[Debatte-Grundeinkommen] In Frankreich gibt es das Grundeinkommen seit kurzem schon

Viktor Panic viktor.panic at gmx.de
Mo Mär 22 15:39:54 CET 2010


Naja, es heißt anders und ist leider nicht bedingungslos, doch es wird sich als entscheidender Schritt in diese Richtung erweisen!
Es nennt sich RSA (Revenu de Solidarité Active, aktiv. Solidareinkommen), ist von der Familiengröße abhängig und ähnelt dem "liberalen Bürgergeld" aus dem Wahlprogramm der deutschen FDP, da (leider) mit dem RSA auch eine Verpflichtung zur Arbeitswilligkeit eingeführt wurde.
Entscheidend ist jedoch, dass Bezieher, die eine Arbeit aufnehmen, 62% des hinzuverdienten behalten können, zusätzlich zur Sozialleistung! Bei der vorherigen Sozialhilfe - ebenso wie früher in D - wurde Zuverdienst vollständig wieder von der Unterstützung abgezogen, in D bleiben auch heute ("Hartz IV") nur 20% des Lohns (und weniger) beim Bedürftigen.
Da sich beim RSA Arbeit also wirklich lohnt - zudem gibt es in F traditionell einen gesetzlichen Mindestlohn von ca 9 Euro - bin ich davon überzeugt, dass sich die "moralische Keule" als überflüssig erweisen wird!
(Konkretes über die Umsetzung weiß ich leider nicht.)
Betont muss noch werden, dass diese Unterstützung nicht nur als Einstiegshilfe gezahlt wird, sondern dauerhaft, und dass sie allen Beschäftigten mit gleich niedrigem Einkommen zusteht, das RSA stellt also keine Ungleichbehandlung her wie manch ein verunglücktes Kombilohn-Modell!
(Ich befürworte Kombilöhne, aber nur wenn das Prinzip "gleicher Lohn für gleiche Arbeit" gewahrt ist, also gleiches Netto-Einkommen bei gleichem Brutto-Lohn!)

--------------------------------------------------------------------------

Diesen Text habe ich als Kommentar zum Artikel in der Wiener Zeitung gepostet, auf den uns Markus Schallhas aufmerksam gemacht hat.
Ich halte es für sehr wichtig, dass wir uns der Tatsache bewusst sind, dass das liberale Bürgergeld dem bedingungslosen Grundeinkommen sehr nahe steht, und dass ersteres in Frankreich gerade dem Praxistest unterzogen wird.
Es ärgert mich, dass Frankreich dermaßen ignoriert wird,
während andererseits von Brasilien geschwärmt wird, wo das BGE seit Jahren im Sumpf (d.h. in seinen Anfängen) steckengeblieben ist. Es ist dort bisher auch nicht mehr als Workfare. Und in einem Bericht habe ich gelesen oder gehört, wie dort geschimpft wird auf Leute, die über den geltenden Einkommensgrenzen liegen und sich das Geld erschleichen --- mit dem letztendlichen Anspruch, dass ALLE das Grundeinkommen erhalten sollen, hat dies (noch) nichts zu tun.
Was Namibia betrifft: Es wäre von Vorteil gewesen, wenn dieses Projekt nicht von Anfang an befristet gewesen wäre, denn ein befristetes Grundeinkommen ist letztlich nichts anderes als eine zeitlich gestreckte Einmalzahlung und hat kaum andere Auswirkungen. Erst jetzt, wo das Projekt open-end läuft, kann man von realistischen Bedingungen sprechen. Dass es dennoch einen positiven Einfluss auf das Verhalten der Menschen hatte, bezweifle ich natürlich nicht. Was noch fehlt, ist allerdings die Wirkung einer Steuer, die zur Finanzierung notwendig ist, auf die Arbeitsbereitschaft der Menschen - denn bislang kommt das Geld ja von außen! Ein wichtiger Kritikpunkt, der BGE-Gegnern bisher noch entgangen ist.
Nein, ich bin kein Miesepeter, aber meine Zuversicht basiert nicht auf Brasilien oder Namibia, sondern auf Frankreich, direkt vor unserer Haustür.

-- 
Sicherer, schneller und einfacher. Die aktuellen Internet-Browser -
jetzt kostenlos herunterladen! http://portal.gmx.net/de/go/atbrowser



Mehr Informationen über die Mailingliste Debatte-Grundeinkommen