Hallo Jörg,<br><br>um es kurz zu machen: Ich habe Deine Email komplett gelesen :-) und stimme Dir in allem zu.<br><br>Stell mich ruhig in die liberale Ecke :-) Wenn man schon einem Ismus angehören muss, dann ist mir Dieser der Liebste.<br><br>Ich möchte aber noch einen Punkt ergänzen und erläutern, warum das Grundeinkommen für die Demokratie so wichtig ist. Die Demokratie wird oft so reduziert, als wäre sie ein Mechanismus zur Entscheidungsfindung. Das ist auch richtig. Sie ist aber mehr. Es gibt auch gesellschaftliche Aufgaben, die sich nicht durch eine Entscheidung lösen lassen: Kooperations- und Koordinationsaufgaben, z.B.:<br><br>Wie finden wir zu einem Zusammenleben, das unserer Gesellschaft entspricht?<br><br>Diese Aufgabe kann nicht entschieden und von oben aufgezwungen werden. Die Politik tut aber oft so, als ginge das. Sie zerstört dabei Werte, bzw. verhindert, dass Werte entstehen. Tugenden wie Fleiß, Sparsamkeit, Ehrlichkeit, Respekt, Engagement, Mitgefühl,
 Charakter und Verantwortung werden im heutigen System oft nicht mehr belohnt. Warum soll ich Verantwortung für meine Mitmenschen übernehmen, wenn das doch der Staat schon tut? Diese Tugenden haben ihren Sinn verloren, weil der Staat sich um alles kümmert. Sie werden ersetzt durch das Streben so zu sein, wie der Staat einen haben möchte. Und alles, was ich vom Staat zu erwarten habe, ist Geld. Mehr ist nicht übrig gebleiben. Das ist es was heute zählt.<br><br>Das Pradoxon ist, dass es genau diese Werte sind, die die Gesellschaft braucht, um sich von unten heraus zu entwickeln. Und welche Politiker sind es dann, die diesen Werteverfall als Erstes beklagen?<br><br>Das Grundeinkommen (neben anderen Werkzeugen) ermöglicht eine soziale Gesellschaft, die sich von unten heraus entwickeln kann und dabei jeden Menschen so sein lässt, wie er ist.<br><br>Guido<br><br><br><b><i>Joerg Drescher <iovialis@gmx.de></i></b> schrieb:<blockquote class="replbq" style="border-left: 2px
 solid rgb(16, 16, 255); margin-left: 5px; padding-left: 5px;"> Hallo Guido (und der Rest der Liste),<br><br>mir soll es recht sein, über die Demokratie als Solche zu sprechen. Die<br>Forderung, Demokratie weiterzuentwickeln, besteht nicht erst seit gestern.<br>Ich kam mit diesem Aufruf durch das Buch "Demokratie am Wendepunkt" von<br>Werner Weidenfeld in einem darin enthaltenen Referat von Prof. Dr. Yehezkel<br>Dror 1997 in Berührung, als ich in der forensischen Abteilung saß und viel<br>Zeit zum Nachdenken hatte. In diesem Aufsatz ging es darum, eine neue<br>politische Philosophie zu entwerfen, die sich vor allem mit der<br>Globalisierung beschäftigt. Schon viel früher (seit meiner Schulzeit in den<br>80ern) beschäftigte ich mich mit Fragen, die Staat und Gesellschaft<br>betreffen.<br><br>Demokratie wird heute meist als Verfahren verstanden, über Abstimmungen<br>Entscheidungen zu treffen. Mehrheitsbeschlüsse sollen dazu dienen,<br>Entscheidungen zu fällen. Dies geht sogar
 soweit, daß es Bewegungen gibt,<br>die Volksentscheide wünschen. Ich frage mich allerdings, was das denn werden<br>soll. Die Abstimmung ist ein Beschlußverfahren und kein Entscheidungsprozeß.<br>Für mich ist ein Mehrheitsbeschluß die Diktatur der Mehrheit und hat in<br>meinen Augen wenig mit der ursprünglichen Idee einer Demokratie zu tun.<br><br>Wenn ich mir ansehe, daß ich spätestens alle vier Jahre abstimmen kann,<br>welches Parteipaket ich als Ganzes wähle, bekomme ich eine Gänsehaut. Da<br>gefällt mir z.B. die Umweltpolitik der Grünen, dann die Sozialpolitik der<br>Linken (incl. SPD) und ums Rund zu machen: die Wirtschaftspolitik der<br>CDU/CSU. Aber ich muß mich für ein Gesamtpaket entscheiden - jeder muß das.<br>Was aber, wenn mir die Sozial- und Umweltpolitik der CDU/CSU nicht gefällt?<br>Dann kann ich nur hoffen, daß genügend andere mehr Wert auf die Politik der<br>Grünen setzen, damit mein gewolltes Umweltthema auch Einzug in den<br>Entscheidungsprozeß der
 Regierung bekommt. (Ich habe bei der letzten Wahl<br>nicht die CDU gewählt - das war ein Beispiel!).<br><br>Die Geschichte der Staatstheorien geht weit zurück und sollte als solche<br>auch Betrachtung finden. Die meisten Politiker studieren Jura, statt sich<br>mich den philosophischen Grundlagen auseinanderzusetzen (mit Jura kann ich<br>wenigstens Geld verdienen, wenn ich als Politiker nichts tauge - als<br>Philosoph wird das schon bedeutend schwieriger). Die Grundlage jeder<br>Staatstheorie ist dabei ein Menschenbild. Da gibt es welche, die den<br>Menschen von Natur aus "gut" finden und bauen ein idealistisches<br>Staatsmodell darauf auf. Dann gibt es welche, die den Menschen von Natur aus<br>"schlecht" finden und begründen ein strenges Staatsmodell damit. Mir ist<br>eigentlich kein Staatsmodell bekannt, das den Menschen so nimmt, wie er ist:<br>nämlich in der einen Situation "gut", in der anderen "schlecht" - wesentlich<br>dafür ist, daß der Mensch Eigenschaften und
 Fähigkeiten hat, die ihn "gut"<br>oder "schlecht" machen (ich bin auch nicht nur "gut"). Die Gleichheit (ich<br>wiederhole mich) beruht auf den biologischen Grundfunktionen, die Leben<br>überhaupt ermöglichen.<br><br>Demokratie war im alten Griechenland eine Methode (teilweise auch<br>umstritten), in relativ kleinen Gemeinschaften (den Stadtstaaten) zu<br>Entscheidungen zu gelangen und darüber abzustimmen. Die Entscheidungsfindung<br>war in jenen Stadtstaaten allerdings aufgrund der Größe unter Beteiligung<br>der Bürgerschaft möglich (nicht jeder war Bürger, vor allem Frauen nicht).<br>Die heutige Demokratie basiert auf der Idee, Repräsentanten auszuwählen, um<br>Entscheidungen zu finden und darüber abzustimmen (durchaus sinnvoll, wenn<br>man bedenkt, welcher Aufwand es wäre, alle Europäer zu jedem Thema zu<br>befragen).<br><br>Deine Forderung (im Beitrag an Manfred), daß der Staat sich nicht in Dein<br>Leben einmischt, ist ein liberalistischer Grundsatz. Im Zentrum
 des<br>Liberalismus steht das Individuum, dessen Freiheit zu sichern und<br>verteidigen die oberste Aufgabe des Staates sei. Die individuelle Freiheit<br>ist nach liberaler Überzeugung die Grundnorm und Basis einer menschlichen<br>Gesellschaft, auf die hin der Staat und seine politische wie wirtschaftliche<br>Ordnung auszurichten seien. Wo die Freiheit des Einzelnen berührt wird, habe<br>jede, auch die staatliche Gewalt zu enden - der Staat habe nur dann<br>einzugreifen, wenn die Freiheit der Individuen verletzt wird. Seine Rolle<br>habe sich vorrangig auf den Erhalt von Recht und Freiheit zu beschränken.<br>Dem Einzelnen solle durch sein Mehr an Freiheit auch mehr Verantwortung für<br>sich selbst übertragen werden. Des Weiteren steht eine liberale<br>Weltanschauung für den freien Wettbewerb in der Wirtschaft und richtet sich<br>somit gegen staatliche Regulationen. (aus WikiPedia, Stichwort<br>"Liberalismus")<br><br>Die Grundwerte der Liberalen sind beachtlich (bis auf's
 wirtschaftliche),<br>doch sagen sie nichts über die Entscheidungsfindung aus. Macht konzentriert<br>sich durch die repräsentative Demokratie und dessen Wahlverfahren, das nur<br>Schwarz/Weiß zuläßt, in die Hand von Wenigen. Diesen Nachteil versuchte man<br>durch Gewaltenteilung zu relativieren. Aber die Medienmacht (oft als 4.<br>Macht im Staat genannt) unterliegt keiner Kontrolle. Damit ist der Weg zur<br>Manipulation der Massen (den Repräsentantenwählern) offen.<br><br>Unsere Idee eines "staatlichen Vorschlagswesens" sollte es nun möglich<br>machen, sich direkt an Entscheidungen zu beteiligen (das war eigentlich der<br>Urspung unserer Diskussion). Selbst der kleinste Mann auf einem Bauernhof im<br>tiefsten Bayern sollte z.B. die Möglichkeit haben, einen Vorschlag an die EU<br>abzugeben, um z.B. statt eines giftigen Pflanzenschutzmittel eine<br>altbewährte, fast vergessene Methode anzuwenden (z.B. ein "Unkraut"<br>dazupflanzen, das dem Schädlich nicht
 "schmeckt").<br><br>Es zieht sich nun in die Länge und ich will zum Abschluß kommen. Wie Du<br>siehst, geht es nicht um die Forderung nach Demokratie (die haben wir),<br>sondern um das Verfahren, Demokratie umzusetzen. Ich möchte Dich (bei mehr<br>Interesse) auf zwei Referate hinweisen, die ich in diesem Zusammenhang schon<br>in den 90ern schrieb. Eins geht um die Frage, was Macht ist (die<br>verschiedenen Formen), das andere geht um Methoden im Management (für mich<br>sind Politiker "Sozialmanager", die ihren Plan verloren haben, wohin die<br>Reise gehen soll). Du findest die Aufsätze auf:<br>http://www.iovialis.org/download - dort gibt's noch mehr Ansätze, die zum<br>Thema gehören - unter anderem zum Grundeinkommen.<br><br>Genug geschrieben, sonst höre ich nicht mehr auf ;-)<br><br>Grüße aus Kiew,<br><br>Jörg (Drescher)<br><br>----- Original Message ----- <br>From: Guido Casper<br>To: debatte-grundeinkommen@listen.grundeinkommen.de<br>Sent: Saturday, February 17, 2007
 1:08 PM<br>Subject: Re: [Debatte-Grundeinkommen] Funktioniert die<br>DemokratieinDeutschland?<br><br><br>Hallo Jörg,<br><br>Du hast Recht. Auch ich will nicht zu weit abschweifen. Aber ich hoffe, dass<br>hier nicht nur Beiträge erlaubt sind, die das Wort "Grundeinkommen" in der<br>Betreffzeile haben. Soviel ich weiß, ist dieses Forum moderiert und<br>irgendwer hat meine bisherigen Beiträge "durchrutschen" lassen. Ich bemühe<br>mich auch immer, meine Beiträge möglichst knapp zu halten, sodass niemand zu<br>sehr belästigt wird, sollte er sie für irrelevant oder unangebracht halten.<br>Auch eine möglichst spezifische Betreffzeile hilft übrigens anderen dabei,<br>für sie irrelevante Dinge zu ignorieren.<br><br>Was die Demokratie angeht, so will ich nochmal aus meiner ersten Email in<br>diesem Forum zitieren:<br>"Das bedingungslose Grundeinkommen ist ein Chance zur Wiederherstellung und<br>Weiterentwicklung der Demokratie in Deutschland (und anderswo)."<br><br>Ich hatte
 gehofft, dass auch in weiteren Beiträgen erläutern zu dürfen. Wenn<br>das nicht erlaubt ist, was bleibt dann von der Debatte übrig als<br>"Grundeinkommen, find ich gut - Grundeinkommen, find ich doof" ?<br><br>Auch gebe ich Dir recht, dass das Grundeinkommen kein Allheilmittel ist. Es<br>ist sinnlos nur über das Grundeinkommen zu sprechen. Was wir eigentlich im<br>Sinn haben, wenn wir über das Grundeinkommen sprechen, ist ein bestimmtes<br>Menschenbild und Gesellschaftsbild. Jeder Befürworter des Grundeinkommens<br>sieht es im Grunde als Werkzeug für ein bestimmtes Gesellschaftsmodell. Und<br>die Demokratie ist nunmal ein wesentlicher Bestandteil unserer Gesellschaft.<br><br>Guido<br><br>_______________________________________________<br>Debatte-grundeinkommen Mailingliste<br>JPBerlin - Politischer Provider<br>Debatte-grundeinkommen@listen.grundeinkommen.de<br>http://listi.jpberlin.de/mailman/listinfo/debatte-grundeinkommen<br></blockquote><br><p>
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