From wube at gmx.net Thu Apr 1 03:48:00 2010 From: wube at gmx.net (=?ISO-8859-1?Q?willi_=FCbelherr?=) Date: Thu, 01 Apr 2010 03:48:00 +0200 Subject: [Debatte-Grundeinkommen] =?iso-8859-1?q?Offener_Brief_an_Attac_zu?= =?iso-8859-1?q?r_Presseerkl=E4rung_zum_Grundeinkommen_=2Cin_Namibia?= In-Reply-To: <17E5892482CD42F7B003C7D570768802@HAKETOSH> References: <17E5892482CD42F7B003C7D570768802@HAKETOSH> Message-ID: <4BB3FB50.3070906@gmx.net> lieber hartmut, danke dir für deine offene und ehrliche kritik meines offenen briefes, weil er wohl bei dir den eindruck hinterlassen hat, daß ich mich gegen das BGE in namibia grundsätzlich ausspreche. aber dem ist nicht so, wie ich mich auch nicht gegen das grundeinkommen in brasilien ausspreche. und dies nirgendwo in der welt. das eintreten und wirken für ein bedingungsloses grundeinkommen ist unsere reaktion auf verhältnisse, wo der großteil der menschen von der basis ihrer selbstversorgung abgeschnitten werden und nur noch über lohnabhängigkeit ihre existenz sichern können. gegen diese kopplung von zwang zum selbstverkauf mit der existenzsicherung, die wir bedingungslos allen menschen zusprechen, setzen wir das BGE. claudia haarmann aus windhoek hätte diese erklärung mit sicherheit ganz anders geschrieben und die interviews auch anders gefüllt. wir dürfen über alle notprozesse nicht den kern aus den augen verlieren. eine welt, die zunehmend der privaten aneignung unterworfen wird, wollen wir nicht. wir wollen eine welt, deren potentiale allen gleich zur verfügung steht und wo die entscheidungen in den einzelnen regionalen belangen von allen betroffenen bestimmt werden. wenn wir dieses zentrale moment aus dem blick schieben, verlieren wir den bezug zur realität und operieren nur noch auf einer reduzierten ebene. dann werden plötzlich nebenfragen zur hauptsache. an vielen beispielen hat herbert jauch die positiven veränderungen skizziert, die durch das GE in omitara sich vollziehen. und gemessen an der plünderung von namibia, allein schon über den diamantendiebstahl durch die europäer, können wir erahnen, mit welch geringem aufwand durch entfaltung der wassersysteme, wiederaufforstung und landwirtschaft für die ernährungsbasis in kurzer zeit sich dieses land in einen großen garten verwandeln ließe, so wie es früher einmal war. überall auf der welt finden wir prozesse der aneignung von land und folgender vertreibung der einheimischen auch heute. in madagaskar haben es die menschen verhindert. im amazonasgebiet finden täglich kämpfe statt, von denen wir vieles nichts wissen. in südargentinien sind die indios zu schwach, um es zu verhindern. die kapitalkonzentrate aus den erdölliefernden diktaturen kaufen sich massiv über die korruption der herrschenden, installierten eliten in die afrikanischen länder ein, die völlig aus dem produktiven raum getreten sind. dem müssen wir, in jeder ausdrucksform, entgegentreten, indem wir immer den allgemeinen zugang zu den naturressourcen postulieren. namibia ist hier wirklich ein kristallationspunkt für koloniale prozesse ähnlich palästina. und wir haben hier eine besondere situation für deutsche, weil die ganzen kartierungsmaßnahmen von den deutschen organisiert wurden. es läge also nahe, erstmal für die enteignung der großgrundbesitzer einzutreten und gleichzeitig den boykott der namibischen exportstrukturen zu organisieren. weil ohne land und bei 60% arbeitslosigkeit ohne sozialversorgung bleibt denen afrikanern nichts. diese ganze verlogenheit deutschtümmelnder geschichtsverfälschung, die deutschen seien ja so fair gewesen, was heute immer noch kursiert, müssen wir zersetzen. ich kenne leute, die reisen nach namibia und wissen nichts von den hereros, oder der verbrennung der dörfer, vergiftung von brunnen, KZ's und anderen zwischenlagern in der zeit der geometrischen neustrukturierung. namibia taucht nur noch als rohstofflager und naturerlebnisfeld auf, mit luxurösen lodges im traditionellen stil. dunkel sind dann die diener. es ist einfach nur ekelhaft. deswegen, lieber hartmut, wir sind uns in der haltung zum GE sehr nah, in unserer sozialen und ethischen verantwortung. unterschiedlich in der vorgehensweise. ich will die perspektiven im mittelpunkt, im fokus, und kann dann alles unterstützen, was zur näherung zu diesem ziel führt. und ich will es kurz fassen. - die demokratie als politische methode der selbstorganisation. jeder mensch eine stimme in allen ihn betreffenden angelegenheiten. - die äquivalenzökonomie als grundlage der tauschbeziehungen. aus der gleichwertigkeit aller menschen in ihrer unterschiedlichkeit folgt die gleichwertigkeit ihrer tätigkeiten. der tausch wird sich nur dort vollziehen, wo er auch notwendig ist. das sind die grundelemente des demokratischen sozialismus des 21.jahrhunderts, wie wir es in den ALBA-ländern entstehen sehen. hier bleibt kein platz für plünderung. und kein platz für die private aneignung allgemeiner güter, zu deren entstehung wir nichts beigetragen haben. die erde kann niemand privat beanspruchen, das wissen der menschheit kann niemand privat für sich monopolisieren. auf diesen prinzipien können wir uns allen menschen in anderen weltregionen auf gerechter und ehrlicher weise nähern, mit ihnen in kommunikation treten, mit ihnen tauschen, wenn notwendig. unser wissen allerdings geben wir frei, allen, die seiner bedürfen. mit lieben grüßen, willi Am 31.03.2010 15:07, schrieb Hartmut Keller: > Lieber Willi! > > Du hast natürlich nach Meinung vieler Menschen völlig recht: Die Art und > Weise, wie wir Menschen miteinander umgehen, was die Verteilung des Landes > mit den damit verbundenen Eigentumsverhältnissen auf unserer begrenzten > Mutter Erde angeht, ist bares Unrecht und schreit zum Himmel. Das ist ein > Thema, dem sich nun wirklich schon ganz viele Menschen mehr oder minder > erfolgreich widmen. > > Doch nun, lieber Willi, verknüpfst Du die Vergabe eines BGE an 1.000 > bettelarme Menschen in Namibia mit der Idee, dass durch diese Maßnahme > erreicht werden soll, "Zitat Willi: ... die Bezieher des BGE ruhig zu > stellen und von ihrem notwendigen Kampf für die Enteignung des Landes > abzuhalten." Man nennt diese Methode mittlerweile Tittitainment, oder? > > Sag mir, lieber Willi, suchst Du immer nach Gründen, damit ein Weg nicht > begangen wird oder bist Du einfach nur total geblockt und verbittert über > die derzeitigen Verhältnisse, die Dich davon abhalten, nach einem Weg zu > suchen und nicht nach Gründen, um den Weg bloß nicht beschreiten zu müssen. > Ich muss Dir ehrlich sagen, ich finde Deine Argumentation überhaupt nicht > hilfreich, um nicht zu sagen kontraproduktiv. Wir alle oder zumindest fast > alle, die wir uns um die Verbreitung der Idee des BGE bemühen, wissen doch, > dass mit der Einführung eines BGE auch eine elementare Veränderung unseres > Wirtschaftssystems einhergehen muss. Als da sind dramatische Veränderungen > der Eigentumsstrukturen, Einführung eines neuen Geldsystems ohne > Positivzinsen, um mal 2 elementare Baustellen zu nennen, die wir angehen > müssen. Aber nur, weil ich gegenwärtig meinen Fuß noch nicht in die Tür zu > den Machtzentren dieser Welt gezwängt kriege, verteufele ich den BGE-Versuch > in Namibia doch nicht als infame, abgefeimte und zynische > Ruhestellungsmaßnahme der bösen, dunklen Mächte. Ich denke, damit tust Du > den armen Menschen in Otjivero-Omitara wirklich Unrecht und keinen Gefallen. > Wie sollen sich die armen Menschen denn überhaupt wehren? Mit BGE haben sie > keine Chance und ohne BGE erst recht nicht. Und sie wehren sich doch. Die > begehen doch "tresspassing" und stehlen oder stahlen vor Einführung des BGE > sich Dinge für ihren Lebensunterhalt zusammen. Zu etwas anderem sind sie > doch ihrer Armut wegen überhaupt nicht in der Lage. Diese Art von Widerstand > endet aber immer nur im Knast und bestärkt die Mächtigen doch nur in ihrem > Vorgehen gegen "dieses faule, kriminelle Gesindel". > > Lieber Willi, geh einfach mal in Dich und überlege Dir, womit Du unserer > Bewegung eher nützt und wodurch eher schadest. Dieser Diskurs schadet meiner > Meinung nach eher. Hier noch ein Tipp: Lies doch einfach noch einmal die > Bergpredigt. Mit Hass, Schuldzuweisungen, Arroganz, Überheblichkeit, > Selbstgerechtigkeit - so sagt Jesus - wirst Du nichts erreichen. Versuch es > mal mit Liebe, Demut, Barmherzigkeit und Verständnis - auch Deinen Feinden > gegenüber. Ich versuche das seit geraumer Zeit zu praktizieren - zu Anfang > war es ziemlich schwierig, aber jetzt geht es schon sehr gut - und seitdem > ich das tue, übrigens aus vollem Herzen, habe ich viel mehr Erfolg und viel > mehr Zuhörer, als zu der Zeit, als ich noch Hartmut der Haudrauf war, > obgleich ich immer noch dieselbe harte, unerbittliche, beängstigende, > bedrohliche und ungeliebte Wahrheit sage. Lediglich in einem anderen > Tonfall, denn der Ton macht die Musik. > > Ungeachtet dessen, dass ich heute Kritik an Deiner Einstellung äußern > musste, empfinde ich Dich als einen der vielen wertvollen Menschen, die > diese Welt braucht. Ich grüße Dich ganz herzlich. > > Hartmut Keller > > -----Ursprüngliche Nachricht----- > Von: debatte-grundeinkommen-bounces at listen.grundeinkommen.de > [mailto:debatte-grundeinkommen-bounces at listen.grundeinkommen.de] Im Auftrag > von Markus Schallhas > Gesendet: Dienstag, 30. März 2010 19:57 > An: freidenker-ml at listi.jpberlin.de; > debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de; willi übelherr > Cc: SADOCC; Attac Oesterreich; "Attac Österreich"@ilpostino.jpberlin.de; > webmaster at SteinbergRecherche.com; Presse; markus at lobis.it; schweiz at attac.org > Betreff: Re: [Debatte-Grundeinkommen] Offener Brief an Attac zur > Presseerklärung zum Grundeinkommen ,in Namibia > > Hallo Willi, > > Weil mich Dein Mail auch über diese Weg erreicht, anbei nochmals dieselbe > Antwort. > > lG, > Markus > > ... Hallo Willi, > > Ich habe in Österreich die Rundreise mitorganisiert. > > Da ich beides für wichtige Anliegen halte, sowohl eine Landreform, wie > auch das Grundeinkommen, möchte ich Dir antworten. > > Zum Namen des Ortes: > > Im 1 Jahresbericht auf www.bignam.org steht dazu auf Seite 19: > > "After careful examination of several villages in Namibia, > the site chosen for the BIG pilot project was the > Otjivero settlement and the Omitara 'town' in the Omitara > District. Otjivero-Omitara was selected for its manageable > size, accessibility, and poverty situation." > > "Otjivero" stimmt insofern schon. > > Zur Landfrage: > > Ich stimme Dir völlig zu, dass die heutige Situation ein Resultat von > Kolonialismus und Landraub ist. Dies sieht Herbert Jauch ebenfalls so. > > Wir haben in Österreich diese wichtige Tatasache in unserer > Presseaussendung auch nicht erwähnt. Das Grundeinkommen ist in Namibia > neben der unmittelbaren Unterstützung meiner Meinung als ein Element zur > Stärkung in der politischen Auseinandersetzung zu sehen. Ich habe diese > Zusammenhänge für selbstverständlich gehalten. Es wäre wahrscheinlich > besser gewesen sie extra zu betonen. > > liebe Grüße, > Markus > > > > > -------- Original-Nachricht -------- > > Betreff: Offener Brief an Attac zur Presseerklärung zum Grundeinkommen > in Namibia > > Datum: Mon, 29 Mar 2010 19:13:25 +0200 > > Von: willi übelherr > > An: freidenker-ml, netzwerk ge > debatte > > CC: Steinberg Recherche, > markus at lobis.it, office at sadocc.at, infos at attac.at, presse at attac.at, > schweiz at attac.org > > > > > An die Mitglieder und Freunde von Attac, > > > am Freitag, den 28.03.2010 wurde von der Presseabteilung von Attac > Deutschland eine Mitteilung veröffentlicht. > > Erfolgreiche Info-Tour über Grundeinkommensprojekt in Namibia > > Bundesregierung muss Widerstand gegen bedingungslose > Sozialgeldtransfers in Entwicklungszusammenarbeit aufgeben > > http://www.attac.de/aktuell/presse/detailansicht/datum/2010/03/28/erfolgreic > he-info-tour-ueber-grundeinkommensprojekt-in-namibia/?cHash=cf3cd9df9eb74130 > cfe5362615801225 > > > Zunächst einige sachlichen Klarstellungen. Das Dorf Ojivero gibt es nicht. > Es gibt das Dorf Omitara am Kanal Otjivero, nord-ost-östlich von Windhoek. > > Dieses Dorf ist eigentlich ein Camp, eine provisorische Ansiedlung von > Menschen ohne Land und damit ohne Grundlage der Selbstversorgung. Dieses > Dorf ist völlig eingekesselt von privaten Farmen. Nur wenige Meter breit ist > der Grünstreifen am Damm, der zum Verbleib die Menschen motivierte, weil das > ganze Land privat besetzt ist. In der Geschichte Afrikas erst durch die > Europäer entstanden. > > In der Erklärung von Attac, wie in allen Berichten, auch von Herbert Jauch, > wird die Tatsache des Landraubs an den Afrikanern durch die Deutschen nicht > thematisiert, nicht mal erwähnt. Es interessiert niemanden der Autoren. Wir > finden aber einen aktuellen Bericht der AZonline aus Namibia. > > Wieder Wilderer aus Omitara erwischt vom 8.1.2010 > http://www.az.com.na/polizei-und-gericht/wieder-wilderer-aus-omitara-erwisch > t.100483.php > > Jede Person mit etwas historischem Wissen weiß sofort, um was es hier geht. > Auch bei uns in Europa wurden die frei lebenden Tiere zum Privateigentum der > Feudaleliten bestimmt. Dieser Artikel beschreibt eindringlich die koloniale > Besatzung von Namibia, die auch heute noch das Leben der afrikanischen > Namibianer bestimmt, abgesehen von der kleinen schwarzen Elite, die gekauft > und korrumpiert ist. > > Einen guten Eindruck, vor allem, wenn wir auch zwischen den Zeilen lesen, > gibt uns der Bericht eines Reisenden in 2 Teilen: > Bericht aus Otjivero > http://markus-lobis.blog.de/2008/07/18/bericht-aus-otjivero-teil-i-in-the-mi > ddl-4466927/ > http://markus-lobis.blog.de/2008/07/19/bericht-aus-otjivero-teil-ii-am-15-je > den-4471172/ > > Die Gründe der Armut der afrikanischen Bevölkerung sind die kolonialen > Strukturen, und hier vor allem der geraubte Landbesitz, die die Deutschen > geschaffen haben, um das enteignete Land den Europäern zur Verfügung zu > stellen. Jede Person kann sich über den geschichtlichen Verlauf informieren. > Selbst Wikipedia reicht hierfür schon aus unter den Stichworten 'Namibia' > und 'Herero'. > > Daß nun auch Attac mit einer öffentlichen Erklärung auf der Basis der > Verleugnung der realen Bedingungen nach außen tritt auf dem Niveau aller > verleumdenden bürgerlichen Presseinstanzen, ist einfach nur abscheulich und > weist auf eine schamlose Ignoranz hin. > > Es klingt für mich extrem zynisch, wenn in einem Dorf entlang der Straße, > eingekesselt in privat angeeignete Ländereien, zu denen die Eingeborenen > keinen Zugang mehr haben und mit privaten und staatlichen Gewaltorganen von > dessen Nutzung abgehalten werden, ein stiftungsbasiertes Grundeinkommen zu > organisieren, um sie ruhig zu stellen und von ihrem notwendigen Kampf für > die Enteignung des Landes abzuhalten. Weil das Land bietet alle Bedingungen > für die Entfaltung der Natur und sichere Lebensverhältnisse für die > Menschen. > > Wenn nun das Grundeinkommen gedacht wäre, den Menschen die grundlegenden > Bedürfnisse zu decken, um sie besser in die Lage zu versetzen, den > politischen Kampf dort zu führen, dann wären allerdings die Erklärungen > anders zu lesen. > > Wir können die gleichen Prozesse beobachten in Brasilien, wo das > Grundeinkommen die Antwort auf die Bewegung der Landlosen ist. Daß die > Europäer nicht geeignet sind, die Bedingungen der Armut aufzulösen, liegt > bei derem Lebensstil in diesen Ländern nahe. Daß die SWAPO derart > degeneriert sich dem billigen Verkauf anbat und anbietet, ist furchtbar. > > Wir sollten uns aber leiten lassen von der eindeutigen Solidarität zu den > Völkern, die von der freien Gestaltung ihres Lebensräume mit Gewalt getrennt > wurden und werden, wie in Namibia und Afrika, Palästina, Australien und auf > dem amerikanischen Kontinent. > > mit Grüßen, Willi Übelherr, Bielefeld > > > > From markus.schallhas at khg.jku.at Thu Apr 1 11:35:37 2010 From: markus.schallhas at khg.jku.at (Markus Schallhas) Date: Thu, 01 Apr 2010 11:35:37 +0200 Subject: [Debatte-Grundeinkommen] AutorInnenpreis: Grundeinkommens-Theater Message-ID: <4BB468E9.6030607@khg.jku.at> Liebe Leute, Vielleicht interessiert Euch das?? Ich hätte ein paar gute Ideen. Ich finde, das Stück sollte die globale Dimension (Grundeinkommen weltweit) herausarbeiten und eine Kooperation mit anderen Ländern integrieren. Vielen Dank auch für's Weiterleiten an diverse Theaterlisten. liebe Grüße, Markus -------------- nächster Teil -------------- Ein Dateianhang mit Binärdaten wurde abgetrennt... Dateiname : theater_grundeinkommen.doc Dateityp : application/msword Dateigröße : 37376 bytes Beschreibung: nicht verfügbar URL : From Dagmar.Paternoga at lvr.de Wed Apr 7 12:50:30 2010 From: Dagmar.Paternoga at lvr.de (Dagmar.Paternoga at lvr.de) Date: Wed, 7 Apr 2010 12:50:30 +0200 Subject: [Debatte-Grundeinkommen] =?iso-8859-1?q?WG=3A_=5BNWR=5D_Fwd=3A__O?= =?iso-8859-1?q?ffener_Brief_an_Attac_zur_Presseerkl=E4rung_zum_Grundeinko?= =?iso-8859-1?q?mmen_=2Cin_Namibia?= Message-ID: <96757A2C7AC8844A991A80C85E2198C70212EE6999@mxb-zv04.LVRINTERN.LVR.DE> -----Ursprüngliche Nachricht----- Von: Paternoga, Dagmar Gesendet: Dienstag, 6. April 2010 13:17 An: 'Hartmut.Keller at t-online.de'; 'wube at gmx.de'; 'markus.schallhas at khg.jku.at' Betreff: WG: [NWR] Fwd: [Debatte-Grundeinkommen] Offener Brief an Attac zur Presseerklärung zum Grundeinkommen ,in Namibia Betreff: AW: [NWR] Fwd: [Debatte-Grundeinkommen] Offener Brief an Attac zur Presseerklärung zum Grundeinkommen ,in Namibia Lieber Hartmut, l ieber Willi, Dir, Hartmut, vielen Dank für Deine Antwort auf den offenen Brief von Willi. Ich bin gerade von einem Kurzurlaub zurück, daher meine Antwort nicht früher. Natürlich ist mit einem basic-income-Versuch von der BIG-Coalition nicht beabsichtigt, damit die Landbesitznahme oder die versprochene Landreform zu verhindern. Man kann das eine tun ohne das andere zu vernachlässigen. Von Herbert Jauch weiss ich, dass er sich seit Jahren für eine Landreform stark macht und auch andere in der BIG-coalition und dass Ihr Ziel ist, dass die Regierung das basic income bundesweit als soziales Recht einführt. Was wir als eines der Ergebnisse des basic income in Omitara sehen, ist, dass die Menschwen aktiver werden. Sie sind etwas entlastet von der täglichen fast unmmöglichen Aufgabe, genug zu essen zu bekommen für sich und die Kinder. Sie haben sich im Dorf organisiert und vertreten ihre Interessen. Das gab's vorher nicht. Die Kinder gehen wieder zur Schule und zwar bis zum Abschluss. Mehr Bildung, mehr Wissen. Ich glaube nach vielen Jahren des Lebens und Arbeitens im südlichen Afrika, dass wir die Ärmsten und von Hunger Bedrohten zuallererst von ihrem Hunger und der schlimmsten Armut befreien müssen, damit sie überhaupt aktiv am Leben teilhaben können und Kraft und Energie, für ihre sozialen Rechte zu streiten. Menschen, die täglich ums Überleben kämpfen müssen, haben gar nicht die Kraft, für ihre Rechte zu kämpfen. Ich habe zwar in Sambia erlebt, dass es zu Hungerrevolten kam, aber die wurden mit Militär schnell wieder zerschlagen. Lieber Willi, ich verstehe wirklich nicht, warum Du das so gegeneinander setzt. Dass es die koloniale Vergangenheit ist, die die heutigen Besitzverhältnise in Afrika immer noch prägen, stellen wir nun wirklich nicht infrage, aber die NamibianerInnen stellen natürlich der SWAPO jetzt und heute die Frage, warum sie die versprochene Landreform nicht umsetzt. Natürlich müßte Deutschland auch Wiedergutmachung leisten für den Völkermord an den Hereros. Das alles stellen wir doch nicht infrage, wenn wir dafür sind, dass die Menschen ein überlebenssicherndes Grundeinkommen erhalten. Entschuldige, wenn ich das so hart formuliere, aber aufgrund meiner Erfahrungen in Afrika finde ich Deine Einstellung, lieber Willi, als zynisch. Viele Grüße Dagmar Paternoga "Gegnug für Alle"-AG Ergänzend hierzu die kurze Antwort von Herbert Jauch aus Namibia: Nur ganz kurz: bei allen laengeren Vortraegen ueber die Entstehung von Otjivero und auch die Geschichte Namibia's bin ich auf den Landraub und den Genozid der Deutschen Kolonialisten in Namibia eingegangen. Ich sehe keinen Widerspruch zu den Punkten die Herr Uebelherr anspricht und versthe nicht ganz warum er attac so angreift. Vielleicht haette er sich etwas besser informieren sollen was bei meinen Vortraegen wirklich gesagt wurde bevor er eien Erklaerung abgibt. Von verschweigen des Landraubs und des Genozids kann wirklich keien rede sein! From wube at gmx.net Thu Apr 8 14:09:40 2010 From: wube at gmx.net (=?windows-1252?Q?willi_=FCbelherr?=) Date: Thu, 08 Apr 2010 14:09:40 +0200 Subject: [Debatte-Grundeinkommen] [Genugfueralle] Rundreise Jauch Namibia (text von attac-GfA) In-Reply-To: <522519742.20100408114457@t-online.de> References: <522519742.20100408114457@t-online.de> Message-ID: <4BBDC784.3080002@gmx.net> entschuldigt bitte, weil ich keinen link fand, deshalb nun den text hier und im anhang. hatte es vorher vergessen. mit grüßen, willi Es geht um die Würde... Erfahrungen mit dem bedingungslosen Grundeinkommen in einem namibischen Dorf Werner Rätz, Dagmar Paternoga (Attac AG Genug für alle) In Namibia im Bezirk Omitara im Ort Otjivero erhielten von Januar 2008 bis Dezember 2009 alle BewohnerInnen, die vor Beginn des Projektes dort registriert und jünger als 60 Jahre waren, monatlich 100 namibische Dollar (etwa 10 ?). Die Zahlung erfolgte ohne jede Auflage und ohne irgendeine Einmischung seitens der Geldgeber. Organisiert hatte das das ?Grundeinkommensbündnis? (basic income grant coalition) Namibias; es besteht aus dem Namibischen Kirchenrat, dem Gewerkschaftsbund Namibias, dem Dachverband der Nichtregierungsorganisationen und dem Bündnis der Aidshilfegruppen. Inzwischen ist auch der Verband der Jugendorgansiationen Namibias beigetreten. Begleitet wurde das Projekt von Anfang an von einer Forschergruppe, die neben namibischen WissenschaftlerInnen auch internationale Experten umfasste, so Guy Standing von der Internationalen Arbeitsorganisation ILO, einer Unterorganisation der Vereinten Nationen. Die Gelder wurden aus Spenden aufgebracht. Nach dem Auslaufen des Projekts wird für eine Übergangszeit ein Überbrückungsgeld von 80 ND monatlich bezahlt. Herbert Jauch, Gründungsdirektor des gewerkschaftsnahen Forschungsinstituts Labour Resource and Research Institute (LaRRI) und jetzt freier Mitarbeiter dort, war vom 18. - 31.3. in Europa zu Veranstaltungen in Österreich, Deutschland, der Schweiz und Lichtenstein. Einlader in Deutschland waren u. a. das Netzwerk Grundeinkommen und die Attac-AG genug für alle. Mitglieder der AG habe Herbert Jauch bei allen Terminen außer einem begleitet. Der vorliegende Text will ein Resumee dieser Veransatltungsreihe ziehen und einige aus unserer Sicht wichtige Einsichten zur Diskussion stellen. Dazu geben wir zuerst eine sehr knappe Zusammenfassung der Ergebnisse des Projekts in Otjivero wieder, wie sie H. Jauch in seinen Vorträgen ausführlich dargestellt hat. Vieles davon ist nachzulesen auf der Webseite des BIG-Coalition www.bignam.org Das Grundeinkommensprojekt in Namibia ist ein Erfolg Otjivero ist ein Ort, der rings von Farmland weißer, meist deutschsprechender Siedler umgeben ist. Dem Staat gehört dort ein Wasserreservoir mit etwas Land, so dass sich vor allem entlassene FarmarbeiterInnen dort angesiedelt hatten. Die Farmer wollten die Leute da nicht haben, Diebstahl von Brennholz oder die Jagd von Kleinwild wurde unbarmherzig verfolgt und bildete den allergrößten Anteil an der Kriminalität im Ort. Da Menschen über 60 Jahre in Namibia eine staatliche Rente von 450 ND bekommen, kamen die knapp Tausend jüngeren BewohnerInnen Otjiveros in den Genuss der Zahlung. Diese erfolgte ursprünglich in bar, wozu eigens ein Bus ins Dorf kam; nach wenigen Monaten hat die namibische Post dort eine Filiale aufgemacht und allen Berechtigten ein Konto eröffent. Dieses ist ebenso wie zwei Abhebungen monatlich kostenlos, sollte das Grundeinkommen namibiaweit eingeführt werden, hat die Pot zugesagt, Filialen in jedem Ort des Landes einzurichten. Die Ergebnisse des Projekts sind eindeutig: Die Gesundheits- und Ernährungssituation hat sich dramatisch verbessert, fast alle Kinder schaffen ihre Jahresabschlüsse in der Schule, die Kriminalität ist stark zurückgegangen. Einige BewohnerInnen des Ortes haben eigene wirtschaftliche Aktivitäten begonnen: Zwei haben kleine Läden eröffnet, eine backt Brötchen, einige nähen Kleider, einer brennt Ziegel. Diese Produkte können lokal verkauft werden, da das Grundeinkommen Geld zum Einkauf zur Vergung stellt. Darin unterscheidet es sich erheblich von den international oft so sehr gelobten Mikrokrediten, die zwar die Aufnahme einer Produktion ermöglichen, aber erstens über die Rückzahlungspficht und die immensen Zinsen oft schlimme Abhängigkeiten erzeugen und die zweitens eben die Lebenssituation der nicht Begünstigten nicht verändern. Es gibt weder Hinweise darauf, dass die Menschen durch das Grundeinkommen passiv werden, noch hat sich das ? existierende ? Alkoholproblem verschlimmert. Wichtiger als die unmittelbar wirtschaftlichen Ergebnisse sind ohnehin die indirekten Folgen des Projekts. Da auch die Besitzer der im Bezirk liegenden Farmen das Grundeinkommen erhalten, mussten die sich ebenso wie die armen Schwarzen in die Schlange stellen und warten, bis sie dran waren. In einer Versammlung behauptete einer von ihnen, nie ArbeiterInnen entlassen zu haben, und eine Frau stand auf und widersprach ihm öffentlich. Eine andere erzählte, dass sie vor Erhalt der Zahlung die Entscheidung, mit wem sie eine (zeitweilige) Partnerschaft einging, auch davon abhängig machen musste, dass der Jeweilige auch Geld und Einkommen hatte: ?Jetzt schicke ich Farmarbeiter weg, wenn sie nach der Auszahlung ihres Lohns ins Dorf kommen.? Eine andere sagt: ?Es geht um unsere Würde!? Ähnliche Ergebnisse in Brasilien und Sambia Herbert Jauch wurde bei den meisten Veranstaltungen von Werner Rätz ergänzt, der auf zwei ähnlich gelagerte Projekte verwies. InBrasilien gibt es ein umfassendes Programm bedarfsgeprüfter Sozialhilfe für Familien (bolsa familia), das Zahlungen an knapp ein Viertel der Bevölkerung in ähnlicher Höhe wie in Namibia leistet. Es ist zusätzlich mit Bedingungen verbunden, die vor allem den Schulbesuch und Gesundheitsuntersuchungen für Kinder betreffen. Von über 15 Millionen berchtigter Familien nehmen nur 12,5 Mio. die Leistungen in Anspruch. Die Bedingungen (oft bringt die Arbeit der Kinder das einzige Einkommen in der Familie, so dass Schulbesuch ausgeschlossen ist) und bürokratische Schwierigkeiten bei der Inanspruchnahme des Programms haben offensichtlich eine abschreckende Wirkung. Dennoch sind die Ergebnisse bei den Geldempfängerinnen den namibischen vergleichbar: Verbesserung der Lebenssituation und Belebung der örtlichen Wirtschaft. In Sambia hatte die deutsche Entwicklungszusammenarbeit ein ähnliches Projekt installiert, das inzwischen von britischen Stellen weitergeführt wird. Es war ebenfalls bedarfsgeprüft, aber ohne weitere Bedingungen. Auch hier sind Zahlungshöhe und Ergebnisse vergleichbar, wenn man die große Zahl der nicht vom Programm Erreichten in Brasilien mit heranzieht, sogar besser, weil hier alle Berechtigten das Geld auch bekommen haben und für alle sich ihre Lebensumstände verändert haben. Ihr verändert ja die Welt Die ersrte Veranstaltung in Deutschland fand in Dresden statt, maßgeblich organisiert von der dortigen Grundeinkommensinitiative. Dementsprechend war das Interesse der etwa 70 Anwesenden vor allem auf die konkreten Ergebnisse des Pilotpojelkts gerichtet, das in der Grundeinkommensszene ja inzwischen eine gewissen Prominenz besitzt ? übrigens nicht immer zur Freude der namibischen Organisatoreninnen, wenn denn immer mehr Neugierige ins Dorf drängen und die Menschen dort ein wenig auf den Status von Beobachtungsobjekten reduzieren. In der Diskussion wurde deutlich, dass sich GrundeinkommensbefürworterInnen hier sehr stark mit solchen Modellprojekten identifizieren. Einen ganzen Tag lang gab es Gespräche mit PolitikerInnen in Berlin. Ein Besuch bei den Fraktionsobleuten im Bundestagsausschuss für Arbeit und Soziales litt ein wenig darunter, dass außer der Vorsitzenden nur drei Obleute anwesend waren (SPD und FDP fehlten ohne Angabe von Gründen) und zwei aus Termingründen nicht an der gesamten Besprechung teilnehmen konnten. Dennoch wurde erkennbar, dass soziale Fragen bei aller Unterschiedlichkeit im Einzelnen im Süden und Norden doch auch ähnliche Dimensionen aufweisen. Bei der Fraktion der Linken hatten die EntwicklungspolitikerInnen eingeladen. Dementsprechend war die Diskussion sehr stark auf diesen Themenkreis ausgerichtet. Wichtigstes Ergebnis dürfte gewesen sein, dass die Wirkung solcher Maßnahmen wie einem (geringen) Grundeinkommen im Süden sehr stark von weiteren Bedingungen abhängig ist: Würde Namibia das Wirtschaftliche Partnerschaftsabkommen (EPA) unterschreiben, das die EU ihm augenblicklich vorlegt (Namibia weigert sich als einziges afrikanisches Land nach wie vor), dann müsste es seine Märkte völlig öffnen und zumindest Ziegel- und Kleiderproduktion in Otjivero wären im Nu der ausländischen Billigkonkurrenz ausgesetzt. Bei den Grünen war die Einladung zweier MdB aus der Entwicklungs- und Sozialpolitik an die gesamte Fraktion ergangen und auch im Ladesverband ein wenig gestreut worden. Dementsprechend breit war die Beteilung. Zwei Fragen wurden besonders klar angesprochen, zum einen die Wirkung einer Grundeinkommenszahlung auf die Geschlechterverhältnisse und zum anderen die notwendige Bedingungslosigkeit von Leistungen, um neue soziale Ausschlüsse und Spaltungen zu vermeiden. Es folgte ein Gespräch bei der Society for International Development in Bonn, das auch für Mitglieder der lokalen Grundeinkommens- und attac-Gruppen geöfnet worden war. Hier gab es aus Zeitgründen keine Gelegenheit, auf Brasilien und Namibia hinzuweisen, dies wird in einer eigenen Veranstaltung später erfolgen.Das Interesse aus der Grundeinkomensbewegung war ähnlich ausgerichtet wie in Dresden, die entwicklungspolitischen Profis rückten gleich in der ersten Wortmeldung einen bis dahin nur wenig besprochenen Aspekt in den Vordergrund. Was denn die Geldgeber dazu sagten, die nationalen Ministerien der Geberländer und die internationalen Institutionen: ?Ihr verändert doch da die Welt! Das können die doch nicht wollen!? Herbert Jauch konnte diese Einschätzung am Beispiel des Internationalen Währunsfonds, der mit falschen Zahlen und anderen Missdeutungen gegen die Einführung eines Grundeinkommens für alle in Namibia agitiert, bestätigen und auch die Anwesenden wussten aus eigener Erfahrung Ähnliches zu berichten.Internationale Kooperation und die Zusammenarbeit auch über Institutionen und Bewegungen hinweg werden notwendig sein, wenn man das Ziel eines universellen Grundeinkommens erreichen will. Wenn Namibia als erstes Land so etwas einführen würde, wäre es ein Beispiel, das vielen mächtigen Intressen im Wege stände. Dieser Aspekt war dann die Ausgangssituation der Diskussion in Gießen, auch dort vor einem gut gefüllten Saal. Von Anfang an wurde der Zusammenhang der drei Länder diskutiert und diese vor allem als Beispiele für eine umfassende Problematik genommen: Wie kann ein gutes Leben für alle möglich werden. Die örtliche Zeitung kommentierte anderentags zutreffend: ?Die Themen Mindestlohn und Grundeinkommen werden kontrovers diskutiert. Doch bislang haben sich Politiker, Arbeitgeber und Gewerkschaftsvertreter noch nicht einigen können. Die Beispiele aus anderen Ländern in Afrika und Südamerika zeigen, wie es funktionieren könnte. Vielleicht sollten deutsche Entscheidungsträger ihren Blick nach Namibia, Brasilien oder Sambia richten.? Das forderten auch Anwesende, etwa einer, der darauf bestand, dass ein bedingungsloses Grundeinkommen, wenn es den eingeführt werden sollte, im Süden beginnen müsste. Es geht um die politische Richtung, nicht um den guten Willen Wir hatten als Attac-AG genug für alle schon vor Jahren so argumentiert. Deshalb hatten wir schon zum Grundeinkommenskongresss in Berlin im Oktober 2008 Vertreter aus Sambia und Namibia eingeladen. Für uns war die Forderung nach einem bedinungslosen Grundeinkommen nie eine nationale Orientierung, sondern immer von dem gleichen Recht aller Menschen weltweit auf ein gutes Leben her begründet und deshalb immer auch ein Umverteilungsprojekt von Nord nach Süd. Dieser Zusammenhang hat sich in der Veranstaltungsserie mit Herbert Jauch eindrucksvoll bestätigt. Angesichts weltweiter Freihandelsorientierung verlieren die Menschen zunehmend überall auf der Welt das Recht und die Mölglichkeit, selber darüber zu bestimmen, wie sie leben wollen. Profitinteressen bestimmen die kapitalistische Ökonomie nicht erst seit Aufkommen des Neoliberalismus, aber sie werden mit WTO und Freihandelsabkommen, mit der Privatisierung öffentlicher Daseinsvorsorge und dem Aufbau internationaler Stoffströme nicht nur für Rohstoffe und Fertigprodukte, sondern auch für Müll und Tiefkühlhähnchen zunehend in instuttionelle Abläufe gegossen, gegen die im nationalen Rahmen gar nicht mehr anzugehen ist. Das ist für uns die erste und wichtigste Lehre aus einer Woche intensiver Diskussion in verschiedensten Zusammenhängen, oft auch mit Medienleuten und mit einzelnen Interessierten. Die zweite ist, dass die Grundeinkommensbewegung nur erfolgreich sein kann, wenn sie sich weltweit als Teil der Bewegung für ein gutes Leben aller versteht. Es reicht nicht aus, mit viel Enthusiasmus davon auszugehen, dass man nur mit irgendwelchen Schritten anfangen muss, und seien sie noch so klein. Herbert Jauch hat immer wieder betont, dass sie kein dauerhaftes Projekt als solches wollen, sondern die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens für alle in ganz Namibia. Otjivero hatte und hat eine wichtige Funktion: Es macht deutlich, dass ein Grundeinkommen auch unter schwierigsten Bedingungen möglich ist und gute Egebnisse zeitigt.Weitere Projekte könnten weitere Fragen ebenso erfolgreich beantworten. Aber die große Idee einer bedingungslosen Sicherung des Existenzminimums für alle darf nicht in Einzeprojekte zerlegt werden, sondern muss universell und global bleiben. Da werden nicht immer alle Dinge möglich sein, die die AktivistInnen für essenziell halten, und man wird Kompromisse machen müssen. Und beispielsweise eine Sozialhilfe für ein Viertel der Bevölkerung wie in Brasilien oder die (leider bisher nicht durchgesetzte) Erhöhung der Regelsätze von Hartz IV bei uns wären und sind wichtige Zwischenschritte. Solche Kompromisse zu verweigern wäre realitätsblind. Aber die Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen geht viel weiter und ruft deshalb auch ganz andere Widerstände hervor. Die wird man nicht überwinden können, wenn man sich Illusionen darüber macht, wer denn diese Forderung wirklich unterstützen könnte. Wer ein Grundeinkommen wirklich will, wird an die Grenzen des Kapitalsimus stoßen und daran heftig rütteln müssen. Unsere dritte Schlussfolgerung ist, dass das Grundeinkommen nicht als fertiges Modell gedacht werden kann. Man wird Menschen nicht dadurch von seiner Richtigkeit überzeugen können, dass man nur genügend Fragen beantwortet und Details erklärt. Erstens ist bei aller Übereinstimmung bestimmter Probleme jede Gesellschaft anders und hat ihre besonderen Bedingungen, denen ein Grundeinkommen gerecht werden muss. Die Gemeinsamkeit verschiedener Grundeinkommensbewegungen kann also nicht im identischen Modell bestehen, sondern in der Einsicht, dass es Interessen gibt, die sich mit einem guten Leben aller nicht vereinbaren lassen. Auch in Namibia gibt es weiterhin Individuen, die behaupten, die Menschen in Otjivero hätten es gar nicht besser als früher, sie würden das Grundeinkommen versaufen und und würden passiv und faul, obwohl das offenkundig nicht so ist. Wer ein Grundeinkommen will, wird es gegen starke Interessen und innerhalb von Konflikten durchsetzen müssen. Ohne lange und heftige Kämpfe wird es nicht nur kein Grundeinkommen geben, es wäre auch gar nicht wünschenswert. Erst im Eintreten für ihre eigenen Interessen gewinnen die Menschen das Selbstbewusstsein, das es ihnen ermöglicht, selbst zu bestimmen, wie sie miteinander leben und gemeinsam Gesellschaft bilden wollen. -------------- nächster Teil -------------- Ein Dateianhang mit Binärdaten wurde abgetrennt... Dateiname : Namibia Jauchreise.doc Dateityp : application/msword Dateigröße : 41984 bytes Beschreibung: nicht verfügbar URL : From acker at grundeinkommen.de Sun Apr 11 09:49:06 2010 From: acker at grundeinkommen.de (Reimund Acker (Netzwerk Grundeinkommen)) Date: Sun, 11 Apr 2010 09:49:06 +0200 Subject: [Debatte-Grundeinkommen] =?iso-8859-15?q?Moderation_-_Verz=F6geru?= =?iso-8859-15?q?ngen_wg=2E_Urlaub?= Message-ID: <4BC17EF2.80500@grundeinkommen.de> Liebe Listenmitglieder, da ich bis 30.4. in Urlaub bin und keine Urlaubsvertretung finden konnte, kann es bei der Freischaltung von Beiträgen in dieser Zeit zu Verzögerungen kommen. Ich bitte um Verständnis. Beste Grüße Reimund Acker Moderator ------------------------------------------------------------------------ Reimund Acker Mitglied im Netzwerkrat www.grundeinkommen.de acker at grundeinkommen.de Tel.: +49 (0)89 80 72 93 Fax.: +49 (0)89 89 020 454 /Nichts ist mächtiger als eine Idee, deren Zeit gekommen ist./ Victor Hugo -------------- nächster Teil -------------- Ein Dateianhang mit HTML-Daten wurde abgetrennt... URL: From petition at gmx.org Sun Apr 25 18:12:11 2010 From: petition at gmx.org (=?iso-8859-1?Q?=22Herbert_F=FCrst=22?=) Date: Sun, 25 Apr 2010 18:12:11 +0200 Subject: [Debatte-Grundeinkommen] soziokulturelles Existenzminimum u.a. Message-ID: <20100425161211.152190@gmx.net> Sehr geehrte Damen und Herren, ich gestatte mir, Sie auf meine beiden öffentlichen E-Petitionen hinzuweisen. Es handelt sich bei 1) um die von jedweden Einkommensarten unabhängige wertige Ermittlung eines soziokulturellen Existenzminimums. Bei 2) geht es um ein angestrebtes Verbot u.a. gentechnisch veränderter Lebensmittel. Ich finde das vom österreichischen Bundesminister Dr. Stöger für Österreich erlassene Anbau-Verbot für die Gentechnik-Kartoffel "Amflora" sehr verantwortungsvoll und vorbildlich. Solch ein Verbot gibt es in Deutschland bisher leider nicht. Ich würde mich freuen, wenn Sie als MultiplikatorInnen zwecks Mitzeichnung wirken könnten. Haben Sie bereits an dieser Stelle mein herzliches Dankeschön. Bitte geben Sie meine Emailadresse nicht weiter. Nachfolgend die Links zu den Petitionen: 1) https://epetitionen.bundestag.de/index.php?action=petition;sa=details;petition=10147 2) https://epetitionen.bundestag.de/index.php?action=petition;sa=details;petition=10524 Viele Grüße aus Berlin sendet Ihnen Herbert Fürst From markus.schallhas at khg.jku.at Mon Apr 26 11:40:25 2010 From: markus.schallhas at khg.jku.at (Markus Schallhas) Date: Mon, 26 Apr 2010 11:40:25 +0200 Subject: [Debatte-Grundeinkommen] GB: Liberal Democrats, Clegg Message-ID: <4BD55F89.60905@khg.jku.at> Hallo Leute, Die LiberaldemokratInnen in Großbritannien, die stimmenmäßig vielleicht die stärkste Partei werden, waren einmal für das Citizen's Income. Hat jemand mehr Infos zum Stand der Diskussion, BefürworterInnen und möglichen Perspektiven? Nachdem die rechten Liberalen, die politische Konjunktur nicht zuletzt auch von England aus so stark bestimmt haben, ergibt sich jetzt vielleicht eine neue Konstellation. Für die sozialdemokratischen Parteien hätte das wahrscheinlich massive Konsequenzen. lG, Markus