen, und Wirtschaftskriminalität
ist<br>
entschiedener zu bekämpfen. Veräußerungsgewinne beim Verkauf von<br>
Wertpapieren und Immobilien wollen wir ohne Spekulationsfristen
besteuern. Der<br>
Spitzensteuersatz der Einkommenssteuer soll auf mindestens 50 Prozent<br>
angehoben werden. Wir fordern eine Steuer- und Finanzreform, die die
Länder und<br>
Kommunen mit den notwendigen Mitteln für eine nachhaltige Entwicklung<br>
ausstattet.<br>
- ökologischen Umbau der Energieversorgung. Vorrangiges Ziel ist eine
Wende in<br>
der Energiepolitik hin zu dezentralen Strukturen, die Überführung der
Netze in<br>
öffentliche Hand und die demokratische Kontrolle der Energiepolitik.
Steigerung<br>
der Energieeffizienz, Senkung des Energieverbrauchs und strikte
Ausrichtung auf<br>
erneuerbare Energien sind zur Lösung der Energieprobleme notwendig.
Bereits<br>
entwickelte Technologien, wie wasserstoffbetriebene Motoren
(Brennstoffzellen –<br>
alternative Energien) sollen schnellstmöglich genutzt und finanziell
gefördert<br>
werden. Ebenso sollen umweltfreundliche Neuentwicklungen ohne Rücksicht
auf<br>
Kapitalinteressen sofort umgesetzt werden. Wir wollen einen
beschleunigten<br>
Ausstieg aus der Atomenergie, lehnen neue Atomkraftwerke und den Export
von<br>
Atomtechnik ab.<br>
- nachhaltigen Umgang mit natürlichen Ressourcen. Umweltbelastende
Stoff- und<br>
Energieflüsse sollen vermieden und Ressourceneffizienz von<br>
Wertschöpfungsketten gesteigert werden. Dazu gehört eine umfassende<br>
Umweltbildung.<br>
- soziale und ökologische Verkehrspolitik. Die Gewährleistung von
Mobilität muss<br>
in den Mittelpunkt rücken. Wir brauchen Alternativen zum
individualisierten PKWVerkehr.<br>
Neben stadt- und raumplanerischen Maßnahmen soll der öffentliche<br>
Personenverkehr ausgebaut und durch neue Angebote ergänzt werden.<br>
Privatisierungen sind zu stoppen. Güterverkehr gehört auf die Schiene.
Flugbenzin<br>
ist zu besteuern.<br>
- umweltgerechte regionale Wirtschaftskreisläufe. Die regionale
Herstellung und<br>
Vermarktung von Produkten aus Handwerk und Landwirtschaft soll gefördert<br>
werden, um Transporte zu vermeiden und die regionale Wertschöpfung zu<br>
steigern.<br>
- den Ausbau der ökologischen Land- und Waldbewirtschaftung und die
Förderung<br>
eines deutschland- und europaweiten Schutzgebietssystems zur Erhaltung
der<br>
Artenvielfalt. Das Tierschutzgesetz ist konsequent durchzusetzen und zu<br>
verbessern.<br>
- ein Steuer- und Abgabensystem, das umweltfreundliches Handeln fördert
und die<br>
Umwelt schädigendes Verhalten belastet.<br>
- die demokratische Kontrolle der Finanzmärkte und die
Dezentralisierung privater<br>
wirtschaftlicher Macht: Dies verlangt unter anderem Beschränkung der
Wertpapier<br>
und Devisenspekulation, europäische Regelungen für die Eindämmung von<br>
Kapitaltransfers in Steueroasen sowie eine Verschärfung der
Kartellgesetzgebung.<br>
- die Förderung von Genossenschaften und anderer Formen solidarischer<br>
Ökonomie.<br>
<b>3. Sozialsysteme</b>: Sicherheit und Förderung für jede und jeden
statt Zwang<br>
und soziale Spaltung<br>
Sozialabbau, Privatisierung, Massenarbeitslosigkeit, unsichere
Beschäftigung und<br>
stagnierende bzw. sinkende Einkommen haben die bisherigen Sozialsysteme
in<br>
eine Krise geführt. Diese Sozialsysteme entsprechen in ihrer heutigen
Form nicht<br>
mehr den neuen Lebensläufen und Bedürfnissen der Menschen. Die
solidarischen<br>
Sicherungssysteme und der Sozialstaat sind eine wesentliche
Errungenschaft. Nur<br>
auf Rechtsansprüchen gegründete soziale Sicherheit ermöglicht Freiheit
für alle,<br>
nicht allein für die Vermögenden. Wir wollen einen demokratischen
Sozialstaat mit<br>
sozialen Mindeststandards, die allen Mitwirkung und Mitentscheiden
ermöglichen.<br>
Wir setzen uns für eine Erneuerung des Sozialstaats und der öffentlichen<br>
Dienstleistungen ein. Soziale Sicherheit soll der Entfaltung der
Persönlichkeit<br>
Rückhalt geben, einen umfassenden Schutz aller Mitglieder der
Gesellschaft vor<br>
den großen sozialen Risiken, eine Sicherung des Lebensstandards im
Alter, bei<br>
Erwerbsunfähigkeit und Erwerbslosigkeit gewährleisten, Armut verhindern
und die<br>
Gleichstellung der Geschlechter und die Vielfalt der Lebensweisen
ermöglichen.<br>
Zur Verwirklichung dieser Aufgaben treten wir ein:<br>
- »<b>Hartz IV muss weg!</b>« – für die Überwindung der Hartz-Gesetze.<br>
- für die Demokratisierung sozialer Sicherungssysteme, die Stärkung
ihrer<br>
solidarischen Elemente und die Erneuerung ihrer Selbstverwaltung.<br>
- für eine stärkere Orientierung am Individualprinzip im Steuer- und
Sozialrecht:<br>
Damit soll die staatliche Bevorzugung des Alleinernährermodells
überwunden<br>
werden.<br>
- <b><big>für die Einführung einer bedarfsorientierten,
repressionsfreien
sozialen<br>
Grundsicherung: </big></b>Wer von Armut bedroht ist, soll Anspruch auf
eine
individuelle,<br>
steuerfinanzierte, bedarfsorientierte soziale Grundsicherung haben.
Zumutbare<br>
Arbeitsangebote müssen die Qualifikation berücksichtigen und tariflich
bezahlt<br>
sein. Den Zwang zur Aufnahme jeglicher Jobs lehnen wir ebenso ab wie<br>
erzwungene Erwerbslosigkeit. Wir diskutieren mit unterschiedlichen
Partnern<br>
weiter über Vorschläge für ein bedingungsloses Grundeinkommen.<br>
- für eine neue Rentenpolitik: Mit höheren Löhnen müssen auch wieder
die Renten<br>
steigen. Die gesetzliche Rentenversicherung soll in eine<br>
Erwerbstätigenversicherung umgewandelt werden, in die schrittweise
Angehörige<br>
aller Berufsgruppen einbezogen werden. Beamte und Selbständige sollen<br>
zukünftig verpflichtet werden, in die Sozialkassen solidarisch
einzuzahlen. Wir<br>
fordern, Diskriminierungen im Rentenrecht für Ostdeutsche endgültig zu<br>
beseitigen. Die Anhebung des Renteneintrittsalters auf über 65 Jahre
lehnen wir<br>
als verdeckten Angriff auf die Rentenhöhe ab. Notwendig sind flexible<br>
Ausstiegsmöglichkeiten vor dem 65. Lebensjahr. Wir streben das<br>
Renteneintrittsalter ab 60 Jahre an, ohne Abschläge. Dies gilt
insbesondere für<br>
Beschäftigte mit belastenden Arbeitsbedingungen, zum Beispiel<br>
Schichtbeschäftigten. Mindestens sollen die Altersteilzeit
weitergeführt und der<br>
Zugang zu Erwerbsminderungsrenten erleichtert werden.<br>
- <b>für eine neue Seniorenpolitik</b>: Alter ist für uns ein
Lebensabschnitt
mit eigenen<br>
Ansprüchen und Bedürfnissen, der nicht einfach auf Rente, Pflege oder
Kosten<br>
reduziert werden darf und an dessen Mitgestaltung Seniorinnen und
Senioren aktiv<br>
teilhaben wollen. Wir wollen, dass die Lebensleistungen der älteren
Generation<br>
geachtet und die Fähigkeiten, Kompetenzen und das Gestaltungspotenzial
der<br>
älteren Mitbürgerinnen und Mitbürger gefördert und genutzt werden.<br>
Die Zustände in Alters- und Pflegeeinrichtungen, die Betreuung sowie
der Umgang<br>
mit alten Menschen sind unbefriedigend und teilweise menschenunwürdig.
Wir<br>
wollen, dass alle erforderlichen Bedingungen geschaffen werden, um
Älteren,<br>
insbesondere Kranken und Menschen mit Behinderungen, eine
gleichberechtigte<br>
Teilnahme am gesellschaftlichen Leben zu garantieren. Altersarmut ist zu<br>
verhindern.<br>
- für eine neue Jugendpolitik: Die Jugend ist die Zukunft unserer
Gesellschaft.<br>
Aber Wirtschaft und Politik verschlechtern ihre Zukunftschancen seit
Jahren<br>
systematisch durch eine verschärfte Auslese im Bildungssystem, durch
eine<br>
ungenügende Anzahl an Lehrstellen und durch Entmündigung von jungen<br>
Erwachsenen unter 25 Jahren (Hartz IV). DIE LINKE widersetzt sich
jeglicher<br>
Entrechtung der Jugend und setzt sich besonders für ein umfassendes
Konzept<br>
einer Ausbildungsinitiative ein mit dem Ziel, für jede(n)
Jugendliche(n) eine<br>
Lehrstelle zu schaffen, bezahlt von den Betrieben, die keine oder zu
wenige<br>
Lehrstellen anbieten (Ausbildungsplatzumlage).<br>
- <b><big>für eine solidarische Bürgerversicherung im Gesundheitswesen</big></b>:
<br>
Die
gesamte<br>
Bevölkerung soll in der gesetzlichen Krankenversicherung erfasst sein,
die alle<br>
medizinisch notwendigen Leistungen trägt. Sämtliche Einkommen sollen<br>
einbezogen und die Beitragsbemessungsgrenzen deutlich angehoben und<br>
stufenweise abgeschafft werden. Wir wollen die paritätische
Finanzierung der<br>
Beiträge durch die Arbeitgeber wieder herstellen. Zu prüfen ist die
Umstellung oder<br>
Ergänzung der Arbeitgeberbeiträge der sozialen Sicherungssysteme durch
eine<br>
Wertschöpfungsabgabe. Profitorientierte Strukturen haben im
Gesundheitswesen<br>
nichts zu suchen. Gesundheit ist keine Ware, sondern ein Menschenrecht!<br>
- <b>für einen Umbau des Gesundheitswesens</b>: Durch Strukturreformen
soll die<br>
hochwertige medizinische Versorgung für alle gewährleistet werden.
Dringlich sind<br>
eine bessere Kooperation zwischen den Ärztinnen und Ärzten,
Krankenhäusern<br>
und allen Leistungserbringern, die Förderung von Gesundheitszentren, die<br>
Begrenzung der Profite der Pharmakonzerne unter anderem durch Einführung<br>
einer Positivliste für Arzneimittel, ein größeres Gewicht von
Vorbeugung und<br>
Nachsorge und die Verbesserung von Arbeitsbedingungen und Entlohnung
für das<br>
medizinische und pflegerische Personal sowie gestärkte Rechte der
Patientinnen<br>
und Patienten.<br>
- <b>für den Erhalt der öffentlichen kommunalen Daseinsvorsorge und
die
Sicherung<br>
der kommunalen Selbstverwaltung:</b> Öffentliche Daseinsvorsorge für
Bildung,<br>
Gesundheit, Betreuung und Kultur, für Mobilität, Wasser, Gas und Strom
ist<br>
elementarer Bestandteil sozialer Sicherheit. Deshalb verteidigen wir
die öffentliche<br>
Daseinsvorsorge und treten für ihre Ausweitung ein. Wir wollen den
Verkauf<br>
öffentlichen Eigentums an Wohnungen und Versorgungsunternehmen
verhindern.<br>
Wohnen ist ein Menschenrecht und gehört in das Grundgesetz. Wohnung und<br>
Wohnen gehören zu den wichtigsten Bedingungen sozialer Sicherheit und
der<br>
Menschenwürde.<br>
<b>4. Politik</b>: Mehr Demokratie wagen statt autoritäre
»Sachzwangspolitik«<br>
Das Grundgesetz ist mit seinen Grundprinzipien der unantastbaren<br>
Menschenwürde, des sozialen Rechtsstaats und der Demokratie ein<br>
Ausgangspunkt unserer Politik, weil darin eine demokratische
Veränderung der<br>
Wirtschafts- und Sozialordnung mit dem Ziel einer gerechten, friedlichen<br>
Gesellschaft verankert ist. In diesem Sinne ist das Grundgesetz
geradezu eine<br>
Aufforderung zum demokratischen Sozialismus.<br>
In immer mehr Bereichen der Gesellschaft registrieren wir eine
Einschränkung<br>
demokratischer Rechte auch mittels internationaler Organisationen und<br>
europäischer Einrichtungen. Der sogenannte Krieg gegen den Terror wird
für den<br>
Abbau von Grund- und Freiheitsrechten genutzt. Dem Verbreiten von
Misstrauen<br>
und Verdächtigungen, insbesondere gegenüber Muslimen, setzen wir eine
Kultur<br>
des Dialogs und der Zusammenarbeit entgegen.<br>
Wir verlangen, dass über die wirtschaftliche, politische und kulturelle
Ordnung<br>
unserer Gesellschaften und ihre Entwicklung demokratisch entschieden
wird.<br>
Wir wollen eine Demokratisierung der Demokratie und fordern:<br>
- die Stärkung der individuellen Rechte: Staatliches Handeln muss immer<br>
überprüfbar und die Einzelnen müssen vor ungerechtfertigten Zugriffen
des Staats<br>
geschützt sein. Deswegen ist der Rechtsstaat mit der Rechtswegegarantie
für uns<br>
ein hohes Gut, und wir brauchen unabhängige Kontrollinstanzen gegenüber
den<br>
staatlichen Sicherheitsorganen. Wir halten an der strikten Trennung von
Polizei<br>
und Bundeswehr sowie von Polizei und Geheimdiensten fest. Das
regelmäßige<br>
Recht, selbst über die eigenen Daten und ihre Verwendung zu bestimmen,
ist und<br>
bleibt für uns unaufgebbar.<br>
- Wirtschaftsdemokratie: Wir streben die Demokratisierung der
Verfügungsgewalt<br>
über alle Formen von Wirtschaftsmacht an. Durch paritätische
Mitbestimmung der<br>
Beschäftigten, ihrer Gewerkschaften sowie Vertreterinnen und Vertreter
der<br>
Regionen und Verbraucher soll die Macht des Kapitals demokratischen
Interessen<br>
untergeordnet werden. In Ergänzung der gewerkschaftlichen Mitbestimmung<br>
müssen die Mitbestimmungsrechte von Betriebs- und Personalräten
gesichert und<br>
ausgebaut werden. Das Recht auf den politischen Streik, einschließlich
des<br>
Generalstreiks, muss ausgeübt werden können.<br>
- lebenswerte Kommunen: Wir erachten es für dringend erforderlich, die
Stellung<br>
der Kommunen im föderalen System auszubauen. Die Ausgestaltung der<br>
kommunalen Selbstverwaltung muss auf die Gewährleistung politischer,<br>
wirtschaftlicher, sozialer, juristischer und finanzieller Freiheiten
ausgerichtet sein.<br>
Die kommunale Wirtschaftstätigkeit ist eine gleichberechtigte Säule des<br>
ökonomischen Systems. Die Formen des kommunalen Eigentums müssen im<br>
Interesse der Daseinsvorsorge erhalten bleiben. Den Kommunen soll ein
höherer<br>
Anteil am Gesamtsteueraufkommen der Bundesrepublik zugewiesen werden,<br>
damit Selbstverwaltung verwirklicht werden kann. Mittels der
öffentlichen<br>
Daseinsvorsorge müssen die Kommunen qualitativ hochwertige Leistungen<br>
erbringen und dabei sozialen und ökologischen Erfordernissen Rechnung
tragen<br>
können. DIE LINKE steht für eine Entwicklung hin zur Bürgerkommune –
unter<br>
anderem mit partizipativem Haushalt –, in der die Menschen ihre
Angelegenheiten<br>
selbst entscheiden und gestalten.<br>
- Geschlechterdemokratie: Trotz verfassungsrechtlich garantierter<br>
Gleichberechtigung ist die ungleiche Verteilung von Chancen zwischen
Frauen<br>
und Männern nicht aufgehoben. Politische und wirtschaftliche Macht sind<br>
patriarchal geprägt. Der Grad gesellschaftlicher Demokratie misst sich
für uns an<br>
der Freiheit von Frauen und Männern, den eigenen Lebensentwurf frei von<br>
Rollenklischees umsetzen zu können. Die gerechte Verteilung von
Erwerbs-,<br>
Haus- und Erziehungsarbeit zwischen den Geschlechtern ist eine wichtige<br>
Voraussetzung dafür. Wir brauchen Gleichstellungsgesetze, auch für die<br>
Privatwirtschaft, und Frauenförderungsprogramme. Elementar ist die<br>
Selbstbestimmung von Frauen über ihren Körper. Deshalb: Abschaffung des
§<br>
218. Gewalt an Frauen, Gewalt von Männern gegen Frauen muss öffentlich<br>
geächtet und entschieden verfolgt werden. Betroffene Frauen und Kinder
brauchen<br>
Rechtsschutz, ein funktionierendes Netz von Unterstützungs- und<br>
Beratungsstellen.<br>
- aktive Gleichstellungs- und Antidiskriminierungspolitik:
Diskriminierung aufgrund<br>
der Merkmale Alter, Geschlecht, sexuelle Identität, Behinderung,
ethnische und<br>
religiöse Zugehörigkeit lehnen wir ab. Wir wollen eine aktive
Gleichstellungspolitik,<br>
die Benachteiligung und Stigmatisierung in Arbeit und Zivilgesellschaft<br>
entgegenwirkt. Dies erfordert unter anderem ein effektives, umfassendes<br>
Antidiskriminierungsgesetz, das die Möglichkeit der Verbandsklage
einschließt.<br>
- eine enge Verbindung von parlamentarischer und direkter Demokratie:<br>
Volksbegehren und -entscheide sowie Bürgerhaushalte sollen mehr
Einfluss und<br>
Mitbestimmung der Bürgerinnen und Bürger ermöglichen.<br>
- die Stärkung demokratischer Mitwirkung: Für Umweltorganisationen,<br>
Verbraucherverbände, Gewerkschaften, Vereine und andere
zivilgesellschaftliche<br>
Kräfte sowie Bürgerinnen und Bürger wollen wir demokratische Planungs-,<br>
Kontroll- und Einspruchsrechte.<br>
- gleiche Rechte: Allen in Deutschland und der Europäischen Union
lebenden und<br>
arbeitenden Menschen stehen gleiche Rechte einschließlich des
Wahlrechts zu.<br>
Wir begreifen die Herkunft der heute in Deutschland Lebenden aus<br>
unterschiedlichen Kulturkreisen als Bereicherung und nehmen die
Gestaltung der<br>
Integration der eingewanderten und schon lange hier lebenden
Bevölkerung als<br>
gesellschaftliche Herausforderung an. Für die auf deutschem Staatsgebiet<br>
lebenden Minderheiten (Dänen, Friesen, Sinti und Roma sowie Sorben)
fordern wir<br>
eine Erweiterung ihrer Partizipationsrechte und eine angemessene
öffentliche<br>
Förderung zum Erhalt und zur Weiterentwicklung ihrer Sprachen und
Kulturen.<br>
- Sozialer Rechtsstaat: Der verfassungsrechtlich garantierte und dem
Zugriff des<br>
Gesetzgebers entzogene Grundsatz des sozialen Rechtsstaats ist Weg und
Ziel<br>
linker Rechtspolitik. Der Begriff des sozialen Rechtsstaats zielt auf
eine<br>
Veränderung des Verhältnisses von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft ab.<br>
Entscheidend am Gedanken der Sozialstaatlichkeit ist die Aufforderung,
die<br>
Wirtschafts- und Sozialordnung in einem dynamischen, demokratischen
Prozess<br>
sozial neu zu gestalten. Solidarität ist als Bestandteil des
Sozialstaatsgebots<br>
Grundprinzip der Verfassung. Das Sozialstaatsgebot soll durch
Festschreibung der<br>
Prinzipien der sozialen Gerechtigkeit und des Gebots der staatlichen
Absicherung<br>
der wichtigsten Lebensrisiken konkretisiert werden. Zur sozialen
Gerechtigkeit<br>
gehört es auch, für eine gerechte Verteilung des gesellschaftlichen
Reichtums zu<br>
sorgen. Soziale Grundrechte sollten zur Durchsetzung des Sozialstaats
zusätzlich<br>
in das Grundgesetz aufgenommen werden.<br>
- offene Grenzen für Menschen in Not: Wir setzen uns für die
Wiederherstellung<br>
des Grundrechts auf Asyl ein und werben für eine Harmonisierung des
Asylrechts<br>
in Europa auf hohem Niveau.<br>
- Ächtung des Rechtsextremismus und Neonazismus: Diese Kräfte werden wir<br>
politisch bekämpfen, den öffentlichen Raum gegen sie verteidigen und die<br>
antifaschistische Bildungsarbeit intensivieren. Deswegen wollen wir<br>
zivilgesellschaftliche Strukturen gegen Rechtsextremismus stärken,
unter anderem<br>
dadurch, dass entsprechende Initiativen und Beratungsteams öffentliche
Mittel<br>
erhalten und vorhandene Unterstützung ausbauen. Es gehört zu den<br>
vordringlichen Aufgaben der Linken, über die bisherigen punktuellen
Maßnahmen<br>
hinaus ein schlüssiges Konzept gegen den Neonazismus zu entwickeln.
Größere<br>
Aufmerksamkeit wird DIE LINKE der Entwicklung des Neofaschismus im<br>
internationalen Rahmen widmen.<br>
<b>5. Geschlechtergerechtigkeit</b>: Anerkennung vielfältiger Formen des<br>
Zusammenlebens statt Privilegierung der Ehe<br>
Wir verbinden die Erfahrungen der Frauenbewegungen in Ost und West mit<br>
unterschiedlichen feministischen Politikansätzen. Dies bietet die
Chance, eine<br>
feministische Lesart ökonomischer und gesellschaftlicher Prozesse und
eine<br>
entsprechende politische Gestaltung in der Arbeitswelt, der Bildung, den<br>
Sozialsystemen, der Öffentlichkeit und in der eigenen Organisations- und<br>
Politikentwicklung voranzubringen.<br>
In der Konsequenz entwerfen wir eine positive Gleichstellungspolitik
für Frauen,<br>
die den Zugang zu gesellschaftlichen Entscheidungen ermöglicht, ohne
ihnen<br>
Lebensformen aufzudrängen, die sie mit Verzicht auf persönliche<br>
Entfaltungsmöglichkeiten bezahlen. Die Vereinbarkeit von Familie und
Beruf ist<br>
mehr als eine frauenpolitische Forderung nach Anerkennung fachlicher<br>
Kompetenzen. Es geht dabei sowohl für Männer als auch für Frauen um
nicht<br>
weniger als ein Umdenken und Neubewerten von gesellschaftlicher Arbeit
– ob am<br>
Computer, im Haushalt, an der Werkbank, auf dem Spielplatz oder bei der
Pflege<br>
von Angehörigen.<br>
Für uns sind Quotierung, ein Gleichstellungsgesetz für die
Privatwirtschaft,<br>
gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit, bedarfsdeckender Ausbau von<br>
Ganztagseinrichtungen zur Kinderbetreuung zentrale politische
Forderungen. Die<br>
Trennung in männliche und weibliche soziale Rollen, die strukturelle<br>
Diskriminierung des weiblichen Geschlechts müssen aufgehoben werden.<br>
Wir wollen die bestehenden patriarchalen Regelungen im Sozial- und
Steuerrecht<br>
beseitigen. Soziale Beziehungen der Geschlechter müssen den Charakter
eines<br>
Herrschaftsverhältnisses verlieren. Wir fordern politische Instrumente,
die familiäre<br>
Abhängigkeiten aufheben und gegenseitige Verantwortung in allen<br>
unterschiedlichen Lebensformen stärken, denn die Institution der
bürgerlichen Ehe<br>
kann nicht die einzige anerkannte Familienform sein. Ein neues
Familienbild muss<br>
auch die Lebensweisen von Schwulen, Lesben, Bisexuellen und Transgendern<br>
einschließen. Notwendig ist eine aktive Politik für Menschen mit
Kindern, egal in<br>
welchen Beziehungsformen sie zusammen leben. Das Modell von der Rolle
des<br>
Mannes als alleinigem Ernährer der Familie gehört der Vergangenheit an.
Neue<br>
Beziehungen von Angehörigen entstehen. Sie benötigen rechtliche
Anerkennung.<br>
<b>6. Wissenschaft und Bildung, Medien und Kultur</b>: Beitrag zu
Aufklärung und<br>
Emanzipation statt Selbstvermarktung<br>
Die Ergebnisse der Wissenschaften und die Revolution der Informations-
und<br>
Kommunikationstechnologien haben die Chancen für die freie Entwicklung
der<br>
Einzelnen erhöht. Doch der Zugang zu Wissenschaft, Bildung, Kultur und<br>
Information ist gerade in Deutschland nicht allen in gleicher Weise
möglich.<br>
Neoliberale Strategien ordnen diese Potenziale der Standortkonkurrenz
und dem<br>
Zwang zur Selbstvermarktung unter. Statt auf umfassende Bildung wird auf<br>
kurzfristig verwertbares Wissen gesetzt. Die Möglichkeiten des
Bildungserwerbs<br>
werden unter diesem Blickwinkel eingeschränkt. Wissenschaftliche Arbeit
muss<br>
weit stärker auf die entscheidenden ungelösten Probleme der Gesellschaft<br>
konzentriert werden. Das verbietet eine Unterwerfung der Wissenschaft
unter<br>
betriebwirtschaftliche Kriterien.<br>
Ausgehend von der Verpflichtung des Staates zur weltanschaulichen und<br>
religiösen Neutralität treten wir für eine konsequente Trennung von
Staat und<br>
Kirche/Religion ein. Wir bekennen uns zur verfassungsmäßig garantierten<br>
Religions-, Bekenntnis- und Gewissensfreiheit als Grundsäule der
Demokratie und<br>
Aufklärung und lehnen gewaltsame Missionierung, staatlich verordnete<br>
Indoktrination und gesetzlich privilegierte Sonderstellungen von
Kirchen und<br>
Religionsgemeinschaften ab. Das religiöse und weltanschauliche
Bekenntnis ist<br>
ein Recht und die Freiheit des Individuums, Teil des intimen
Privatbereiches jedes<br>
Menschen.<br>
Mit unseren politischen Alternativen wollen wir die Teilhabe jedes
Menschen am<br>
gesamten Reichtum von Wissenschaft, Bildung, Kultur und Information<br>
ermöglichen, die kreativen Potenziale wecken und die Beteiligung an<br>
gesellschaftlicher Veränderung stärken. Das Recht auf unentgeltliche
Bildung<br>
gehört ins Grundgesetz. Wir fordern die Verwirklichung dieses
Grundrechts für<br>
alle, unabhängig von ihrer Nationalität, sozialen Lage, von Geschlecht
und<br>
besonderer körperlicher und geistiger Verfasstheit. Bildungserwerb,
kultureller<br>
Austausch und Medienkompetenz sollen ein eigenständiges und freies Leben<br>
ermöglichen. Wissenschaft und Kultur sind ein demokratisches Gut und der<br>
Allgemeinheit verpflichtet.<br>
Dazu gehören:<br>
- Bildung von Anfang an: Jedes Kind muss das Recht auf eine
gebührenfreie<br>
ganztägige Betreuung in Kindertagesstätten haben. Die öffentlich
getragene<br>
vorschulische Bildung muss aufgewertet werden.<br>
- längeres gemeinsames Lernen in einem wohnortnahen und öffentlichen<br>
Bildungssystem: Ziel ist eine integrative Schule für alle Kinder von
der ersten bis<br>
mindestens zur neunten Klasse, die eine soziale Auslese beendet und
Kinder und<br>
Jugendliche sowohl bei Lernschwächen als auch in ihren Begabungen
individuell<br>
fördert. Wir wollen Ganztagsschulen unterstützen und ein
flächendeckendes<br>
Angebot ganztägiger Bildung gewährleisten.<br>
- breite außerschulische Bildungsangebote: Das bezieht sich vor allem
auf<br>
umfangreiche Angebote der öffentlich getragenen Volkshochschulen,<br>
Musikschulen, Bibliotheken, Kinder- und Jugendklubs sowie Sportstätten.<br>
- das Grundrecht auf Ausbildung: Der Rückzug der Arbeitgeber aus ihrer<br>
Verantwortung für die berufliche Bildung muss gestoppt werden. Wir
setzen uns für<br>
ein flächendeckendes und auswahlfähiges Ausbildungsplatzangebot ein.
Dazu<br>
brauchen wir die gesetzliche Umlagefinanzierung.<br>
- die Abschaffung von Gebühren im Bildungsbereich: Bildung ist für uns
ein<br>
öffentliches Gut, das wegen seiner Bedeutung für die Gesellschaft und
jeden<br>
einzelnen Menschen kostenfrei zugänglich sein soll. Deshalb lehnen wir<br>
Studiengebühren in jeder Form ab und setzen uns für eine
Lehrmittelfreiheit an<br>
den Schulen ein. Schülerinnen, Schülern und Studierenden aus<br>
einkommensschwachen Haushalten muss wieder eine ausreichende<br>
Ausbildungsförderung gewährt werden.<br>
- die Demokratisierung der Hochschulen: Die profitorientierte
Einflussnahme auf<br>
Universitäten und Hochschulen soll zurückgedrängt und die öffentliche<br>
Finanzierung ausgebaut werden. Wir streben an den Hochschulen eine<br>
drittelparitätische Selbstverwaltung an. Der Zugang zu allen
Studienabschlüssen<br>
soll frei bleiben. Übergänge aus der beruflichen Bildung in die
Hochschulen<br>
müssen erleichtert werden.<br>
- Weiterbildung für alle: Wir fordern eine bessere Qualität in der
Weiterbildung und<br>
die öffentliche Verantwortung für diesen Bereich. Die ungenügende
öffentliche<br>
Finanzierung von Weiterbildung und die Reduzierung der Weiterbildung
auf die<br>
Sicherung von Beschäftigungsfähigkeit müssen gestoppt werden. Wir
treten ein für<br>
eine Ausweitung der Ausbildungsförderung auf den Weiterbildungsbereich
und für<br>
ein Bundesweiterbildungsgesetz.<br>
- eine Neuausrichtung der Forschung: Wir treten ein für die Stärkung der<br>
Grundlagenforschung, für ein ausgewogenes Verhältnis von theoretischer
und<br>
anwendungsorientierter Forschung und Lehre, für den Abbau hierarchischer<br>
Strukturen und größere Selbstständigkeit des wissenschaftlichen
Mittelbaus. Wir<br>
wenden uns gegen Patente auf Gene von Lebewesen oder Teilen von
Lebewesen,<br>
insbesondere von Menschen. Das gilt auch für Software und viele anderen<br>
Entwicklungen, die dem Nutzen der Menschheit dienen. Wir unterstützen
die Open<br>
Source- und Open Access Software-Bewegung.<br>
- kulturelle Freiheit und Vielfalt: Kultur- und Medienpolitik sollen
der Trägervielfalt<br>
kultureller Produktion gerecht werden, öffentliche und gemeinnützige
Institutionen,<br>
unabhängige Verlage, Studios, Agenturen und künstlerische
Produktionsfirmen<br>
fördern.<br>
- kooperativer Kulturföderalismus mit europäischer Dimension: Er hat
lebenswerte<br>
Kommunen zum Ausgangspunkt, die in der Lage sind, das regionale
Kulturleben in<br>
allen sozialen Milieus zu fördern und Freiräume für die kulturelle<br>
Selbstbestimmung aller Altersgruppen zu gewährleisten.<br>
- Informations- und Meinungsfreiheit: Wir wollen den
öffentlich-rechtlichen<br>
Rundfunk sichern und die Pressefreiheit in den Redaktionen der
Medienkonzerne<br>
stärken. Eine deutliche Verschärfung der Kartellgesetzgebung soll die<br>
Monopolisierung der Massenmedien beenden. Die Rechte der Urheberinnen
und<br>
Urheber gegenüber den Verwertungsunternehmen wollen wir stärken und
zugleich<br>
einen Ausgleich finden, damit die nichtkommerzielle Nutzung möglichst
wenig<br>
einschränkt wird.<br>
<b>7. Ein Neubeginn für Ostdeutschland und strukturschwache Gebiete<br>
Westdeutschlands statt Zurückbleiben und Spaltung</b><br>
Ostdeutschland braucht einen neuen Ansatz der Politik. Eine Politik des
»Weiter<br>
so« ist unverantwortlich. Es ist höchste Zeit für einen Perspektiven-
und<br>
Strategiewechsel, denn die Form der deutsch-deutschen Vereinigung und
der<br>
weitgehende Verzicht auf eine gestaltende Politik mit Blick für die
Spezifik der<br>
ostdeutschen Probleme haben das Land zwischen Elbe und Oder in eine<br>
strukturell abhängige Transferregion verwandelt. Überdies verschärft die<br>
Standortkonkurrenz die regionale Ungleichheit – auch zu Lasten<br>
strukturschwacher Regionen in Westdeutschland.<br>
Mit der Art und Weise eines achtungsvollen partnerschaftlichen
Zusammengehens<br>
unserer beiden Parteien zu einer neuen Linken haben wir zugleich ein
Zeichen für<br>
die Überwindung politischer und kultureller Gegensätze zwischen Ost und
West in<br>
Deutschland gesetzt.<br>
Unsere Partei wird auch bei künftig stärkerer Verankerung in West wie
Ost ihre<br>
historisch gewachsene besondere Verantwortung für die Vertretung
ostdeutscher<br>
Interessen im deutschen Parteiensystem wahrnehmen. Beim Beitritt der
DDR zur<br>
BRD sind wichtige Erfahrungen aus der DDR, wie eine umfassende<br>
Kinderbetreuung, ein modernes Schul- und Bildungssystem, die ökonomische<br>
Gleichstellung der Frauen, ortsnahe Kultureinrichtungen und das Prinzip
der<br>
Polikliniken, auf ihre eventuelle Übernahme für Gesamtdeutschland weder
geprüft<br>
noch übernommen worden. Dagegen wurden wissenschaftliche und kulturelle<br>
Potenziale, soziale Leistungsstandards und vielfältige direkte<br>
gesellschaftspolitische Mitwirkungsmöglichkeiten der Menschen in
Ostdeutschland<br>
zerstört, die Lebenserfahrungen und -leistungen vieler DDR-Bürgerinnen
und -<br>
Bürger missachtet und nicht als Bereicherung und Gewinn für ein
vereintes<br>
Deutschland angesehen.<br>
Wir wollen einen demokratischen und sozialen Wandel für die ganze<br>
Bundesrepublik und in diesem Rahmen besondere Anstrengungen für eine<br>
selbsttragende wirtschaftliche und soziale Entwicklung Ostdeutschlands.
Eine<br>
andere gesamtwirtschaftliche Politik in Deutschland ist dafür eine
notwendige<br>
Bedingung. Angesichts von Grundproblemen, die allein durch
Marktmechanismen<br>
nicht erfasst werden, verlangt die Gestaltung neuer Entwicklungswege für<br>
Ostdeutschland eine neue gesamtdeutsche Innovations-, Investitions- und<br>
Strukturpolitik sowie eine in den lokalen Räumen, Regionen und Ländern<br>
verstärkte Förderung der Selbstorganisation von unten.<br>
Notwendig sind besonders<br>
- Anerkennung und Respekt: Wir treten für die Achtung vor den
Lebensleistungen<br>
der Menschen in Ost und West ein. Wir wollen, dass die besonderen
Erfahrungen<br>
der Ostdeutschen nicht länger in den Wind geschlagen werden.<br>
Wir fordern gleichen Lohn für gleiche Arbeit und die Beseitigung aller<br>
Diskriminierungen Ostdeutscher im Rentensystem.<br>
- lebenswerte Rahmenbedingungen: Besonders für junge Menschen müssen<br>
Bildung, Kultur-, Freizeit- und Kinderbetreuungseinrichtungen,
interessante<br>
Arbeitsplätze und Vereinbarkeit von Familie und Beruf so entwickelt
werden, dass<br>
es sich lohnt, in Ostdeutschland zu bleiben.<br>
- eine neue Regionalpolitik: Das heißt vor allem eine Konzentration auf
die in allen<br>
Regionen vorhandenen, jedoch ganz unterschiedlichen
Entwicklungspotenziale –<br>
gleich ob Hightech, gewerbliche Wirtschaft, Hochschulen,
Gesundheitswirtschaft,<br>
Kultureinrichtungen, Naturtourismus, Bio-Landwirtschaft – und ihre
gezielte<br>
Förderung als Bedingung des Erhalts der vorhandenen und der Schaffung
neuer<br>
Arbeitsplätze. Notwendig ist die kooperative Verflechtung von
Wachstumszentren,<br>
strukturschwachen, ländlichen und peripheren Räumen. Erforderlich sind<br>
spezifische regionale Entwicklungskonzepte, die eine lebenswerte<br>
Zukunftsperspektive für alle Regionen schaffen.<br>
- verstärkte Investitionen in Bildung, Qualifikation und Forschung: von
den<br>
Kindertagesstätten über Hochschulen und Forschungseinrichtungen bis zu<br>
innovativen Unternehmen und Wirtschaftskreisläufen.<br>
- eine veränderte Industrie-, Landwirtschafts- und Strukturpolitik: Sie
soll<br>
Zukunftsbranchen und -unternehmen fördern und gemeinsam mit<br>
Wissenschaftseinrichtungen Zentren regionaler Wirtschaftsentwicklung
schaffen,<br>
die zur Stärkung regionaler Wirtschaftskreisläufe beitragen.
Bedingungen dafür<br>
sind ausreichende Kreditvergabe durch Landesbanken und Sparkassen an
die oft<br>
eigenkapitalschwachen ostdeutschen Unternehmen sowie Planungssicherheit
für<br>
die Verfügung über Mittel aus der EU, dem Bundeshaushalt und dem
Solidarpakt.<br>
Länder mit besonders großen Struktur- und Haushaltsproblemen sollen
statt der<br>
Hälfte nur noch einen kleineren Teil der Fördermittel kofinanzieren
müssen.<br>
<b>8. Internationale Politik und Europäische Union</b>: Eine Welt des
Friedens, der<br>
sozialen Gerechtigkeit und Demokratie statt Militarisierung und<br>
Privatisierung<br>
Das Ende des Kalten Kriegs wurde zum Beginn einer Welle neuer Kriege.
Der<br>
Kampf um die globale Vorherrschaft, den Zugang zu wichtigen Ressourcen
und<br>
geopolitische Kontrolle wird offen militärisch ausgetragen. Die
Rüstungsausgaben<br>
weltweit sind auf über 1.000 Milliarden Dollar gestiegen. Durch ihre<br>
Kolonialgeschichte und den Raubbau an Ressourcen, durch neoliberale
Politik und<br>
Militarisierung in diesen Regionen ist auch die EU erheblich für Armut,<br>
Bürgerkriege, Umwelt- und ethnische Konflikte in einer ganzen Reihe von<br>
Weltregionen mit verantwortlich.<br>
Eine Umkehr ist nötig. Unsere Außen- und Friedenspolitik hat ihre
Grundlage im<br>
Völkerrecht, strebt nach globaler Gerechtigkeit und der Verwirklichung
der<br>
Menschenrechte, verlangt Abrüstung und das weltweite Verbot von<br>
Massenvernichtungswaffen. Nur soziale Gerechtigkeit, nachhaltige
Entwicklung<br>
und Demokratie garantieren Stabilität und friedliche Zusammenarbeit.<br>
- Deutsche und europäische Außenpolitik muss Friedenspolitik werden:<br>
Wir bekämpfen den Krieg und lehnen die Militarisierung der deutschen<br>
Außenpolitik ab. Die Bundeswehr darf nicht weiter für
Militärinterventionen im<br>
Ausland eingesetzt werden. Aufgrund vielfältiger Erfahrungen ist die
Frage, ob<br>
internationale Militäreinsätze im Auftrag und unter Kontrolle der UN –
wenn es sich<br>
um Kampfeinsätze mit Berufung auf Kapitel VII der UN-Charta handelt –
unter den<br>
gegenwärtigen Bedingungen in regionalen Kriegs- und
Bürgerkriegskonstellationen<br>
zu einer Rückkehr in eine friedliche Entwicklung beitragen, zu
verneinen. Die<br>
Nutzung von Militärbasen auf dem Boden Deutschlands und in der EU für<br>
Aggressionskriege und menschenrechtsfeindliche Verschleppungen muss
beendet<br>
werden. Militärbündnisse wie die NATO wollen wir überwinden. Die
militärischen<br>
Potenziale Deutschlands und der EU müssen reduziert und in Richtung
einer<br>
strukturellen Nichtangriffs- und Nichtinterventionsfähigkeit umgebaut
werden. Wir<br>
wollen zivile Konfliktvorbeugung und -lösung als Alternative zu
Kriegseinsätzen.<br>
Militäreinsätze sind keine Lösung. Sie sind oftmals Teil des Problems.<br>
Deutschland und die EU sollen auf die Entwicklung und die Produktion von<br>
Angriffswaffen verzichten, Rüstungsexporte verbieten, die Stationierung
von<br>
Atomwaffen in Deutschland aufkündigen und Abrüstung zur Staatsaufgabe<br>
machen, auch durch mutige einseitige Schritte. Weltweite Abrüstung und
ein<br>
Verbot aller Massenvernichtungswaffen gehören auf die internationale<br>
Tagesordnung. Den Einsatz der Bundeswehr im Inland lehnen wir ab.<br>
- Errichtung einer gerechten Weltwirtschaftsordnung: Dazu gehören die
Kontrolle<br>
und Regulierung der internationalen Finanzmärkte, Stopp der
Privatisierung der<br>
öffentlichen Daseinsvorsorge, Überführung wichtiger Naturressourcen in<br>
Staatseigentum, eine umfassende Entschuldung armer Länder, die Anhebung
der<br>
Entwicklungshilfe auf über 0,7 Prozent des Bruttosozialprodukts der<br>
Industriegesellschaften. Nachhaltige Entwicklung sowie die
Wiederherstellung und<br>
der Ausbau sozialer Rechte müssen die kapitalorientierte
Neoliberalisierung<br>
ersetzen. Davon muss sich auch die deutsche Politik in den Vereinten
Nationen,<br>
der WTO und der Weltbank sowie in bilateralen Verträgen und europäischen<br>
Abkommen gegenüber Lateinamerika, Afrika und Asien leiten lassen.<br>
- Demokratisierung der UNO: Das Ziel der Charta der Vereinten Nationen,
eine<br>
Welt des Friedens und der Wahrung der Menschenrechte zu erreichen,
erfordert<br>
die weitere Stärkung und Demokratisierung der UNO, mehr Rechte der<br>
Vollversammlung und einen demokratischen Umbau des Sicherheitsrats.<br>
Verschleppungen, geheime Gefängnisse und Folter sind weltweit zu
ächten. Die<br>
Koordination der internationalen Anstrengungen für eine gerechte
Weltwirtschaftsund<br>
Sozialordnung sollte bei einer demokratisierten und gestärkten UNO
liegen.<br>
- Wandel der Europäischen Union: Wir treten dafür ein, dass sich die EU
von einer<br>
europäischen Wirtschafts- und Währungsunion zu einer europäischen<br>
Beschäftigungs-, Sozial-, Umwelt- und Friedensunion entwickelt.
Wichtige erste<br>
Schritte wären ein europäisches Zukunftsinvestitionsprogramm für Arbeit
und<br>
Umwelt und eine Mindestbesteuerung von Kapitalerträgen und<br>
Unternehmensgewinnen sowie eine demokratische Kontrolle der Europäischen<br>
Zentralbank. Nationalstaaten und Europäische Union müssen ein neues
Verhältnis<br>
eingehen. Der Schlüssel dafür ist die Demokratisierung der
Nationalstaaten und<br>
der EU. Wir lehnen eine Militarisierung der EU ab und fordern die
Auflösung von<br>
europäischen battle groups, den Verzicht auf europäische
Rüstungsprojekte,<br>
widersetzen uns europäischen Militäreinsätzen und treten für eine
Auflösung der<br>
US-Militärbasen in Europa ein. Notwendig ist eine humane und
demokratische<br>
europäische Asyl- und Flüchtlingspolitik, die verhindert, dass Europa
immer mehr<br>
zu einer Festung gegenüber Menschen aus ärmeren Teilen der Welt
ausgebaut<br>
wird.<br>
<b>IV. Für einen Richtungswechsel</b><br>
Noch herrscht der neoliberale Zeitgeist. Streiks gegen
Arbeitsplatzabbau,<br>
Demonstrationen gegen die Agenda 2010 und Hartz IV sowie Wahlerfolge der<br>
Linken zeigen, dass dies nicht so bleiben muss. Bürgerinnen und Bürger
beginnen,<br>
sich zu wehren. Es ist die strategische Kernaufgabe der Linken, zur
Veränderung<br>
der Kräfteverhältnisse als Voraussetzung für einen Richtungswechsel
beizutragen.<br>
Deshalb haben wir folgende strategische Ziele:<br>
- Auseinandersetzung mit der Ideologie des Neoliberalismus und
Entwicklung von<br>
Alternativen: Wir setzen der neoliberalen Ideologie alternative
Positionen eines<br>
anderen Entwicklungsweges entgegen. Diese werden wir mit den
Erfahrungen und<br>
Konflikten in den Betrieben und im Alltagsleben verknüpfen und in der
öffentlichen<br>
Auseinandersetzung populär und offensiv vortragen. Die wirtschaftlichen
und<br>
sozialen Probleme verstehen wir vor allem als Ergebnisse falscher,
neoliberal<br>
geprägter Antworten auf die neuen Herausforderungen unter dem Einfluss
von<br>
Kapitalinteressen sowie als Ausdruck von Krisenprozessen und
Widersprüchen,<br>
die die kapitalistische Ökonomie hervorbringt. In der öffentlichen
Debatte hebt DIE<br>
LINKE den Widerspruch zwischen einzelwirtschaftlicher und<br>
gesamtgesellschaftlicher Perspektive hervor. Dringlich sind Aufklärung,<br>
Öffentlichkeitsarbeit und Aktionen, breit angelegte Bildungsarbeit,
Bildung von<br>
Netzwerken und die Beteiligung an wissenschaftlichen Diskussionen.<br>
- Bündnis gegen den Neoliberalismus: Den neoliberalen Einfluss
zurückzudrängen<br>
wird nur dann gelingen, wenn sich in der Gesellschaft ein breites
Bündnis und eine<br>
politische Sammlungsbewegung für einen Richtungswechsel formieren. Wir
gehen<br>
von den gemeinsamen Interessen abhängig Arbeitender in Deutschland und
im<br>
europäischen und internationalen Maßstab aus. Wir wollen zu einem
sozialen<br>
Bündnis beitragen, das hoch qualifizierte Beschäftigte und
Kernbelegschaften wie<br>
auch in unsicheren und Teilzeitarbeitsverhältnissen Tätige sowie
Erwerbslose,<br>
Selbstständige und sozial orientierte Unternehmerinnen und Unternehmer<br>
zusammenführt. Wir werden Bündnisse gegen Rechtsextremismus, Rassismus<br>
und Antisemitismus unterstützen. Wir wollen alle Menschen ansprechen,
die sich<br>
für soziale Gerechtigkeit, Emanzipation und mehr Demokratie, Frieden und<br>
Erhaltung der Natur einsetzen, unabhängig von ihrer Herkunft und<br>
Weltanschauung.<br>
- strategische Zusammenarbeit: Die Veränderung der gesellschaftlichen<br>
Kräfteverhältnisse ist nur möglich, wenn sich die politische Linke
gemeinsam mit<br>
starken Kräften der Gewerkschaften, globalisierungskritischen und
anderen<br>
sozialen Bewegungen, mit gesellschaftskritischen Initiativen und
progressiven<br>
Vertretern aus Wissenschaft und Kultur aktiv gegen den Neoliberalismus
und alle<br>
Unterdrückungsverhältnisse in der Gesellschaft stellt. Als Partei
werden wir die<br>
Anliegen und Aktivitäten dieser Bewegungen aufgreifen und unsere eigenen<br>
Funktionen wahrnehmen. Wir werden unsere Mitglieder bestärken, in diesen<br>
Bewegungen aktiv mitzuwirken.<br>
- außerparlamentarische und parlamentarische Arbeit: Wir werden
Bürgerinnen<br>
und Bürger gegen Machtbestrebungen der herrschenden Klasse mobilisieren
und<br>
uns für eine neue Sammlungsbewegung einsetzen. Politische Kämpfe und
Wahlen<br>
dienen uns dazu, unsere alternativen Reformprojekte zu vertreten und
Mehrheiten<br>
für ihre Durchsetzung zu gewinnen. Die parlamentarische Arbeit werden
wir so<br>
gestalten, dass sie der Zusammenarbeit mit außerparlamentarischen
Kräften der<br>
Linken, der öffentlichen Darstellung eigener Reformvorschläge und dem<br>
Einbringen alternativer Gesetze, der Transparenz politischer Prozesse,
der<br>
Untersuchung des Missbrauchs politischer Macht, der Entwicklung neuer<br>
gesellschaftlicher Kräfteverhältnisse und politischer Mehrheiten dient.
Alle<br>
Landtags- und Bundestagsabgeordnete sollen verpflichtet werden, Angaben
über<br>
die Höhe Ihrer Einkünfte zu veröffentlichen. Es soll zusätzlich
transparent sein von<br>
wem diese bezogen werden.<br>
- gesellschaftlicher Protest, Entwicklung von Alternativen und<br>
Gestaltungsanspruch: DIE LINKE wird gesellschaftlichen Protest, den
Einsatz für<br>
soziale Verbesserungen und die Entwicklung von Reformalternativen unter
den<br>
gegebenen kapitalistischen Verhältnissen und die Gestaltung von<br>
Entwicklungswegen, die über die gegenwärtige Gesellschaft hinausweisen,<br>
zusammenführen. Keiner dieser drei Aspekte darf zu Gunsten der anderen<br>
vernachlässigt werden.<br>
- Regierungsbeteiligung: Sie ist für DIE LINKE ein Mittel politischen
Handelns und<br>
gesellschaftlicher Gestaltung, wenn dafür die notwendigen Bedingungen
gegeben<br>
sind und wenn DIE LINKE sich mit alternativen linken Projekten
öffentlich<br>
erkennbar profiliert. Maßstäbe für Regierungsbeteiligungen sind die
Verbesserung<br>
der Lage von Benachteiligten und die Verstärkung politischer
Mitbestimmung, die<br>
Durchsetzung alternativer Projekte und Reformvorhaben. Sie muss die<br>
Veränderung der Kräfteverhältnisse nach links und die Einleitung eines<br>
Politikwechsels fördern. DIE LINKE wird aber nur unter Beachtung ihrer<br>
Grundsätze Koalitionen mit anderen Parteien eingehen. Öffentliche<br>
Daseinsvorsorge darf nicht privatisiert werden. DIE LINKE wird in
Regierungen<br>
dafür eintreten, öffentliche Dienstleistungen für Bürgerinnen und
Bürger nicht<br>
durch Personalabbau zu verschlechtern und Kürzungen sozialer Leistungen
nach<br>
Kräften zu verhindern. DIE LINKE ist – auch in der Regierung – nur so
stark, wie<br>
sie in der Gesellschaft verankert ist und gesellschaftliche
Unterstützung erfährt.<br>
Linke Politik braucht treibende Kritik, öffentlichen Druck und<br>
außerparlamentarische Mobilisierung.<br>
- parlamentarische Bündnisse mit anderen politischen Kräften: Wir gehen
solche<br>
Bündnisse ein, wenn dies den von uns angestrebten Richtungswechsel der
Politik<br>
befördert. Wir stehen zugleich für einen neuen Politikstil der
Transparenz, des<br>
gesellschaftlichen Dialogs und der direkten Bürgerbeteiligung. Den<br>
unterschiedlichen Möglichkeiten politischen Wirkens auf kommunaler,
Landes-,<br>
Bundes- und europäischer Ebene werden wir in unserer Politik Rechnung
tragen.<br>
Entscheidend für die Durchsetzung eines Politikwechsels ist dabei die<br>
bundespolitische Ebene. Hier liegen die meisten Kompetenzen, die dafür<br>
notwendig sind, hier erfolgen die meisten Weichenstellungen.<br>
- Wirken in der Partei der Europäischen Linken: Die Partei der
Europäischen<br>
Linken ist ein neuer Faktor im politischen Leben Europas. Ebenso wie
unsere<br>
Partei in Deutschland ist sie ein Schritt der Vereinigung der Linken
und bietet die<br>
Möglichkeit, gemeinsam das Kräfteverhältnis in Richtung eines sozialen,<br>
demokratischen und friedlichen Europa zu verschieben.<br>
Wir wollen eine Welt schaffen, in der die Würde jeder und jedes
Einzelnen wirklich<br>
unantastbar ist, in der soziale Gerechtigkeit, Freiheit und
Selbstbestimmung,<br>
Demokratie und Frieden vereint sind, in der die Menschen im Gleichklang
mit der<br>
Natur leben. Dazu wirken wir für ein breites Reformbündnis. Gemeinsam
streiten<br>
wir dafür, dass der Kapitalismus nicht das letzte Wort der Geschichte
ist.<br>
<b>V. Nachbemerkung</b><br>
Die vorgelegten »Programmatischen Eckpunkte« sind in einem intensiven<br>
Diskussionsprozess innerhalb der Gemeinsamen Programmgruppe von<br>
Linkspartei.PDS und WASG entstanden. Vielfältige Bemerkungen, Hinweise
und<br>
Vorschläge aus beiden Parteien wurden in die Erarbeitung einbezogen.
Sichtbar<br>
wird, dass die »Eckpunkte« auf einem soliden Fundament gemeinsamer<br>
programmatischer Auffassungen beruhen. Zugleich zeigt sich, dass eine
Reihe<br>
von Problemen und Fragen weiter diskutiert und Antworten gefunden werden<br>
müssen. Als Anregung für die folgenden Debatten zur Programmatik der
neuen<br>
linken Partei seien einige Fragen benannt:<br>
- Welche Möglichkeiten und Instrumente einer Demokratisierung der
Wirtschaft<br>
und der Unterwerfung der Verfügungsgewalt über Eigentum unter soziale
Kriterien<br>
gibt es? Inwieweit müssen dazu auch kapitalistische
Eigentumsverhältnisse<br>
aufgehoben werden? Wie soll eine demokratische Steuerung der Grundlinien<br>
wirtschaftlicher Entwicklung realisiert werden?<br>
- Was gilt der neuen linken Partei als erstrebenswertes Verhältnis von<br>
zivilgesellschaftlichem Engagement, Marktregulation, nationalem
Sozialstaat und<br>
internationalen Institutionen?<br>
- Kann die Forderung nach Vollbeschäftigung noch ein realistisches Ziel<br>
alternativer Politik sein? Sind unsere politischen Konzepte
hinreichend, dieses Ziel<br>
zu erreichen?<br>
- Inwieweit ist der Prozess der Globalisierung demokratisch und sozial
gestaltbar,<br>
und welche Möglichkeiten hat nationalstaatliche Politik noch?<br>
- Ist es ausreichend, eine bedarfsorientierte soziale Grundsicherung
für Menschen<br>
in sozialer Not zu fordern, oder ist ein bedingungsloses individuelles<br>
Grundeinkommen als Rechtsanspruch für alle Bürgerinnen und Bürger zu<br>
verlangen?<br>
- Was bedeutet es und was wäre zu leisten, wenn weibliche Autonomie in
den<br>
Mittelpunkt feministischer sozialistischer Politik rücken und eine
politische<br>
Ökonomie der Frauenunterdrückung überwunden werden soll, in der Frauen
mehr<br>
arbeiten als Männer, aber als weniger produktiv bewertet werden?<br>
- Mit welchen realen Widersprüchen und Konflikten werden wir bei unserem<br>
Eintreten für den Erhalt und Ausbau öffentlichen Eigentums künftig
konfrontiert<br>
werden, und wie verhalten wir uns dazu?<br>
- Wie stehen Linke in der Menschenrechtsfrage zum Verhältnis von
sozialen und<br>
individuellen Bürgerrechten?<br>
- Begründen wir linke Politik vorrangig aus der Bezugnahme auf die
Sorgen und<br>
Nöte, Bedürfnisse und Interessen der Mehrheit der Bevölkerung,
insbesondere der<br>
abhängig Arbeitenden und der sozial Benachteiligten, oder vorrangig aus<br>
Wertorientierungen und politischen Zielvorstellungen? Welche Bedeutung
hat der<br>
Bezug auf Klasseninteressen und -kämpfe für unsere Politik?<br>
- Welches sind die besonderen Aufgaben einer Partei im Unterschied zu
sozialen<br>
Bewegungen? Wie ist das Verhältnis zwischen außenparlamentarischer und<br>
parlamentarischer Arbeit zu gestalten? Unter welchen Bedingungen kann
sich eine<br>
linke Partei an einer Regierung auf Landes- bzw. Bundesebene beteiligen?<br>
--------------------------------------------------------------------------------------- 
speziell <u><b>Atomausstieg:<br>
</b></u>
<h1>Den Atomausstieg beschleunigen anstatt ihn abzubrechen</h1>
<p class="csc-subheadercsc-subheader-0">Zur gemeinsamen Erklärung von
Verdi und
IGBCE und den Energiekonzernen </p>
<p class="bodytext">Laut einer aktuellen Emnid-Umfrage sind 75 Prozent
der
Bevölkerung für den unumkehrbaren Ausstieg aus der Atomenergie. Man
könnte
meinen, diese Mehrheit – die in Deutschland ungefähr seit dreißig
Jahren
zwischen 65 und 90 Prozent schwankt, je nach Aktualität und Hitzigkeit
der
öffentlichen Debatte – ist ausreichende Grundlage für eine klare
Politik der
raschen Beendigung der Nutzung der Atomenergie zur Energieerzeugung.
Gäbe es in
Deutschland das Recht auf einen verbindlichen Volksentscheid, so wäre
schon vor
einem Vierteljahrhundert das in jeder Hinsicht unverantwortliche
Abenteuer
Atomstrom beerdigt worden, wie in anderen Ländern geschehen, die
dadurch
keinerlei Rückschritt in ihrer technischen, wirtschaftlichen und
energiepolitischen Entwicklung hinnehmen mussten. </p>
<p class="bodytext"> </p>
<p class="bodytext">Stattdessen hat sich in der Bundesrepublik die
Regierungspolitik immer einem mächtigen Kartell aus den großen
Energiekonzernen,
der Kraftwerksindustrie und auch militärpolitischen Strategen
unterworfen, das
um jeden Preis eine Weiterentwicklung und Forschung sowie industrielle
Nutzung
der Atomenergie sicherstellen wollte. Es ist nicht nur wie heute der
Iran, der
aus einer Mischung von falscher Energiepolitik und
militärisch-industriellen
Machtphantasien auf seiner Atomtechnologie beharrt. Die entscheidenden
Kräfte
in Deutschland seit den fünfziger Jahren waren und sind recht ähnlich
orientiert. Leider haben sich auch immer wieder – vor allem dann, wenn
der
öffentliche Druck gegen die Atomenergie nachließ – der DGB oder die
Einzelgewerkschaften mit hanebüchenen und rein ideologischen
Erklärungen ihrer
Spitzengremien diesem Kartell angeschlossen, obwohl fast alle
Gewerkschaftstage
seit den achtziger Jahren eindeutige Beschlüsse gegen den weiteren Weg
in den
Atomstaat gefasst haben. </p>
<p class="bodytext"> </p>
<p class="bodytext">Dass sich die Vorstände der IG Bergbau, Chemie,
Energie und
Ver.di jetzt zusammen mit den vier Atomkraftwerke betreibenden
Konzernen
EnBW-AG, E.ON-AG, RWE AG und Vattenfall Europe AG in einer gemeinsamen
Erklärung zu Wort melden, ist deshalb nicht ganz so überraschend. Ein
gemeinsames Interesse zwischen diesen beiden Gruppen besteht dadurch
allerdings
immer noch nicht. Die unterzeichnenden Gewerkschafter machen sich
leider zu
einem Büttel enger Unternehmerinteressen, die im Gegensatz zur Mehrheit
der
Bevölkerung, zur Mehrheit der Gewerkschaftsmitglieder und auch zur
Mehrheit der
Beschäftigten in den betroffenen Betrieben stehen. </p>
<p class="bodytext"> </p>
<p class="bodytext">Die gemeinsame Erklärung ist eine reine
Kampfschrift der
Arbeitgeberseite, um auf die laufenden Koalitionsverhandlungen zwischen
CDU und
SPD Einfluss zu nehmen. Sie zielt ausdrücklich auf den Themenkomplex,
wo schon
im Wahlkampf, noch mehr aber sofort nach Kenntnis des Wahlergebnisses,
eine
Schwachstelle bei der SPD vermutet wurde. Die wird nach sieben Jahren
„Rot-Grün“ nach wie vor verdächtigt, bei den angeblich
industriefeindlichen
„grünen“ Themen einzuknicken. Die rot-grüne Regierung hat in der Bilanz
der
Arbeitgeber – im Gegensatz zu einigen Fensterreden – fast alles richtig
gemacht: Privatisierung der öffentlichen Dienste, Senkung der Löhne und
Gehälter, Militarisierung der Außenpolitik, Kostensenkung bei den
Sozialleistungen und Einschränkung der Arbeitnehmerrechte. Einzig in
der
Umwelt- und Energiepolitik mussten einige Kröten geschluckt werden:
Ökosteuer,
Atomausstieg, Förderung der regenerativen Energie, Dosenpfand und
restriktiver
Einstieg in die Zertifikats-Wirtschaft mit CO-2-Emissionsrechten.
Jürgen
Trittin war aus der Perspektive, was von „Rot-Grün“ bei den WählerInnen
mal
erwartet und was zum kleinen Teil noch in der Koalitionsplattform
vereinbart
wurde, der erfolgreichste Minister in den sieben Jahren. Deshalb hat
ihn die
Bild-Zeitung ja auch so geliebt und die SPD-Riege hat neidisch geguckt.
</p>
<p class="bodytext"> </p>
<p class="bodytext">Der Bundesverband der deutschen Industrie hat fast
zeitgleich
mit der „Gemeinsamen Erklärung“ einen Text mit „energiepolitischen
Kernforderungen an die 16. Legislaturperiode“ vorgelegt, der noch
deutlicher
die Forderungen unterstreicht: keine weitere Besteuerung der Energie
und
weitere Ausnahmen für Energiegroßverbraucher, längere Laufzeit der
Atomkraftwerke, Wiederaufnahme der Untersuchungen in Gorleben und
Schacht
Konrad für ein Atommülllager, Begrenzung der Einspeisungsverpflichtung
für
erneuerbare Energie gemäß „europäischer Vorgaben“ und die Aufweichung
der
sowieso schon bescheidenen Emissionen reduzierenden Wirkung der
Co-2-Zertifikate, indem sie billiger oder gar kostenlos und zahlreicher
zugeteilt werden. </p>
<p class="bodytext"> </p>
<p class="bodytext">Die Kampfschrift der Energiekonzerne mit der
Unterschrift von
IG-BCE und Verdi klagt über hohe Energiepreise. Dabei sind sie es, die
diese
Preise hochtreiben und seit Jahren davon profitieren. Sie haben auf
ihre
spezielle Weise die von den Unternehmern immer so hoch gepriesene und
geforderte Liberalisierung der Strommärkte verzögert und eingeschränkt,
um so
lange wie möglich ihre Monopolextraprofite zu sichern, sie verteidigen
hartnäckig die angeblich unantastbare Koppelung der Gas- an die
Ölpreise, und
sie verlangen schamlos einen staatlichen Ausgleich, wenn sie
industriellen
Großkunden einen Sondertarif für Energie einräumen. </p>
<p class="bodytext"> </p>
<p class="bodytext">Der von der rot-grünen Regierung mit den
Energiekonzernen
ausgehandelte „Konsens zum Atomausstieg“ kannte im Grund nur einen
Gewinner:
die Betreiber der Atomanlagen. Nicht eine Anlage wird abgeschaltet,
ohne dass
die Energiewirtschaft es nicht aus ökonomischen Gründen auch will. Die
Laufzeiten der Anlagen sind jetzt schon fast beliebig zu verlängern,
weil alle
Produktionszeiten miteinander verrechnet werden können. Die
Atomwirtschaft hat
ein simples Finanzinteresse: sie möchte auch noch die letzten, alten
und
besonders gefährlichen Anlagen, die betriebswirtschaftlich schon lange
abgeschrieben sind, so lange wie möglich laufen lassen, weil jede
Kilowattstunde reiner Gewinn ist. Das Atomausstiegsgesetz befreite die
Anlagenbetreiber von einer effektiven Haftung bei Großunfällen, es
sicherte
Steuerfreiheit für die gewaltigen Rücklagen der Konzerne zu, die für
ein
Atommülllager gedacht sind, aber beliebig für Finanzgeschäfte benutzt
werden
können und es sicherte die weitere Forschung sowie Absicherung von
Atomkraftexporten zu. Dass die Unternehmen jetzt dennoch zum Marsch
blasen,
soll lediglich die letzten Barrieren schleifen, die einer
Wiederaufnahme von
neuen atomaren Kraftwerksbauten – auf Basis des ohne Unterbrechung
weiter
entwickelten europäischen Druckwasserreaktors EPR – und einem
Weiterbetrieb der
bestehenden Anlagen ohne große Verrechnereien der Gesamtproduktion
entgegen
stehen. </p>
<p class="bodytext"> <br>
Die WASG ist gegen die Nutzung der Atomenergie, ob militärisch oder
zivil.
Viele ihrer Mitglieder arbeiten in der Umweltbewegung oder setzen sich
dafür
ein, dass auch die Gewerkschaften eine konsequente Haltung gegen die
Atomanlagen einnimmt. </p>
<p class="bodytext"><b>Warum sind wir gegen Atomenergie?<o:p></o:p></b></p>
<p class="bodytext">- sie ist unbestritten eine permanente Gefahr für
die
Menschen. Sowohl die Niedrigstrahlungsbelastung im Dauerbetrieb als
auch die
stete Gefahr großer und größter Unfälle ist nicht hinnehmbar </p>
<p class="bodytext">- sie erzeugt mit dem radioaktiven Abfall ein
Problem, das
die Menschheit für zehntausende von Jahren bindet. Für den atomaren
Müll ist
noch nirgendwo in der Welt eine technisch befriedigende Lösung gefunden
worden,
dennoch wird permanent neuer Atommüll produziert. </p>
<p class="bodytext">- Atomkraftwerke sind beispielhaft für die
Sackgasse einer
nur von privaten Unternehmensinteressen geleiteten Energiepolitik. Die
Konzentration auf gigantische Großkraftwerke ist selbst bei allerbester
heutiger Technik ein "thermodynamischer overkill" und eine
gleichzeitig verschwenderische wie unsichere Form der Energieversorgung
</p>
<p class="bodytext">- Die Atomenergie erfordert eine dauernde gewaltige
"Sicherheits"- und Überwachungskultur, sowohl um den Betrieb zu
gewährleisten, um Katastrophenpläne minimal einsatzfähig zu halten und
letztlich natürlich auch um Sabotage, Terror und Kriegseinsätze gegen
Atomkraftwerke zu minimieren. </p>
<p class="bodytext">- die "friedliche Nutzung" der Atomenergie ist von
einer militärischen nicht zu trennen, wie zahllose Beispiele aus der
jüngsten
Geschichte beweisen. Damit sind die Atomenergie und die ungleiche
Verfügungsmacht darüber einerseits eine Verfestigung der gegenwärtigen
weltweiten Machtkartelle und militärischen Großmächte, andererseits
auch
Bedrohung durch atomare Aufrüstung neuer Mächte. </p>
<p class="bodytext">- Die Atomenergie ist selbst nach Bekunden ihrer
Betreiber
nur eine "Übergangsenergie". Die weltweiten Uranvorräte sind bei
heutigem Verbrauch in weniger als 70 Jahren aufgebraucht, künstliche
Spaltstoffe, wie Plutonium, verlängern diese Frist nicht (siehe das
Ende der
"Schnellen Brüter"-Technologie) und erhöhen zudem das
Gefahrenpotenzial immens. </p>
<p class="bodytext">Für eine solche unvernünftige und zeitlich begrenzt
nutzbare
Energie den gigantischen Preis der oben beschriebenen Gefahren zu
bezahlen ist
politischer Irrsinn. </p>
<p class="bodytext"> Das Argument, man benötige die Atomenergie, um
heute
den CO-2-Ausstoß und die Klimabeeinträchtigung zu mindern, ist nicht
stichhaltig. Die Atomenergie bindet gewaltige Mengen Kapital (die im
Übrigen
seit Anbeginn nur deshalb betriebswirtschaftlich lohnend eingesetzt
wurden,
weil sie staatlich und halbstaatlich kontinuierlich subventioniert von
den
wirklichen Folgekosten befreit wurden). Die werden von der Entwicklung
wirklicher dauerhafter und ökologisch verträglicher Energiegewinnung
abgezogen.
Allein durch ein mit dem Geld der Atomenergie finanziertes
Energieeinsparungsprogramm könnten heute sämtliche Atomkraftwerke in
kürzester
Zeit ersatzlos eingespart werden. </p>
<p class="bodytext"> <br>
<b>Und schließlich:</b> </p>
<p class="bodytext">trotz Dauerberieselung durch der Atomenergie
ergebener Medien
ist heute immer noch die Mehrheit der Menschen gegen den Ausbau der
Atomenergie. Fast 80 Prozent der Menschen wollen keine Atomanlage in
ihrer
Nähe. Die WASG wäre schlecht beraten, Politik gegen die Mehrheit der
Menschen
machen zu wollen. </p>
<p class="bodytext"> <br>
<b>Deshalb sind wir</b> </p>
<p class="bodytext">- für den sofortigen Ausstieg aus der Atomenergie </p>
<p class="bodytext">- für eine Erweiterung des
Atomwaffensperrvertrages, der auch
die Atommächte verbindlich zu Stopp der Atompolitik und Abrüstung
zwingt </p>
<p class="bodytext">- für die Förderung von dauerhaften Energien wie
Sonne, Wind,
Wasser </p>
<p class="bodytext">- für ein (im übrigen auch Beschäftigung
schaffendes)
Energiesparprogramm, das weiter reicht als die kargen Programme des
Herrn
Trittin </p>
<p class="bodytext">- für die Konversion der Produktion in den der
Atomindustrie
zuarbeitenden Betrieben unter Beschäftigungsgarantie und
Weiterbildungsprogrammen für die Belegschaften </p>
<p class="bodytext">- für eine langfristige Entwicklung von
kleinräumiger,
verlustarmer und dezentraler Energieversorgung </p>
<p class="bodytext">- für die Rückführung aller energieintensiven
Produktionslinien (z.B. radikale Einsparung von Aluminium) </p>
<p class="bodytext">- für eine Umorientierung des Verkehrssektors auf
kollektive
und umweltverträgliche Beförderungssysteme </p>
<p class="bodytext">- für die Auflösung der Lobbyistenvereine für die
Atomindustrie </p>
<p class="bodytext">Die WASG fordert alle auf, sich an den Protesten
gegen die
neue Offensive der Energiekonzerne und gegen die Hilfsdienste von
IG-BCE und
Verdi zu beteiligen. Als Mindestforderungen muss auch von der neuen
Regierung
garantiert werden, dass </p>
<p class="bodytext"> 1. die Restlaufzeiten nicht verlängert und keine
Restlaufzeiten anderer Anlagen auf die AKWs Biblis A und B, Brunsbüttel
und
Neckarwestheim 1 übertragen werden. Stattdessen braucht es einen
raschen
Ausstieg aus der Atomkraft. Atomausstieg heißt Abschalten. </p>
<p class="bodytext">2. der Stopp der Erkundungsarbeiten im Gorlebener
Salzstock
weiter bestehen bleibt. Dieser und der Schacht Konrad müssen als völlig
ungeeignete Endlageroptionen verworfen werden. </p>
<p class="bodytext">3. Atomtechnologie nicht wieder Exportgut wird. </p>
<p class="bodytext">4. die zukunftsweisende Förderung von Alternativen
durch das
Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) fortgesetzt und weiterentwickelt
wird. <br>
</p>
<p class="bodytext"><i>Thies Gleiss<br>
(Umweltpolitischer Sprecher des Bundesvorstandes der WASG)<o:p></o:p></i></p>
<p class="MsoNormal"><!--[if !supportEmptyParas]--> <br>
</p>
<br>
<br>
</body>
</html>