[Debatte-Grundeinkommen] Fwd: GELD - was es ist und was es sein sollte
willi übelherr
wube at gmx.net
Fr Sep 28 22:35:16 CEST 2012
liebe freunde,
nun werde ich mich benuehen, mit meinen "verurteilsbehafteten" beurteilungen
sparsam umzugehen.
gero faengt ja gut an. er zeigt, dass allen, die sich damit beschaeftigt
hatten, die doppelfunktion bewusst war. also abstraktes tauschmittel fuer
werte und wertspeicherungsfunktion.
und dann sagt er, dass alle vor ihm den wirklichen gehalt und das wesen des
geldes nicht verstanden haben, weil sie nicht sehen/sahen, dass die
wertspeicherungsfunktion implizit in dieser konstruktion enthalten sei.
er versteht nicht, dass die wertspeicherfunktion eine dem geld aufgesetzte
konstruktion ist, und dies als folge den staat zwingend erfordert. weil er
die aufgabe hat, eben diese zusatzfunktion als quasi zentrale funktion zu
erhalten und abzusichern.
bis zurueck ins 13. jahrhundert v.c.Z., also im -13000. jahr, wissen wir vom
Fei Lun system in China. es ruhte ausschliesslich auf krediten und
benoetigte kein aequivalent. jede leistung wurde als kredit abgegeben und
jede person, die diese leistung uebernahm, wurde zum glaeubiger, also
verpflichteter, diese leistung selbst zu erbringen. die vertrauensebene war
individuell geregelt.
aehnliche systeme finden wir auch hier in lateinamerika im "Trueke"-system.
dabei ist die einzigste problematik, wie ich schon darauf hinwies, die
bestimmung der abbildungsrelation.
aber um diese wesentliche eigenschaft geht es gero gar nicht. fuer ihn ist
ausschliesslich wichtig, die wertspeicherungsfunktion des geldes zu
begruenden. das machen alle, die nur ueber geld existieren und keine eigene
leistung erbringen.
in carupano, im nordosten von venezuela, traf ich 2 hobby-vogelkundler in
begleitung von Ivan, einem venezuelanischen guide. ich wusste nicht, dass
beide leitende mitarbeiter der IWF waren, london und new york. das habe ich
erst spaeter erfahren. als wir so in freier atmosphaere ueber den schwindel
des geldsyatems sprachen, auch mit anderen gaesten, da wurden die beiden
total ruhig. nichts kam von ihnen, um das geldsystem in seiner konstruktion
zu begruenden. sie wirkten wie kinder, die ihre lehrerIn zitierten und
ploetzlich merkten, was das fuer ein stuss ist, was ihnen erzaehlt wurde.
und so kommt mir auch gero vor. statt die gedanken derjenigen zu vertiefen,
die mit sicherheit auch nicht duemmer waren als er selbst, oder vielleicht
sogar intelligenter, steckt er einen pflock in den boden und schreit. "bis
hierher, weiter nicht". er schreibt:
"Diese Definitionen sind ungenügend
Sie sind es, weil gerade das wichtigste Merkmal des Geldes dabei
unterschlagen wird."
ja, neben dem tausch, fuer mich der einzige zweck. fuer gero die
wertspeicherfunktion als eigentliche aufgabe. und mit ihm alle "Bankster",
alle, die nur ueber geldstroeme existieren wollen.
es ist auch klar. wenn wir dem geld ausschliesslich seine abstrakte
tauschfunktion zuordnen, dann haben diese leute ploetzlich nichts mehr,
womit sie in den tausch treten koennen. ganz schoen scheisse!
"Eben diese Hauptbedingung war jedoch noch nie in ausreichendem Maße erfüllt".
bis dahin habe ich seinen text gelesen. und das genuegt mir auch. den rest
ueberlasse ich euch.
mit lieben gruessen, willi
-------- Original-Nachricht --------
Betreff: [Debatte-Grundeinkommen] GELD - was es ist und was es sein sollte
Datum: Fri, 28 Sep 2012 12:15:57 +0200
Von: Dr. Gero Jenner <info at gerojenner.com>
An: undisclosed-recipients:;
To whom it may concern
Geld – was es ist und was es sein sollte
Gero Jenner, 29.9.2012 (aktualisiertes Original unter:
http://www.gerojenner.com/portal/gerojenner.com/Geld.html)
Wer über Geld schreibt, darf mit einem Massenpublikum rechnen, wenn er
beschreibt oder verspricht, wie man es legal oder illegal, offen oder
versteckt, mit Tricks oder Beharrlichkeit erwirbt. Wer über Geld schreibt,
weil er nur verstehen möchte, wie es sich mit dieser vielleicht seltsamsten
aller menschlichen Einrichtungen verhält, der spricht nur Idealisten an, die
bekanntlich um vieles dünner gesät sind. Er gleicht einem Astronomen, der
sich für den fernen Sternenhimmel begeistert. Deswegen hat Geld als
Erkenntnisproblem auch nur Philosophen und Wissenschaftler wirklich
beschäftigt. Wie auch sonst sind diese sich aber auch im Hinblick auf das
Geld wenig einig. Sie haben sich sehr unterschiedlich zu dem Thema geäußert.
Die Münze [das Geld] ist ein Symbol des Tausches (Platon, um 380 v. Chr.).
Man kam überein, beim gegenseitigen Austausch nichts anderes zu geben und zu
nehmen, als was selbst etwas Wertvolles, den Vorteil handlichen Gebrauchs
hätte ... wie Eisen und Silber oder etwas anderes Derartiges.
Nichtig scheint das Geld zu sein und ganz und gar durch Gesetz, aber nichts
von Natur, so dass es außer Umlauf gesetzt keinerlei Wert hat und
unbrauchbar ist zu irgendetwas Notwendigem (Aristoteles, 384 – 322 v. Chr.).
Geld hat die Aufgabe, den Tausch zu erleichtern (Thomas von Aquin, um 1250.)
Das Geld ist seinem Wesen nach nicht ein wertvoller Gegenstand, dessen Teile
untereinander oder zum Ganzen zufällig dieselbe Proportion hätten wie andere
Werte untereinander; sondern es erschöpft seinen Sinn darin, das
Wertverhältnis eben dieser andern Objekte zueinander auszudrücken (Georg
Simmel, 1900).
in diesem Zusammenhang hilft uns die alte Unterscheidung zwischen der
Verwendung von Geld als Tauschmittel und als Mittel der Wertaufbewahrung
(Keynes, 1936).
Geld erleichtert den Handel, das ist der Grund für seine Universalität als
soziale Institution (James Tobin, 1992).
Die meisten Definitionen des Geldes von Platon über Thomas von Aquin bis zu
Keynes und James Tobin stimmen darin überein ist, die wesentliche Funktion
des Geldes in der Erleichterung des Gütertausches zu sehen – eine, wie wir
heute wissen, historisch unrichtige Auffassung. (1) Einige Denker, unter
ihnen schon Aristoteles, haben zudem darauf hingewiesen, dass Geld, um diese
Funktion zu erfüllen, nicht notwendig selbst einen Wert haben müsse. Es
könne auch als bloße Zahl auf irgendeinem materiellen Substrat in
Erscheinung treten. Von wenigen anderen wurde auch in der Vergangenheit
schon bemerkt, dass Geld nicht nur ein Tauschmittel sei, sondern auch der
Wertaufbewahrung diene.
Diese Definitionen sind ungenügend
Sie sind es, weil gerade das wichtigste Merkmal des Geldes dabei
unterschlagen wird. Das möchte ich an folgendem Beispiel illustrieren. Der
Besitzer einer teuren Villa möchte diese verkaufen, aber so dass es ihm
möglich ist, sich dafür fünf bis zehn Jahren später ein gleichwertiges
Gebäude an einem entfernten Ort zu beschaffen. Dazu benötigt er ein
Zahlungsmittel, das den Preis (nicht unbedingt den Wert) dieser Villa
repräsentiert. Ein solches Zahlungsmittel nennen wir Geld. Wir würden es
nicht benutzen können, hätten die teure Villa und das sie repräsentierende
Zahlungsmittel nicht gewisse Eigenschaften miteinander gemein (sonst würde
das eine nicht für das andere eintreten können). Eine Villa entsteht durch
menschliche Arbeit und die knappen Rohstoffe, die dabei benötigt werden. Bei
gegebenem technologischen Niveau und konstanter Rohstoffversorgung ist der
Arbeits- und Rohstoffverbrauch auch in noch in fünf bis zehn Jahren
derselbe. Der Preis der Villa bleibt unter diesen Umständen gleich, weil man
sie nicht aus dem Boden zaubern oder sie auf irgendeine andere Weise
verfälschen kann. Aufgrund des Arbeits- und Rohstoffaufwandes stellt sie ein
knappes Gut dar, und genau diese Eigenschaft muss sein Besitzer auch von dem
Zahlungsmittel verlangen. Nur wenn die Summe aller umlaufenden
Zahlungsmittel sich (in einer statischen, also volkswirtschaftlich weder
wachsenden noch schrumpfenden) Gesellschaft so wenig ändert wie die Summe
aller handelbaren Güter, ist diese Bedingung erfüllt.
Geld sollte leicht und beständig sein, die Hauptbedingung aber ist seine
Knappheit
Dabei ist es prinzipiell völlig unerheblich, ob das den Preis der Güter
repräsentierende Geld aus Muscheln, Ochsen, Perlschnüren, Gold- oder
Silbermünzen, Papierscheinen oder auch nur aus den Bits und Bytes auf einer
Festplatte besteht. Geld kann ebenso gut aus Gold oder Papier bestehen. Das
wussten bereits die Chinesen und hatten deshalb das erste Papiergeld bereits
im 10. Jahrhundert unserer Zeitrechnung eingeführt. Entscheidend ist im
einen wie im anderen Fall allein das konstante Verhältnis zwischen
umlaufender Geld- und umlaufender Gütermenge. So wie niemand eine Villa aus
dem Boden zu stampfen vermag, darf es andererseits auch niemandem erlaubt
sein, Geld willkürlich zu vermehren. Zwar wird man vom Geld außerdem noch
verlangen, dass es leichter und beständiger sei als die Güter, die es
repräsentiert, doch wie das Beispiel von Rindern beweist, die jedenfalls
auch einmal als Zahlungsmittel fungierten (lateinisch pecunia für Geld ist
von pecus „Vieh“ abgeleitet!), darf man darin nicht die Hauptbedingung
erblicken. Diese Hauptbedingung ist eine der Knappheit der Güter
entsprechende Knappheit des Geldes.
Eben diese Hauptbedingung war jedoch noch nie in ausreichendem Maße erfüllt
Nehmen wir zum Beispiel das Gold. Es konnte im Wert plötzlich sinken, wenn
neue Minen (z.B. in Mittel- und Südamerika) entdeckt oder Münzen in
verminderter Reinheit auf den Markt gebracht wurden. Verdoppelte sich dabei
seine umlaufende Menge oder halbierte sich der Wert derselben Menge aufgrund
geringerer Reinheit, dann war das einzelne Goldstück, das der Besitzer der
Villa für deren Verkauf erhalten hatte, im ersten Fall nur noch die Hälfte
wert, da sein Verhältnis zur Gesamtheit der marktgängigen Güter von eins zu
eins auf zwei zu eins gewachsen war. Im zweiten Fall verdoppelte sich
dagegen der Wert seiner Münzen, weil das Gold in seinem Besitz ja noch die
zweifache Reinheit aufwies. Der gleiche Effekt wird durch ein entsprechendes
Wachstum oder Schrumpfen der Wirtschaft erreicht, wenn die Menge der
marktfähigen Güter also um 100% zunimmt oder umgekehrt um die Hälfte
zurückgeht, ohne dass die umlaufende Geldmenge sich ändert. Solche
Schwankungen sind historisch die Regel, wenn sie auch selten in dem gerade
beschriebenen Ausmaß auftraten.
Kein Geld ohne ausreichende Absicherung gegen Fälschung
Die Grundbedingung für Geld besagt demnach, dass seine Eigenschaft als
knappes Gut garantiert sein muss, bevor es sich überhaupt für Tausch oder
Wertaufbewahrung einsetzen lässt.
Größtmögliche Fälschungssicherheit ist daher nicht nur die entscheidende
Anforderung an das Geld. Als Geld ins Auge gefasste Objekte werden überhaupt
erst dadurch zu Zahlungsmitteln. In den gängigen Definitionen des Geldes
berücksichtigt man dieses fundamentale Kriterium entweder gar nicht oder in
unzureichendem Maße. Und dennoch setzt man es immer und notwendig voraus. Es
muss gewährleistet sein, dass das Mengenverhältnis von Gütern und Geld auf
der Geldseite nicht willkürlich verfälscht werden kann. (2)
Das umlaufende Papier repräsentiert die umlaufenden Güter (die
volkswirtschaftliche Leistung)
Für kein historisches Zahlungsmittel hat eine vollendete
Fälschungssicherheit garantiert werden können. Aufgrund einer
fortschrittlichen Technologie ist das Papiergeld dieser Forderung jedoch
sehr viel näher als irgendeiner seiner Vorgänger gekommen (die Münzen lasse
ich der Einfachheit halber aus dem Spiel). Wegen seines verschwindend
geringen Gewichts und Volumens und der einfachen Unterscheidung
verschiedener Wertstufen durch bloße Zahlen stellt es zweifellos ein ideales
Medium dar. Seine eigene Wertlosigkeit spielt dabei keine Rolle. Es genügt
nämlich, dass dieses an sich wertlose Geld etwas überaus Wertvolles
repräsentiert, nämlich die volkswirtschaftliche Leistung. Es ist merkwürdig,
dass diese durchaus grundsätzliche Erkenntnis nicht unbedingt bei
Bundesbankern vorausgesetzt werden kann. (3) Auf die Konstanz des
Verhältnisses zwischen umlaufendem Geld zu umlaufenden Gütern kommt es
allerdings an - und darüber hat der Staat zu wachen; oder, besser noch, die
Notenbank als demokratisch legitimierte unabhängige Institution. Bei
wachsender Wirtschaft mit einem Zuwachs umlaufender Güter muss die
Zentralbank die Geldmenge vergrößern, bei einer schrumpfenden aber ebenso
reduzieren.
Sind also sämtliche Probleme gelöst, wenn die Menge von fälschungssicherem
Geld auf diese Weise strikt nach der volkswirtschaftlichen Leistung bemessen
wird und seine Preisstabilität damit gewahrt bleibt?
Die Gefahr des Hortens
Leider ist das durchaus nicht der Fall. Auch wenn zeitweise eine perfekte
Übereinstimmung zwischen volkswirtschaftlicher Leistung und Geldmenge
besteht, sind private Akteure doch jederzeit in der Lage, dieses
Gleichgewicht außer Kraft zu setzen, und zwar auf sehr einfache Weise.
Gleichgültig, ob jemand Gold oder Papiergeld besitzt, immer dann, wenn es
ihm nicht lohnend erscheint, dieses Geld für den Konsum auszugeben oder an
Dritte zu verleihen, kann er es einfach in einem privaten Tresor
verschwinden lassen. Er verändert das Verhältnis von umlaufendem Geld zu
umlaufenden Gütern durch künstliche Verknappung des Geldes. Dessen Menge
kann auf diese Art in beträchtlichem Umfang schrumpfen - wie etwa in Japan
während der beiden vergangenen Jahrzehnte. Der Mann, der seine Villa
verkaufte, wird durch eine derartige Deflation ohne eigene zusätzliche
Leistung begünstigt, weil sein Geld auf einmal mehr wert ist. Verschuldete
Unternehmen dagegen sehen sich schwer geschädigt. Ihre nominal gleichen
Schulden müssen sie mit einer weit größeren Menge an realen Werten bezahlen.
In einer derartigen Deflation (die außer durch Horten auch durch eine
verminderte Umlaufgeschwindigkeit des Geldes bewirkt werden kann) gerät die
Wirtschaft insgesamt aus dem Gleichgewicht.
Die doppelte Art der Geldmengenfälschung
Die Sicherheit vor Geldmengenfälschung ist also auf doppelte Weise
gefährdet, Einmal aufgrund einer offen verbrecherischen Praxis, wenn
Betrüger Falschgeld in die Wirtschaft schleusen und die Geldmenge auf diese
Weise erhöhen (was bekanntlich immer schon ein beliebtes Kriegsmittel
gegenüber feindlichen Staaten war). Die zweite Art von Geldmengenfälschung
wird dagegen nicht als verbrecherisch eingestuft, obwohl sie durch ihre
deflationäre Wirkung eher noch gefährlicher ist als die betrügerische
Inflationierung des Geldes. Diese Fälschung besteht in der Verminderung der
Geldmenge durch privates Horten, die immer dann einzutreten pflegt, wenn
Zinsen und Inflation unter einen Mindestwert fallen.
Ein höchst bedenkliches Gegenmittel: künstliche Inflation und Zinsen
Moderne Notenbanken sind sich dieser beiden Gefahren sehr wohl bewusst.
Gegen die erste Art der Geldmengenfälschung setzen sie die Justiz und den
technischen Fortschritt ein. Ihr Erfolg ist dabei immerhin so bedeutend,
dass die umlaufende Falschgeldmenge sich in engen und ungefährlichen Grenzen
hält. Gegen die zweite Art der Geldmenschfälschung einzuschreiten, fällt
ihnen dagegen um vieles schwerer. Offensichtlich wäre es sinnlos, das Horten
von Geld unter Strafe zu stellen. Wie soll die Polizeimacht ein solches
Vergehen ahnden, wenn potentiell jeder Bürger als Täter in Frage kommt? Die
Notenbank geht bei dieser zweiten Geldmengenfälschung daher grundsätzlich
anders vor als bei der ersten: Sie setzt ein Gegengift ein, indem sie
gesteuerte Inflation als Peitsche und Zinsen als Karotten verwendet. Leider
ist diese Therapie in ihrer Wirkung kaum weniger schädlich als das zu
bekämpfende Übel.
Peitsche und Karotten
Inflation entwertet gehortetes Geld. Ich weiß, dass ich für denselben Betrag
in einem Jahr weniger reale Güter erhalte als gegenwärtig. Also weiche ich
der Peitsche aus und bemühe mich, mein Geld lieber heute als morgen
auszugeben. Zinsen belohnen mich zusätzlich dafür, dass ich in diese Weise
verfahre: Jeder Tag, den ich keine Zinsen bekomme, ist ein Verlust für mich.
Also greife ich nach der Karotte, indem ich mein Geld möglichst schnell auf
ein Sparkonto lege.
Wenn die Peitsche allerdings – wie in Deutschland nach dem Kriege die
Regel – in einer Geldentwertung von an die zwei Prozent jährlich besteht,
dann erhalten Zinsen nur dann einen Wert als lockende Karotten, wenn sie die
Marke von zwei Prozent merklich überschreiten. Inflation erzwingt also noch
höhere Zinsen. So begibt sich die Notenbank auf einen gefährlichen Pfad.
Inflation zur Abwehr des Hortens ist staatlich betriebene Geldentwertung.
Zinsen sind staatlich genehmigte Bereicherung ohne eigene Leistung. Die
Fälschung der Geldmenge durch privates Horten hat Folgen, die verderblich
für das ganze Geldsystem sind.
Geldmengenfälschung ist kein Verhängnis. Sie lässt sich erfolgreich bekämpfen!
Die Fälschung des Geldes durch das Einschleusen falscher Noten wurde mit
großem, zumindest mit ausreichendem Erfolg bekämpft. Die gegen die
Verfälschung der Geldmenge durch privates Horten eingesetzte Strategie
konstanter Geldmengenaufblähung läuft hingegen darauf hinaus, dass man ein
Übel durch ein anderes, nämlich das ihm entgegengesetzte bekämpft. Offenbar
ist das keine sonderlich befriedigende Lösung. Es gibt aber eine
überraschend einfache Strategie, mit der man diesen Fehler vermeidet.
Bargeldloser Zahlungsverkehr
Um diese Strategie anzuwenden, müssen wir zunächst einmal eine ohnehin das
Geldsystem seit einiger Zeit wesentlich transformierende Tendenz bis zu
ihrem logischen Abschluss zu Ende denken und dann auch konkret umsetzen.
Immer mehr Geldtransaktionen werden schon heute bargeldlos ausgeführt. Es
ist nur eine Frage der Zeit und des politischen Wollens, bis sämtliches
Bargeld verschwindet und jeder Bürger ausschließlich bargeldlos auf
elektronische Weise bezahlt. In diesem Fall ist die Geldmengenfälschung
durch Horten auf einfache und elegante Art zu bekämpfen. Sämtliches Geld auf
den Girokonten, das in einem bargeldlosen System ja die Gesamtmenge des
umlaufenden Gelds repräsentiert, wird monatlich mit einer kleinen Gebühr,
z.B. von drei oder vier Prozent belastet. Auf Sparguthaben entfallen dagegen
keinerlei Gebühren. Daher liegt es in jedermanns elementarem Interesse, das
eigene Geld entweder schnell auszugeben oder es auf ein Sparguthaben zu
transferieren. Horten ist unter diesen Umständen keine Option, weil es einen
Verlust bringt. Eine Lösung, die im Hinblick auf Bargeld nur unter großem
administrativen Aufwand möglich ist und daher auch nie (außer in kleinen
Gemeinden und Tauschringen) ernsthaft ins Auge gefasst worden ist, bereitet
bei vollständig bargeldlosem Verkehr keinerlei Aufwand. Die
Geldmengenverfälschung gehört der Vergangenheit an. (4)
Zinsen können nicht länger der leistungslosen Bereicherung dienen
Ein positiver Nebeneffekt besteht darin, dass neben der Peitsche der
Inflation, auch die Karotte der Zinsen nicht länger gebraucht wird. Zinsen,
ein schon in der Antike verhasstes Instrument leistungsloser Bereicherung
(auf Kosten anderer, die dafür sehr wohl ihre Leistung einsetzen), werden
nicht länger benötigt, um Geld für Investitionen zu mobilisieren. So wie
jeder mit dem Geld, das er heute für seine Villa erhält, in zehn Jahren die
gleiche Villa erwerben kann, darf er auch sicher sein, dass die auf dem
Sparkonto eingefrorene Leistung ihren (an realen Gütern bemessenen) Wert
über die Jahre bewahrt. (5)
Vollgeld
Ich möchte ein System, das ein konstantes Verhältnis zwischen umlaufender
Geld- und umlaufender Gütermenge gewährleistet, als „Vollgeldsystem“
bezeichnen, weil das Geld seinen vollen Wert bewahrt (6). Ein solches System
ist weder durch Inflationen noch durch deren Gegenteil, Deflationen,
gefährdet. Das oben beschriebene System der doppelten Fälschungssicherheit
repräsentiert ein solches Vollgeldsystem.
Allerdings entstehen bei ausschließlich bargeldlosem Zahlungsverkehr neue
Gefahren. Wir beherrschen jetzt zwar die Geldmengenfälschung durch privates
Horten, wie aber verhält es sich mit der Geldmengenfälschung durch
Einschleusen von Falschgeld, wenn wir das Bargeld völlig durch Buchgeld und
die Bits und Bytes auf einer Festplatte ersetzen? Haben wir nicht die
Sicherheit, die wir im ersten Fall hinzugewannen, jetzt mit einer weit
größeren Unsicherheit im zweiten Fall bezahlt?
Wie schützen wir den bargeldlosen Verkehr vor Fälschungen?
Hier liegt das Hauptproblem unseres modernen Geldsystems. Ein Goldstück hat
einen Eigenwert, der durch die Entdeckung neuer Goldvorhaben oder durch
Herabsetzung des Reinheitsgrades zwar stark modifiziert werden kann, aber
immerhin bleibt ein Rest an bloßem Materialwert erhalten. Eine technologisch
vielfach gegen Fälschung abgesicherte Banknote hat keinen Eigenwert, aber
sie ist gegen Fälschung weit besser abgesichert. Nur unter größten Mühen und
Gefahren kann ich sie durch eine nachgemachte ersetzen. Die
Buchgeldeintragung in einer Bankbilanz aber lässt sich vergleichsweise
mühelos verfälschen. Ich brauche nur eine andere Ziffer einzusetzen. Hebe
ich zum Beispiel mit meiner Kreditkarte Geld vom eigenen Konto ab, dann
könnte ein entsprechend konstruiertes Programm den Eintrag auf meinem
Bankkonto automatisch zugunsten eines Betrügers modifizieren. Bei den Zinsen
ist das jedenfalls ziemlich leicht möglich und wurde auch bereits
praktiziert. Selbst wenn die Notenbank bei ihrer Versorgung der Wirtschaft
mit physisch ausgegebenen Notenbankscheinen strikt darauf achtet, dass
zwischen Geld und Gütern ein konstantes Verhältnis herrscht, können Banken
als vermittelnde Instanz zwischen Wirtschaft und Notenbank immer noch eine
Fülle krimineller Aktionen ausführen, da sie einen Großteil ihrer Geschäfte
eben nicht mit den vergleichsweise fälschungssicheren Scheinen, sondern mit
bloßen Ziffern in Bilanzheften oder auf Festplatten tätigen. Kein Wunder,
dass Banken genau aus diesem Grund ein beliebtes Objekt für allerlei
Verschwörungstheorien abgeben. (7)
Bietet ein Doppelsystem die Lösung?
Dem Fälschungsverdacht können die Banken nicht entgehen - schon deshalb
nicht, weil eine entwickelte Volkswirtschaft ohne bargeldlosen Verkehr nicht
länger auskommt. Es macht daher auch kaum einen Unterschied, ob der
Zahlungsverkehr, wie gegenwärtig in Deutschland, nur etwa zur Hälfte mit
Bargeld ausgeführt wird oder ob man ihn zur Gänze auf bargeldlosen Verkehr
umstellt. Daher ist es von grundlegender Bedeutung, das Problem der
Fälschung richtig einzuschätzen.
Dabei hilft es wenig, den Banken ein Doppelsystem aufzuzwingen, wo sämtliche
Transaktionen in fälschungsgefährdetem Zifferngeld von Parallelbewegungen in
fälschungssicherem Notengeld begleitet werden. Denn eines haben wir doch aus
den vergangenen Jahren gelernt: Keines der heute zu beobachtenden
Krisenphänomene hätte man dadurch verhindern können: weder die gigantische
Aufblähung von Guthaben und Schulden im öffentlichen und privaten Sektor
noch ihre nicht minder große Aufblähung im Interbankenverkehr oder die
Nutzung eines zu großen Teils der Giraleinlagen für die Kreditvergabe. Ein
strikter Parallelismus in den Transaktionen von Ziffern- und Bargeld hätte
nichts an diesen Zuständen geändert. Eine wirkliche Reform erreicht man denn
auch nur auf eine ganz andere Weise, nämlich durch eine Aufsicht, welche
derartige Fehlentwicklungen schon in ihren Anfängen abblockt.
Eine bedeutende Hilfe: die institutionelle Trennung der Bankenfunktionen
Entscheidend erleichtern würde man eine solche Aufsicht durch die
institutionelle Trennung verschiedener Bankenfunktionen. Die Abspaltung des
Investmentgeschäfts aus dem normalen Bankbetrieb sollte eine
Selbstverständlichkeit sein, die Aufspaltung der Banken in Wertpapier-,
Spar- und Giralbanken wäre eine sehr bedeutende Hilfe. Hier sollte uns die
Technik als Beispiel dienen. Die ständig wachsende Komplexität großer
Einheiten in der Elektronik oder in Kommunikationssystemen bewältigt man
allein durch Aufspaltung in Module. Fehlerquellen sind dann sehr viel
leichter und schneller zu lokalisieren. Genauso muss man in einem Geldsystem
vorgehen, das sich aufgrund wachsender Komplexität der Beherrschbarkeit zu
entziehen droht. Will man es gegen Fälschung absichern, muss es in der
vorgeschlagenen Art in Module aufgeteilt werden.
Dann aber lassen sich Fortschritte erzielen, die früher undenkbar waren.
Sobald Geldmengenfälschung praktisch unmöglich wird, bietet eine völlige
Umstellung auf bargeldlosen Verkehr die Aussicht auf eine fundamentale
Reform des Geldsystems, die den beiden Übeln von Inflation und Zinsen
gleichermaßen ein Ende setzt und darüber hinaus noch weitere Vorteile
bietet, die ich an anderer Stelle beschrieben habe. (8) Man würde von einer
Revolution im Geldbereich sprechen dürfen.
Von materiellem Geld zur immateriellen Dimension der Bits und Bytes
Ja, wenn die Gefahr der Fälschung gebannt ist, wenn man also diese
notwendige Grundbedingung für ein funktionierendes Geldsystem dadurch
garantiert, dass man die übermäßige Komplexität des Bankensystems durch
Zerlegung in leicht zu kontrollierende Module beherrscht, dann kommt sogar
noch ein weiterer Schritt in Frage, den zu erwägen aber nur Sache der
Nachdenklichen ist – die anderen werden ihn mit leichter Hand als absurd
beiseite schieben: Nicht nur die Wirtschaft könnte ganz ohne Bargeld
auskommen – sie ist heute ja schon sehr weit auf diesem Wege
vorangeschritten -, dieses Bargeld braucht unter der genannten Voraussetzung
auch bei Notenbank und Geschäftsbanken keineswegs durch ein paralleles
System von Notenbankscheinen abgesichert zu sein, so wie es das derzeitige
System bezweckt und weitgehend realisiert. (9) Sofern nur die Konstanz von
umlaufendem Geld – in diesem Fall von bloßen elektronischen Ziffern – zu
umlaufenden Gütern durch entsprechende Kontrollen gewahrt bleibt, ist die
materielle Verkörperung von Geld letztlich entbehrlich – auch der
(Notenbank-)Schein unter den Ziffern hätte dann ausgedient. (10)
1 Wie Heinsohn und Steiger in „Eigentum, Zins und Geld“ und in jüngster Zeit
David Graeber in seinem Buch „Debt“ gezeigt haben.
2 Hierzu mehr in: Jenner, „Wohlstand und Armut“.
3 Jens Weidmann führt einen großartigen Kampf gegen die Politik der
Geldinflationierung, wie sie die EZB gegen ihre Statuten betreibt. Aber wie
kann er nur die völlig unsinnige Behauptung aufstellen „Heutiges Geld ist
durch keinerlei Sachwerte mehr gedeckt“?
(http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/schuldenkrise-weidmann-notenbanker-muessen-sich-oeffentlich-rechtfertigen-11894706.html).
Als Bundesbanker weiß er doch und kämpft doch gerade dafür, dass die
Notenbank Geld nur gegen wertbeständige, also erstklassige Sicherheiten
abgibt! Genau darin besteht dessen volkswirtschaftliche Deckung.
4 Die Bargeldzahlung muss dann allerdings auch vollständig von
elektronischer Zahlung abgelöst werden, weil andernfalls die Umgehung der
Umlaufgebühr möglich wäre. In Italien werden Steuern in großem Umfang durch
nicht erfasste und nicht erfassbare Bargeldzahlungen umgangen. Der Übergang
zu einem elektronischen Geldsystem reformiert nicht nur dieses, sondern
zugleich auch das Steuerwesen (vgl. „Neuer Fiskalismus“
(http://www.gerojenner.com/portal/gerojenner.com/Neuer_Fiskalismus.html).
5 Die von einem Jahrhundert von Silvio Gesell vorgeschlagene Belastung des
Geldes mit einer Umlaufgebühr halte ich nur unter der Bedingung eines
vollständigen Übergangs zum bargeldlosen Zahlungsverkehr für sinnvoll, weil
sie in diesem Fall auch mühelos durchführbar ist. Die leistungslose
Zinsbereicherung in der Bankenwirtschaft gehört dann der Vergangenheit an –
ein gewaltiger Fortschritt, der allerdings auf die Börsenwirtschaft keine
Auswirkung hat. Anders als die Gesellianer glauben, wird die Konzentration
des Vermögens in wenigen Händen dadurch nicht aufgehoben, sondern nur von
der Banken- in die Börsenwirtschaft verschoben. Hierzu vgl. die
entsprechenden Ausführungen in „Wohlstand und Armut“.
6 Vollgeld in dieser Definition darf nicht mit dem 100%-Money von Fischer
und dem Vollgeld von Joseph Huber verwechselt werden.
7 Hierzu mein Artikel: „Die Monetative – sind Banken kriminell?“
(http://www.gerojenner.com/portal/gerojenner.com/Monetative.htm)
8 Diese Vorteile betreffen vor allem die Besteuerung (siehe „Neuer
Fiskalismus“,
http://www.gerojenner.com/portal/gerojenner.com/Neuer_Fiskalismus.html).
Heute besteht ein scharfer Gegensatz zwischen der vollständigen Transparenz
der abhängig erarbeiteten Einkommen, die dem Finanzamt auf Heller und
Pfennig bekannt sind, also den Einkommensverhältnissen von 90% der
Bevölkerung, und den Einkommen der oberen 10%, die auf vielerlei Art
verschleiert werden. Ein bargeldloser Zahlungsverkehr hält sämtliche
Transaktionen fest und macht auch die Vermögens- und Einkommensverhältnisse
der oberen 10% durchsichtig. So sehr ich sonst für ein Höchstmaß an Freiheit
bin, in diesem Fall plädiere ich für Gleichheit vor dem Gesetz, weil es um
materielle Bereicherung auf Kosten anderer geht, Freiheit ist nur etwas
wert, solange sie nicht zu Lasten Dritter geht.
9 In „Wohlstand und Armut“ habe ich folgende Gelddefinition vorgeschlagen.
„Geld ist, was etwas anderes als sich selbst, nämlich knappe Güter,
repräsentiert und dabei deren Kreislauf und Wertaufbewahrung (einschließlich
Spekulation) ermöglicht und sie als gemeinsamer Maßstab miteinander
vergleichbar macht. Wenn Geld keinen Eigenwert besitzt, ist es entweder
fälschungssicheres Notenbankgeld oder dient als dessen Ersatz (Buch-, Giral-
oder eGeld).“ Ich würde jetzt den Zusatz streichen, dass Buchgeld nur als
Ersatz für Notenbankgeld fungieren kann.
10 Nur im Verkehr mit dem Ausland wäre Bargeld weiterhin unerlässlich.
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