[Debatte-Grundeinkommen] Rechts oder Links?

Dr. Gero Jenner info at gerojenner.com
So Apr 1 11:34:33 CEST 2012


Rechts oder Links? Das ist die Frage

von Gero Jenner (31.3.2012; aktualisiertes Original unter:
http://www.gerojenner.com/portal/gerojenner.com/Rechts_oder_Links.html)

Franz-Josef Strauß, ein großer Machtmensch, aber vielleicht kein ebenso großer Denker, hat einmal sinngemäß den Orakelspruch abgegeben, dass der Zweck des Bewahrens das Nicht-Bewahren sei. Damit jedermann diesen Satz auch versteht, drückte er sich allerdings etwas anders aus. „Konservativ heißt, nicht nach hinten blicken, konservativ heißt, an der Spitze des Fortschritts marschieren“(1). Spätestens seit dieser kryptischen Offenbarung ist des Rätselratens kein Ende mehr, worin sich Links und Rechts denn eigentlich unterscheiden. Dabei wird niemand leugnen, dass sich beide Lager, heute wie gestern, als zwei einander befehdende Machtblöcke gegenüber stehen. Es muss also doch eine Trennlinie geben - auch wenn man von Denkern wie Franz-Josef Strauß nicht unbedingt eine erhellende Antwort erhält.

Versuchen wir einmal, es möglichst einfach zu sehen

Ich bin mir bewusst, dass jeder der zu diesem Thema eine eigene Meinung äußert, sich damit auf ein spiegelglattes Parkett vorwagt, auf dem schon andere auf blamable Art ausgerutscht sind. Daher möchte ich mich gleich zu einer Tollkühnheit bekennen: Bewusst werde ich die Rolle eines Simplificateur horrible spielen, die eines dreisten Vereinfachers also. Das hat zwar zur Folge, dass viele unglaubliche Bäume verschwinden – unter ihnen das Konservative, das zur gleichen Zeit das Fortschreitende sei -, aber stattdessen öffnet sich auf einmal der Blick auf den Wald jenseits der Bäume. Sobald wir den Gegensatz von Rechts und Links auf eine philosophische Ebene heben, öffnet sich ein Panorama, das uns für die Vereinfachung mehr als schadlos hält.

Moral versus Mechanik

Ich möchte also die These aufstellen, dass Rechts und Links in der Wahl ihrer Mittel verschiedene Wege beschreiten. Der Kernpunkt linker Weltanschauung besteht in der Veränderung sozialer Institutionen, damit Mensch und Gesellschaft darin zu bester Entfaltung gelangen. Materielle Strukturen wie die Verteilung der ökonomischen und politischen Macht oder einfach die Verteilung des Reichtums stehen im Vordergrund. Die rechte Weltanschauung hingegen sieht in den Institutionen nur eine äußere Manifestation der moralischen Verfassung von Gesellschaft und Individuen. Daher setzt sie bei den Werten an. Würden Mensch und Gesellschaft sich zu den richtigen Werten bekennen, gewinnen die Institutionen – ihre äußere Manifestation – ganz von selbst die richtige Form.

Auf eine ganz simple, fast primitive Formel gebracht, könnte man sagen: Die Linken wollen auf die soziale Materie einwirken, die Rechten hingegen auf den Geist jenseits der äußeren Form. Seit ihrer Genese in der französischen Revolution hat man den Linken daher einen materialistischen Geist vorgeworfen, während das rechte Lager bei seinen Feinden stets den Verdacht erweckte, dass es mit seiner Betonung von Geist und Werten eigentlich nur davon ablenken wolle, dass es seine Arme schützend über die Privilegien von Geburt und Reichtum ausbreite.

An den feindlichen Vokabeln, womit sich die beiden Lager bekämpfen, hat sich bis heute wenig geändert. Von ihren Gegnern werden die Linken immer noch als platte Materialisten beschimpft, die, wo immer sie können, eine gewaltsame Gleichmacherei nach ideologischer Blaupause betreiben. Die Rechten müssen sich ihrerseits den Verdacht des Klassenegoismus und der Klassenherrschaft gefallen lassen. Ihr Gerede von Moral und Werten verfolge letztlich keinen anderen Zweck als die bestehende Ordnung von oben und unten, Herrschern und Beherrschten, dauerhaft zu zementieren.

Cum grano salis

Natürlich haben wir es hier mit Einseitigkeiten und Vorurteilen zu tun, die aber meist mehr als nur ein Körnchen Wahrheit umschließen. Wer sich auch nur oberflächlich mit linken Programmen befasst, gerät immer wieder in großes Erstaunen über den forschen Idealismus von Theoretikern, die das Wohl der Gesellschaft ganz davon abhängig machen, dass man ein oder zwei Formeln ihres Weltverbesserungsprogramms realisiert. Da sind stets entschlossene Rationalisten am Werk, deren Vorgehen dem von Ingenieuren oder Physikern gleicht, nur dass sie ihre Formeln nicht auf tote und wehrlose Dinge, sondern auf den lebendigen Leib der Gesellschaft anwenden. Man untersucht das Problem, errechnet am Reißbrett dann die theoretische Lösung, um schließlich deren technische Umsetzung zu propagieren. In dieser Sicht erscheint die Gesellschaft als eine Art mechanisches Uhrwerk, dessen einzelne Räder nur richtig justiert werden müssen, damit sie fehlerfrei funktionieren. So wenig der Sozial-Ingenieur in einem Uhrwerk mit Moral und Werten zu rechnen hat, so wenig zieht er sie bei seinen Operationen am Körper der Gesellschaft in sein Kalkül. Aus strikt rationalistischer Sicht sind Moral und Werte bloße Fremdkörper und deshalb entbehrlich. Es genügt, die richtige Formel zu finden, dann entsteht der neue Mensch ganz von selbst – und mit ihm auch die neue Moral und die neuen Werte. Der Prototyp aller Sozial-Ingenieure ist bis heute der Autor des Kapitals.

Der Rationalismus der linken Weltanschauung

Die linke Weltanschauung zeichnet sich von Anfang an durch die Betonung der Ratio aus. Hier liegt einer der Gründe, warum sie auf Intellektuelle eine so mächtige Anziehungskraft ausübt. Dagegen hatte die rechte Weltanschauung immer wieder gegen den Vorwurf des Obskurantismus zu kämpfen. Gehören Werte und Moral nicht einer durch und durch irrationalen Sphäre an? Jeder historisch halbwegs Aufgeklärte kann unmöglich die Augen davor verschließen, dass die Moral und die Werte der einen Gesellschaft in einer anderen als Unmoral und Aberwerte verworfen werden. Viele Immigranten aus dem Vorderen Orient stehen den Werten ihrer deutschen Wahlheimat mit äußerstem Misstrauen gegenüber. Manchmal folgen die Gegensätze einander geradezu in hastiger historischer Folge. Umgab den französischen Adel und seine Werte um die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts noch der Nimbus des Übermenschlichen, so endeten sie wenige Jahrzehnte danach an den Laternen der Republik.

Von diesem Relativismus bleibt die linke Weltanschauung verschont, weil sie in ihrer Sozialtherapie auf Moral und Werte entschlossen verzichtet. Auch wenn die Linken sich oftmals als eine Art allzu naiver Sozialklempner und allzu platter Materialisten gebärden, scheint ihre Weltanschauung jedenfalls im Bunde mit der Vernunft zu stehen.

Der Universalismus der Linken

Das zeigt sich auch darin, dass nur die Theorien der Linken ein weltweites Echo fanden. Wie die Ratio selbst sind sie von Haus aus universal. Der Marxismus vermochte sich daher zeitweise über weite Teile des Globus auszubreiten. Man konnte Chinese, Russe, Mexikaner oder Angehöriger eines Stammesvolkes in Afrika sein und trotz der jeweils radikal andersartigen historischen und kulturellen Voraussetzungen an die sozialen Verheißungen von Marx, Lenin oder Mao glauben. Wenn es wirklich eine Wissenschaft der Gesellschaft gibt, die in der Letzteren ähnliche Gesetze auffindet wie die Naturwissenschaften in der Welt der Materie, dann konnte es gar nicht anders sein, als dass der Universalismus für Natur und Gesellschaft in gleicher Weise gilt.

Dem steht der Lokalismus der Rechten gegenüber

Das rechte Lager hat diesem Universalismus nie etwas Gleichartiges entgegenzusetzen vermocht. Wie sollte es auch? Wer die französische Kultur verteidigt – seien es nun die Franzosen selbst oder ihre Bewunderer -, der will gerade nicht, dass deren Eigenarten in einem universalen Menschsein verschwinden. Die Einzigartigkeit, das Besondere dieser Kultur stehen im Vordergrund, mögen es nun die Literatur und Kunst, die Bräuche und Traditionen der „France profonde“ oder die französische Gastronomie und die Verfeinerung der Geselligkeit sein. Wer die indische, tibetische oder chinesische Kultur als einmalige Schöpfungen der menschlichen Kreativität begreift, der will genauso wenig, dass sie für eine Einheitsformel geopfert werden, für „den“ Menschen also oder für „die“ Gesellschaft. Die Rechten verteidigen die menschliche Vielfalt, sie stehen damit im Gegensatz zum Universalismus, dem sie deren bewusste Zerstörung und eine daraus folgende katastrophale Verarmung vorwerfen. Hier ist die Ursache dafür zu suchen, dass es im Grunde genommen keine übergreifende Bewegung der Rechten gibt und sie nicht einmal geben kann. Nur die extreme Rechte – die Bossis, Le Pens, Haiders und Straches - suchen nach Verbündeten jenseits der Grenzen, doch tun sie dies nur aus Gründen der politischen Zweckmäßigkeit, um eine geschlossene Front gegenüber dem linken Lager zu bilden.

Die Deklassierten und Gepeinigten wählen die universalistische Lehre

Es versteht sich, dass die Verfolgten und Diskriminierten mit der Lehre des rechten Lagers wenig bis gar nichts anfangen können. Ein aus unserer Geschichte besonders bekanntes Beispiel bilden die Juden. Viele unter ihnen, die ihrem eigenen Glauben entfremdet waren, sahen keinen Sinn darin, statt der von ihnen aufgegebenen Religion nun einen neuen Glauben wie etwa das Christentum zu übernehmen. Sie wollten, nachdem sie sich bewusst von ihrem Judentum losgesagt hatten, auch keine Germanen werden, sondern ganz einfach Menschen sein. Der Universalismus linksgerichteter Lehren, vor allem der Marxismus, sprach sie daher unmittelbar an. Hier stießen sie auf eine scheinbar allgemeingültige Wahrheit, welche Menschen gleichgültig welcher Abstammung miteinander verbindet. Jeder brauchte hier nur auf jene Stimme zu horchen, die allen Menschen gemeinsam ist: die Stimme der Vernunft.

Parteien und die Bruchlinien der europäischen Geistesgeschichte

Historisch sind rechtes und linkes Lager aus einem Zufall erwachsen, nämlich der Verteilung der Sitze im französischen Nationalkonvent zur Zeit der Revolution. Doch der Zufall war in diesem Fall keineswegs blind. Er gehorchte einer verborgenen Choreographie aus dem Hintergrund. Die damaligen Akteure richteten sich gleichsam wie Eisenspäne an den Feldlinien eines mächtigen Magneten aus: der europäischen Geistesgeschichte. Diese hat eine philosophische Bruchlinie zwischen den beiden Lagern geschaffen, welche ihrem oberflächlichen politischen Gegensatz erst die historische Tiefe verleiht. Der Bruch ist bis heute erkennbar. Man braucht nur hinzuhorchen, dann stößt man auf einen bezeichnenden Gegensatz. Während die Rechten sehr viel von Freiheit reden, wird diese Vokabel im linken Lager nur stiefmütterlich, wenn nicht geradezu mit spitzen Fingern behandelt.

Und hier stößt man auf das Bindeglied, das die politischen Grabenkämpfe mit der Tradition abendländischen Denkens verbindet. Die großen Rationalisten, angefangen von Descartes über Voltaire bis hin zu Karl Marx und Bertrand Russell haben die Freiheit entweder indirekt oder sogar expressis verbis geleugnet (2). Sie mussten es, weil man die soziale Welt in Analogie zur Natur nur dann nach Belieben verändern kann, wenn die Vernunft in ihr dieselbe strenge Gesetzmäßigkeit vorfindet wie in der Natur. Dieser Glaube an die Herrschaft der Vernunft nicht nur über tote Dinge, sondern ebenso über Individuen und Gesellschaft ist kennzeichnend für die Weltsicht des linken Lagers. Und genau dieser Glaube macht begreiflich, warum Freiheit ein Begriff ist, mit dem die Linken so wenig anzufangen wissen.

Diem Skeptiker haben sich heftig gegen die Leugnung der Freiheit und damit auch gegen den Universalanspruch der Vernunft gewehrt. Es ist kein Zufall, dass das rechte Lager die Freiheit immer wieder zum Angelpunkt der eigenen Weltanschauung erhob. Diese grundlegende Bruchlinie in der Geschichte des europäischen Geistes muss man verstehen, wenn man bis in die tieferen Schichten jenes Gegensatzes vordringen will, der bis heute Rechts und Links voneinander scheidet.

Kreation – die Eigenart der kulturellen Sphäre

Wenn die soziale Sphäre ebenso von Gesetzen beherrscht wird wie die Natur, dann erstreckt sich der Universalanspruch der Vernunft auch auf die Gesellschaft, und deren Theoretiker und Ärzte gleichen den Physikern und Ingenieuren. Doch dieser Anspruch hält weder der historischen noch der logischen Analyse stand. In Wahrheit ist die soziale Realität eine frei erschaffene Sphäre, die sich eben aufgrund dieser Eigenart in jeder Epoche und jedem Erdteil in eigener Gestalt manifestiert. Den universalen Menschen und die universale Gesellschaft gibt es nur als begriffliche Abstraktion, insofern Menschen ihre Grundbedürfnisse mit den Tieren teilen: Das Verlangen nach Essen, Trinken, Sex und sozialer Kommunikation – nur das haben sie alle miteinander gemein. Doch schon auf der Ebene des elementarsten Ausdrucksmittels, über das der Mensch als Kulturwesen verfügt, dringt der Mensch in die Sphäre der Freiheit vor. Jede Sprache entwickelt sich aus Akten der reinen Kreation und tritt genau deshalb auch in potentiell unendlichen Varianten auf. Der Mensch kann beliebig viele Sprachen erschaffen, seiner Freiheit sind hier keine Grenzen gesetzt. Vergeblich sucht die Vernunft nach Gesetzen, aus denen sie die konkrete Gestalt einer Sprache herzuleiten vermöchte. Sprache ist Setzung: Ausfluss unserer Fähigkeit, neue soziale Wirklichkeit im schöpferischen Akt zu erschaffen.

Das Misstrauen der linken Sozialtheoretiker gegenüber der kulturellen Sphäre

Sprache bezeichnet jedoch nicht mehr als den unteren Sockel, das Fundament, menschlicher Kreativität. Ersetzen wir das Wort „Sprache“ durch Kunst, Tradition, Religion, so lässt sich begreifen, warum eine rechts orientierte Weltanschauung, auch wenn sie nicht den Vorteil besitzt, sich auf eine universale Vernunft zu berufen, dennoch eine Seite des Wirklichen in den Blick bekommt, für die das linke Lager kaum Interesse besitzt, wenn es ihr nicht überhaupt – ebenso wie der Mainstream der Wissenschaften - desinteressiert, misstrauisch oder schlicht mit Unverständnis begegnet. Der Rationalist weiß mit Kreation nichts anzufangen (3). Aus der Sicht der ursprünglich auf die Erkenntnis der Natur bezogenen Wissenschaften gehört die Kultur der Sphäre des Willkürlichen und Zufälligen an. Himmelskörper sind ewig, ebenso wie die Gesetze der Bahnen, auf denen sie sich bewegen. Dagegen sind Sprachen, Bräuche, Rechtsvorschriften und Gottesvorstellungen, mögen sie uns nun bei den Indern, Ägyptern, Azteken oder US-Amerikanern begegnen, mit dem Makel des Ephemeren behaftet. Sie sind immer nur vorübergehend in Geltung, so vergänglich und wandelbar wie diese Gesellschaften selbst. Die Wissenschaften und die an ihnen orientierte linke Sozialtheorie wollen ewige Gesetzen und nicht das Zufällige finden. Die Sphäre des Kulturellen erscheint ihnen daher minderwertig gegenüber den universalen Ordnungen der Natur. In dieser Hinsicht erweisen sich die Rationalisten des linken Lagers als legitime Erben und typische Vertreter einer dreihundertjährigen Geisteshaltung.

Die Revolution des 17. Jahrhunderts

Diese war und ist nichts anderes als eine der folgenschwersten geistigen Umwälzungen in der Geschichte des Menschen. Denn bis dahin hatte der Mensch das gerade Gegenteil geglaubt und für unbedingt richtig gehalten. Alles, was er mit der Natur und den Tieren teilte, galt ihm als minderrangig. Den höchsten Rang verlieh er dagegen allem, was er über diesem Fundament des Notwendigen als seine freie Schöpfung verwirklichte. Darin sah er den kostbarsten, den eigentlich menschlichen, wenn nicht gottgegebenen Teil. Die ewige Ordnung, das waren bis zum 17. Jahrhundert - sieht man von Lukrez und wenigen anderen Denkern des griechisch-römischen Interludiums einmal ab - nicht etwa die Gesetze der physischen Welt, sondern die moralische Bestimmung und soziale Ordnung, welche Gott oder Götter, die Geister oder das Fatum den Menschen gegeben hatten. Als das eigentlich Zufällige, Ephemere, Vergängliche galt das materielle Diesseits der Natur im Wechsel seiner Erscheinungen. Die ewige Ordnung erhob sich weit darüber als eine erhabene geistige Sphäre.

Das Geistige verkam zum Überbau

Die moderne Wissenschaft hat dieser Weltsicht einen Stoß – wenn auch nicht wirklich den Todesstoß – versetzt. Sie durchschaute die Relativität der Moral, der Werte, der Gottesvorstellungen, die sich - über lange Zeiten und Räume betrachtet - bis in den schroffen Widerspruch zu steigern vermag. Sie erkannte, dass viele der blutigsten Kriege und Verfolgungen auf nichtigen Unterschieden von religiösen Dogmen beruhten. Entschlossen kehrte die Wissenschaft sich daher jenen Wahrheiten zu, die unabhängig von menschlichen Meinungen gelten. Und diese fand sie eben in den gesetzhaften Ordnungen der materiellen Natur. Kunst, Religion, Politik und allgemein die Kultur erschienen im Vergleich damit als beliebig und daher uninteressant. Wenn die Rationalisten des linken Lagers diesem „Überbau“ jenseits der materiellen Sphäre dennoch ihre Aufmerksamkeit schenkten, dann einzig um den Beweis zu erbringen, dass es eben die materielle Sphäre sei – die Ökonomie und die darin zum Ausdruck gelangenden elementaren Bedürfnisse des Menschen -, welche die geistige Sphäre letztlich beherrschen und sie bedingen.

Die unmögliche Reduktion

Doch die Versuche einer solchen Reduktion des Geistigen auf das Materielle sind sämtlich gescheitert. Wir können Sprachen und ihre Unterschiede nicht von der Ernährung, den Produktionsmitteln oder der Verteilung des Reichtums ableiten. Dasselbe gilt für die Musik, die Malerei, die Dichtung, die Formen der Geselligkeit, aber auch die Mathematik (4). Zwar berührt sich jede Gesellschaft in ihren elementaren Bedürfnissen mit der Natur und ist an diesem Punkt ihren Zwängen und Gesetzen ausgeliefert, doch über diesen physischen Zwängen errichtet sie ihr je eigenes Reich der Freiheit. Poetisch ausgedrückt wird Gesellschaft hier zur Musik. Sie wird zum Schöpfer ihres eigenen Seins.

Die Religion bildet hier keine Ausnahme

Das gilt auch für jene Sphäre, die so oft mit den Interessen der Macht verwoben ist: für die Religion. Ob ein Volk oder eine Epoche ihr Weltbild animistisch, poly- oder monotheistisch oder als Mystik entwirft, lässt sich nicht aus den materiellen Bedingungen ihres physischen Seins deduzieren. Die rationale Weltdeutung, die hier nach Gesetzen sucht, geht deshalb ganz am Wesen der kulturellen Sphäre vorbei. Sie ist blind für die Freiheit von Individuum und Gesellschaft. Sie schreckt geradezu vor der Freiheit zurück, weil sie aus ihrer Perspektive nichts anderes als Willkür entdeckt. Aber diese Will-kür, diese Fähigkeit, jenseits der materiellen Zwänge, eine eigene Welt durch den „freien Willen zu küren“, d.h. über der Welt des Notwendigen zu entwerfen, macht den eigentlichen Kern unseres Menschseins aus. Unsere sozialen Entwürfe, das sind eben die Bräuche, Rituale, Moralvorstellungen, Rechtsvorschriften und Institutionen. Die Rationalisten, angefangen bei Descartes bis zu Bertrand Russell und dem Mainstream der Wissenschaften, die den Stempel ihrer Weltanschauung so erfolgreich dem allgemeinen Bewusstsein aufdrückten, gehen an dieser wichtigsten Fähigkeit des Menschen vorbei – und das gilt eben auch für das linke Lager, das diese Freiheit nicht anerkennt, weil sie seinen Bemühungen eine unüberschreitbare Grenze setzt. Die Gesellschaft ist beliebig reformierbar, wenn und soweit sie sich wie eine Maschine justieren lässt, sie entzieht sich aller Sozialtherapie, wenn und soweit ihr Sein auf dem eigenen Wollen beruht.

Wie weit gilt der Vorwurf der Beliebigkeit der kulturellen Sphäre?

Das große Trauma der neuzeitlichen Erkenntnis ist wieder einmal dem Apfel geschuldet, genauer gesagt, jenem Biss der zur Erkenntnis führt. Seit dem Ende des 15. Jahrhunderts blickten die Menschen über den Tellerrand ihrer eigenen Stadt, ihres Landes, ja des europäischen Kontinents – und was sie entdeckten war eine Vielfalt von Werten und moralischen Vorstellungen, die einander gegenseitig aufzuheben und zu zerstören schienen. Die Hinwendung zu den Wissenschaften von der Natur, die mit großem Pathos schon bei Francis Bacon begann, lässt sich deshalb auch als eine Flucht verstehen. Sie bot sich als Rettung vor einer fundamentalen Desorientierung an, denn das bis dahin durch Vergleiche mit anderen Kulturen kaum erschütterte Weltbild des Mittelalters wurde nun durch die Kenntnis des radikal Anderen beständig in Frage gestellt.

Aber wie verhält es sich mit dem seit jener Zeit schwelenden Grundverdacht, dass alle Kultur letztlich beliebig sei? Kehren wir für einen Augenblick wieder zur Sprache zurück. Es ist wahr, dass die Lautgebilde, womit wir in der je eigenen Sprache begriffliche Inhalte be-„zeichnen“, grundsätzlich willkürlich sind (5). Jede Sprache erschafft sich andere Lautzeichen und grammatische Konventionen. Es gibt keine Sprache schlechthin, welche die Vernunft sich jenseits dieser grundsätzlichen Willkür erfinden könnte. Wollen wir überhaupt kommunizieren, müssen wir auf Vernunft verzichten und uns einer konkreten – und in ihrer Konkretheit notwendig willkürlichen - Sprache bedienen. Genau diese Bedingung gilt aber ebenso für den ganzen Bereich der kulturellen Sphäre, z.B. für die Symbole, Rituale, Glaubensartikel und Mythen der Religion (es sei denn, man glaubt, sie seien vom Himmel gefallen). Eine Religion schlechthin kann daher genauso wenig wie eine Sprache schlechthin existieren.

Doch wenn wir der Ahnung von der fundamentalen Rätselhaftigkeit unseres Daseins Ausdruck verleihen wollen, dann können wir dies grundsätzlich nur über konkrete Bilder tun, die als solche immer auswechselbar und vorläufig sind. Ohne jemals die letzte Wahrheit sein zu können, weisen sie dennoch auf eine Wahrheit hin, die der Mensch im Laufe seiner ganzen Geschichte immer erneut mit immer neuen Bildern umkreist. Rationalisten machen es sich zu leicht, wenn sie die Bilder verspotten, denn damit treffen sie nicht die hinter ihnen verborgene Wahrheit. Diese drängt eben so mächtig nach Ausdruck wie unser Verlangen nach Kommunikation, das sich eine Sprache erschafft, deren jedes einzelne Wort in seiner Konkretheit durch Vernunft unbegründbar bleibt. Und es ist nicht die sprachlose Ahnung selbst, sondern es sind notwendig immer die zu Sprache und Kultur geronnenen Bilder, die sich vollsaugen mit Assoziationen, Gefühlen, Leidenschaften, Hoffnungen und Depressionen. Was der Rationalist als beliebig von sich stößt: die konkreten Formen der frei geschaffenen kulturellen Sphäre, das ist in Wahrheit die tragende Substanz für alles geistige und affektive Sein. Solche Einsichten sind im rechten Lager eher zu finden als bei den linken Universalisten. Bei Pascal eher als bei Descartes (6), bei Herder und Kant eher als bei Leibniz.

Der deutsche Mittelweg

Wenn die Linken sich immer wieder auf das Gesetz berufen, während die rechte Seite gerne die Freiheit beschwört, so ist das weit mehr als das Geklingel von politischem Kleingeld inmitten der üblichen Grabenkämpfe. Im Hintergrund steht eine weltanschauliche Konfrontation, die mindestens bis ins 17. Jahrhundert zurückreicht und in deutlichster und hellster Gestalt in der Aufklärung des 18. zum Durchbruch gelangte. Das 18. Jahrhundert war zugleich die Epoche von Voltaire und von Herder und Kant. Voltaire hatte – ich erinnere an das obige Zitat – Mensch und Gesellschaft mit dogmatischem Machtspruch den Gesetzen der Natur unterworfen. Damit lag er ganz auf der Linie der zu seiner Zeit siegreich zum Durchbruch gelangten Naturwissenschaften. Doch die Einseitigkeit des naturwissenschaftlichen Weltbildes blieb nicht unwidersprochen. Herder lenkte den Blick seiner Zeit auf die Schöpfungen der Kultur und damit auf die Freiheit des Menschen. Das war eine andere Aufklärung – Aufklärung über die Wirklichkeit jenseits der gesetzmäßig erfassbaren Welt. Herder hat die schöpferische Freiheit, die auch die Naturwissenschaften zu ihrer Voraussetzung haben (7), nicht wirklich begründen können, aber er hat ihre Existenz praktisch aufgezeigt.

Kein Denker hat den Weg zur Versöhnung der Gegensätze so entschlossen beschritten wie Immanuel Kant. Vielleicht lag ihm diese Vermittlung besonders nahe, weil er ein Deutscher ist, die ja selbst ein Volk der geographischen Mitte sind. Sie kündigt sich schon im Titel seines Hauptwerkes an. Die Kritik der reinen Vernunft will zugleich deren Exploration und – wie in den Aporien gezeigt – deren kritische Eingrenzung sein. Später, in der Kritik der praktischen Vernunft wird Kant vollends jene Sphären aufwerten, welche die Rationalisten als minderwertig aus ihrem Blickfeld verbannten.

Links oder Rechts – das ist nicht die wichtigste Frage

Die politische Orientierung beider Lager habe ich als ernstzunehmende Handlungsanweisungen für den Umgang mit Mensch und Gesellschaft betrachtet und dabei auf ihren tiefer liegenden Gegensatz in dem dreihundertjährigen Diskurs über Freiheit und Notwendigkeit hingedeutet. Mit ihren zynisch-banalen Erscheinungsformen – die dennoch nicht selten die vorherrschenden sind – habe ich mich nicht weiter befasst. Es ist ja offensichtlich, dass die rechte Lehre oft nur dazu dient, eine Schutzmauer um bestehende Privilegien zu errichten, während die Linken nur danach streben, ihrerseits zu deren Nutznießern zu werden. Es ist auch kaum zu leugnen, dass Religion nicht selten Opium für das Volk sein sollte, wenn sie dies auch nie ausschließlich gewesen ist. Schon gar nicht bin ich auf die gefährlichen Entartungen beider Richtungen eingegangen. Linke Vernunft und rechter Voluntarismus lassen sich gleichermaßen zum Nutzen wie zum Schaden der Gesellschaft verwenden. Die Vernunft kann Monster gebären, wie schon Goya wusste (La razon produce monstruos). Wo sie zur absoluten Herrschaft einer Nomenklatur wird, die sich im Besitz der erlösenden Formel wähnt, geht der Terror unbeirrt über Leichen. Andererseits neigten Gesellschaften durch die ganze bezeugte Geschichte dazu, sich selbst, d.h. ihre Anschauungen, Dogmen, Bräuche und ihre jeweilige religiöse Weltsicht, absolut zu setzen, während sie andere Völker zu Barbaren, ihre Sprache zur Stammelei und ihre Anschauungen zum Teufelswerk erklärten. Aus der Einzigartigkeit des eigenen sozialen Selbstentwurfs leitete man die Berechtigung ab, alle anderen Manifestationen des Menschseins als wertlos zu diffamieren. Glitt diese Selbstübersteigerung gar ins Biologische ab, so dass man die eigene „Rasse“ an die Spitze der Menschheit stellte, dann erteilte man sich selbst die Lizenz zur Vernichtung anderer Menschen. Hannah Arendt hat linken und rechten Totalitarismus zu Recht verglichen und gleich gesetzt, denn in ihren Wirkungen richten beide dieselben Verwüstungen an.

Darüber wollte ich absichtlich nicht reden, denn es gibt schlechthin keine Idee, die sich nicht missbrauchen ließe und in der Geschichte missbraucht worden ist. Viel wichtiger erscheint mir daher, dass beide politische Richtungen ihre Berechtigung, wenn nicht gar ihre eigene Notwendigkeit haben – und zwar zu verschiedenen Epochen in unterschiedlichem Maße. Die linke Vernunft lässt sich dem Messer des Chirurgen vergleichen, mit dem dieser faules oder krebsbefallenes Gewebe entfernt. Jede Gesellschaft lebt mit Widersprüchen, die mit der Zeit ihr Gleichgewicht derart gefährden, dass man Besserung nur noch mit schmerzhaften Eingriffen erzielt. Die moderne Eigentumsgesellschaft ist speziell in Gefahr, an der fortschreitenden Akkumulation von Einkommen und Vermögen in immer weniger Händen zu scheitern, weil ihr innerer Zusammenhalt dadurch bedroht ist.

Doch außer in Zeiten der Krise besteht jede Gesellschaft überwiegend aus gesundem Gewebe. Das aber bedarf der Bewahrung und des Schutzes. Schließlich zielt ja auch jede Neuerung darauf ab, einen stabilen, erhaltenswerten Zustand herzustellen. Bewahrung und Fortschritt, Schutz und Ersetzung des Überlebten betrachte ich daher als einander ergänzende Kräfte (8). Vernunft ist gefordert, wenn Institutionen und soziale Regeln offensichtlich nicht mehr zweckmäßig sind. Dann ist das Messer nötig, mit dem die Kräfte der Reform den Krankheitsherd chirurgisch entfernen. Die Krise, in der wir uns jetzt befinden, ist eine derartige Zeit der Krankheit. Vernunft ist gefordert - insofern sollte dies eine Stunde der Linken sein. Doch hat deren Arbeit ihren Zweck erreicht, weil das soziale Gleichgewicht wieder hergestellt und das Übel beseitigt wurde, dann gilt es, den Organismus in seinem neuen Zustand zu erhalten. Kräfte der Bewahrung sind dann gefragt. So betrachtet erscheinen mir Links und Rechts keinesfalls als unversöhnliche Gegensätze.


1 So gesagt auf einer Wahlveranstaltung am 1 März 1978 in Neustadt bei Coburg.
2 Descartes:
Der neuzeitliche Vater des Rationalismus, René Descartes, hatte die Tiere bekanntlich zu Automaten erklärt, auch den Menschen verglich er mit einer Maschine: „Ich wünsche deshalb, dass man alle Funktionen, die ich dieser /den menschlichen Organismus exakt imitierenden/ Maschine zugeschrieben habe, wie die Verdauung von Fleisch, das Schlagen des Herzens... die Wahrnehmung des Lichts..., die Eindrücke der Erinnerung.. die äußeren Bewegungen der Glieder..; ich wünsche, sage ich, dass man diese Funktionen in der Weise auffasst, dass sie sich in dieser Maschine auf ganz natürliche Art allein aus der Anordnung der Organe ergeben - ganz genauso wie die Bewegungen einer Uhr oder eines anderen Automaten sich aus derjenigen der Gewichte und Räder ergibt. (Descartes, R.:1953, (1660) Oeuvres, Hrsg. Bridoux, A., Edition de la Pléiade, Paris; S. 873. Übers. GJ). Descartes schreckte allerdings vor der logischen Konsequenz zurück, den Menschen wie die Tiere als biologisches Wesen ebenfalls unter die Automaten zu reihen. Wohl wissend, dass er sich damit der Verfolgung durch die damals noch allmächtige Inquisition ausgesetzt hätte, verlegte er die Freiheit in ein bis dahin so gut wie unbekanntes und nahezu fiktives Organ: die Zirbeldrüse
Vgl. hierzu den Kommentar von Henri Bergson. „Das Hinundherschwanken zwischen mechanischer Determiniertheit und schöpferischer Entwicklung kommt im Cartesianismus klar zum Ausdruck. Auf der einen Seite postuliert Descartes einen universalen Determinismus:... Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft müssten von Ewigkeit her vorbestimmt sein. Auf der anderen Seite aber ... glaubt Descartes an den freien Willen des Menschen. Dem Determinismus der physischen Erscheinungen stülpt er den Indeterminismus der menschlichen Handlungen über ... Er hat sich also nacheinander auf zwei ganz verschiedene Wege begeben, entschlossen, keinen von ihnen bis zum Ende zu gehen. Der erste dieser Wege hätte ihn dazu geführt, den freien Willen des Menschen und ein wirksames Wollen Gottes zu leugnen...“ (Bergson: L‘évolution créatrice. (1913) Paris 1945. Übers. GJS. 373).
Voltaire:
Der Staraufklärer des 18. Jahrhunderts brauchte sich vor dem seelenreinigenden Feuer besorgter Priester nicht länger zu fürchten und konnte der menschlichen Freiheit daher ohne Wenn und Aber eine Absage erteilen. „Es wäre schon recht erstaunlich“, schrieb Voltaire, „wenn alle Sterne ewiger Gesetzhaftigkeit unterliegen, während nur ein unscheinbares Tier von fünf Fuß Größe sich nach Belieben ihnen widersetzen darf, gerade wie seine Launen es ihm gebieten. Dann würde es dem Zufall gehorchen, aber man weiß, dass der Zufall ein Nichts ist. Dieses Wort haben wir erfunden, um die bekannte Wirkung für eine nicht bekannte Ursache zu bezeichnen“ (Voltaire: Traité de métaphysique, 1734).
Karl Marx:
Der deutsche Sozialphilosoph hat diese Linie bruchlos fortgesetzt. Karl Popper, zu Unrecht als Positivist verschrien, hat gegen Marx den Vorwurf des Historizismus erhoben, womit er nichts anderes meint als die Leugnung der Freiheit. Marx glaubte das Verfahren der Naturwissenschaften auf Mensch und Gesellschaft anwenden und dort die gleiche Art ewiger und unerbittlicher Gesetze auffinden zu können wie im Bereich der leblosen Dinge. Daher seine apodiktische Prophezeiung von der Geburt einer klassenlosen Gesellschaft, die aufgrund der Gesetzmäßigkeiten der ökonomischen Basis an einem bestimmten Punkt sozialer Entwicklung mit Notwendigkeit stattfinden würde.
Bertrand Russell:
Einer der durch Stil, geistige Strenge und Witz gleichermaßen hervorragenden Rationalisten der neueren Geschichte ist in der Leugnung der Freiheit noch deutlicher geworden als seine Vorgänger:
„Wir wissen nicht, auf welche Weise sie [die Einzeller] sich am Anfang entwickelten, aber ihre Entstehung ist nicht geheimnisvoller als die der Heliumatome. Es gibt keinen Grund für die Vermutung, dass die lebende Materie Gesetzen unterworfen ist die verschieden von denen sind, welchen die nicht-lebende gehorcht. Und es gibt gute Gründe anzunehmen, dass theoretisch alles im Verhalten der lebenden Wesen in den Begriffen der Physik und der Chemie erklärt werden kann“ (Russell, B.: Das menschliche Wissen, 1953; I. Teil, 4.Kap.).
3 Eine der wenigen Ausnahmen bildet Konrad Lorenz, der mit dem Begriff der Fulguration die Freiheit sogar in die Theorie der Evolution einführte. Vgl. Konrad Lorenz: Die Rückseite des Spiegels. dtv 1977; S.58ff.
4 Wie interessanterweise Bertrand Russell an einer Stelle bemerkt, für die ich im Augenblick allerdings keinen Nachweis habe.
5 Fernand de Saussure: Cours de linguistique général. (1916) hrsg.v. E. Roulet, Paris 1975; S. 43.
6 Pascal spielt auf den Gegensatz an, wenn er den «Esprit de la finesse» gegen und über den «Esprit de la géométrie» stellt.
7 Mit den hier angesprochenen philosophischen Problemen habe ich mich in zwei gesonderten Aufsätzen auseinander gesetzt. In „Freiheit und Wunder – das allzulange verschüttete Weltbild der Wissenschaften“ (http://www.gerojenner.com/portal/gerojenner.com/Freiheit_und_Wunder.html) und in „Was ist Freiheit?“ (http://www.gerojenner.com/portal/gerojenner.com/Was_ist_Freiheit.html).
8 Bei allen Erlösungslehren, also auch denen von linker Art, wird daraus sogar eine Coincidentia Oppositorum. Denn sobald die Menschheit vom Übel erlöst ist, z.B. weil das Proletariat seine Diktatur antritt, geht die zuvor praktizierte Revolution übergangslos in einen versteinerten Konservativismus über: Das Ziel ist erreicht, es gibt nichts mehr zu verbessern und zu verändern. Die Staaten des real existierenden Sozialismus haben das Ziel sogar schon vorweggenommen, die Wahrheit galt als gefunden und alles auf Erneuerung zielende Denken wurde unter Strafe gestellt. Diese Staaten waren weit deshalb konservativer als die des westlichen Lagers.

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