[Debatte-Grundeinkommen] Debatte-grundeinkommen Nachrichtensammlung, Band 28, Eintrag 23

Matthias Dilthey info at psgd.info
Sa Jul 21 13:57:46 CEST 2007


Hallo Florian, hallo Liste,

"Wenn man davon ausgeht, daß Geld und Ware knapp ist", hast Du sinngemäß als 
Grundvoraussetzung für Deine Thesen geschrieben.


Damit hast Du Deine eigenen Thesen bereits widerlegt:

Weder Geld ist knapp, noch das Warenangebot.


Du befürwortest eine künstliche Verknappung über Kartelle und Lobbyisten.
Wie sieht denn Dein Menschenbild aus?


Ich soll im Winter frieren, weil Herr Hoffmann sich einbildet, mein 
Heizmaterial künstlich verknappen zu müssen?

Ich soll hungern, weil Herr Hoffmann sich einbildet, die Lebensmittel 
künstlich verknappen zu müssen?

Ich soll nicht mehr arbeiten dürfen, so viel ich möchte, weil Herr Hoffmann 
sich einbildet, über das "Kartell Gewerkschaften" das Arbeitsangebot zu 
verknappen?


Der "Feudalherr" Hoffmann leidet natürlich nicht unter diesen Einschränkungen, 
denn er hat seinen Platz in den Netzwerken von Geklüngel, Lobbyisten und 
Kartellen längst gefunden.
Verdient mit seiner Politik der "künstlichen Verknappung" Millionen, abgezockt 
von den "kleinen Leuten"?


Ich dachte, hier in der Liste gäbe es zumindest einen Minimal-Konsens: 

Das Leben der Menschen lebenswerter zu machen


Künstliche Verknappung, Zwang, Kartelle und Lobbyisten machen das Leben 
Einzelner besser, das stimmt. Aber eben ausschließlich das Leben der 
Feudalherren, nicht der Menschen!


Matthias Dilthey




Am Freitag, 20. Juli 2007 23:14 schrieb Florian Hoffmann:
> Liebe Listis,
>
> die Wertedebatte führt zu gar nichts. In der Marktwirtschaft gibt es
> Preise, Geld und Waren. Der Wert ist eine philosophische Größe, an der sich
> die Theoretiker aufgeilen, weil sie so viele schöne hergibt.
>
> So sieht mein Weltbild an dieser Stelle aus:
>
> Wenn man davon ausgeht, dass aktuell verfügbare oder tauschbare Geld (mit
> dem die Leute die Märkte „betreten“) knapp ist und das Warenangebot auf den
> Märkten auch, dann ergeben sich aus dem Verhältnis von Geld zu Waren
> Preise, Marktpreise.
>
> Der einzelne Preis bildet sich zwar auch aufgrund individueller Präferenzen
> und Wertschätzungen. Aber daraus definierbare Größen zu machen ist so
> unmöglich, wie das Weltbild einer alten Nonne und das Weltbild eines jungen
> Großstadtpiraten in Übereinstimmung zu bringen. Wir sollten deshalb in der
> Ökonomie bleiben und weiter mit Geld, Preisen und Waren hantieren.
>
> Und also ergeben sich aus der aktuellen Liquidität im Verhältnis zum
> Warenangebot der Märkte Marktpreise. Und das Ganze funktioniert nur unter
> den Bedingungen von Knappheit. Wenn es nämlich zu viel Geld gibt,
> vernichtet sich das Geld inflationär selbst und wenn es zuviel Warenangebot
> (das kann auch Arbeit sein!) im Verhältnis zum Geldangebot gibt, dann wird
> die Ware mangels Knappheit wertlos. Und das ist die
> Weber-Aufstand-Situation der 19. Jahrhunderts (es gab plötzlich zu viel
> Ware und dann zu viel Arbeiter) und der Grund, weshalb das Arbeitsangebot
> in Kartellen (Gewerkschaften) künstlich verknappt werden muß!
>
> Und das bGE ist erforderlich, weil die Geldverteilung über die
> Gewerkschaftsmacht mit fortschreitender Industrialisierung immer weniger
> gelingt. Deshalb muß es ein Solidareinkommen geben! Über Arbeit verteilt
> sich immer weniger Geld. Über Kapital immer mehr. Und also?  Der Rest steht
> in der Klatschpresse, wo zunehmend über die geschrieben wird (Promis), die
> zu viel verdienen und die gar nicht wissen, wie ihnen geschieht!!!!
>
> Schöne Grüße
> Florian Hoffmann
>
>
>
> -------- Original-Nachricht --------
> Datum: Fri, 20 Jul 2007 12:01:19 +0200
> Von: debatte-grundeinkommen-request at listen.grundeinkommen.de
> An: debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de
> Betreff: Debatte-grundeinkommen Nachrichtensammlung, Band 28, Eintrag 23
>
> > Um e-Mails an die Liste Debatte-grundeinkommen zu schicken, nutzen Sie
> > bitte die Adresse
> >
> > 	debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de
> >
> > Um sich via Web von der Liste zu entfernen oder draufzusetzen:
> >
> > 	http://listi.jpberlin.de/mailman/listinfo/debatte-grundeinkommen
> >
> > oder, via Email, schicken Sie eine Email mit dem Wort 'help' in
> > Subject/Betreff oder im Text an
> >
> > 	debatte-grundeinkommen-request at listen.grundeinkommen.de
> >
> > Sie koennen den Listenverwalter dieser Liste unter der Adresse
> >
> > 	debatte-grundeinkommen-owner at listen.grundeinkommen.de
> >
> > erreichen
> >
> > Wenn Sie antworten, bitte editieren Sie die Subject/Betreff auf einen
> > sinnvollen Inhalt der spezifischer ist als "Re: Contents of
> > Debatte-grundeinkommen digest..."
> >
> >
> > Meldungen des Tages:
> >
> >    1. Wert und Grundeinkommen (war: Kumpmann	05/2007) (Juli)
> >
> >
> > ----------------------------------------------------------------------
> >
> > Message: 1
> > Date: Tue, 17 Jul 2007 18:59:31 +0200
> > From: Juli <juli at 180-grad.net>
> > Subject: [Debatte-Grundeinkommen] Wert und Grundeinkommen (war:
> > 	Kumpmann	05/2007)
> > To: debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de
> > Message-ID: <469CF573.9010207 at 180-grad.net>
> > Content-Type: text/plain; charset=UTF-8
> >
> > Hallo Matthias, Hallo Liste!
> >
> > Vielen Dank erstmal für deine Initiative, hier auf dieser Liste in eine
> > Wert-Debatte einzusteigen. Da das BGE (als Geldleistung gedacht) ja
> > tatsächlich aus der gesamtgesellschaftlichen Wertschöpfung finanziert
> > werden soll, tut ein Verständnis davon, was eigentlich Wert und
> > Wertschöpfung sein sollen, tatsächlich not.
> >
> > Der von dir geschilderte Dualismus von "objektiven Werten" und
> > "subjektiven Werten" spiegelt sich ja auch in gewisser Weise in den
> > Wirtschaftswissenschaftlichen Debatten am Ende des 19. Jahrhunderts
> > wieder. Da gab es zum einen die "Objektive Werttheorie" der ökonomischen
> > Klassik. Dazu zählen vor allem Vertreter wie Adam Smith und David
> > Ricardo. Die wurde dann abgelöst durch die "Subjektive Werttheorie", die
> > sog. Neoklassik. Damit verbunden sind vor allem Namen wie Carl Menger,
> > Leon Walras und William St. Jevons.
> >
> > Für die Objektive Werttheorie galt - ähnlich wie scheinbar für dich -
> > das es einen objektiven Maßstab gibt, anhand dessen sich die Wertgröße
> > bestimmen lässt. Für sie war das - ohne Ausnahme - die Arbeit. Insofern
> > ist das kein Faible von Marx, sondern der damalige Diskussionsstand der
> > "Politischen Ökonomie".
> >
> > Mittlerweile jedoch ist die "Subjektive Werttheorie" weltweit und
> > unangefochten durchgesetzt. Und das, obwohl viele ihre Grundannahmen auf
> > so ziemlich keinen realen Fall von wirtschaftlichem Handeln zutreffen
> > und die interne Logik des Erklärungsversuches durchaus mau ist.
> >
> > Ein dritter Strang, Wertbildung und Wert zu erklären, ist dann der von
> > Karl Marx. Marx teilt mit der "Objektiven Werttheorie" die Annahme, das
> > Arbeit (und nur Arbeit!) wertschaffend sei. Den subjektiven Nutzen eines
> > Produktes bezeichnet er im Gegensatz dazu als "Gebrauchswert". Nun
> > schreibst du, die Arbeitswerttheorie von Marx sei in keiner Weise belegt
> > - und deshalb müsse mensch deinen Ausführungen folgen. Das reizt -
> > vielleicht war es ja sogar deine Absicht - zu Widerspruch.
> >
> > Zunächst: Deine Ausführungen selber sind spekulativ. Deine Annahme,
> > gerade Energie sei wertschaffend, kommt ziemlich aus dem Nichts. Ich
> > jedenfalls würde mich freuen, wenn du noch etwas ausführen könntest,
> > wie
> > du das meinst. 'Kausalkette' dürfte deshalb wohl etwas übertrieben sein.
> > Für Marx jedenfalls lässt sich festhalten, das er durchaus versucht hat,
> > argumentativ zu unterfüttern, warum es gerade Arbeit ist, die (objektiv,
> > also ohne unser Wollen) wertschaffend ist. Ich möchte im Folgenden kurz
> > versuchen, seine Argumentation zu verdeutlichen.
> >
> > Sein Ausgangspunkt ist die Feststellung, das in der modernen
> > Gesellschaft die Menschen Waren produzieren, die dann von anderen
> > genutzt werden. Ihre private Arbeit ist also immer und gleichzeitig eine
> > gesellschaftliche. Der Tauschwert ist dann die Menge, in der Waren
> > gegeneinander ausgetauscht werden. Da es aber letztlich Arbeitsprodukte
> > sind, die da ausgetauscht werden, kann es sich bei der Bestimmungsgröße
> > für die Austauschrelation auch nur um Arbeit handeln.
> >
> > Und Marx hat diesen Zusammenhang übrigens auch nicht affirmativ, sondern
> > kritisch gefasst: es ging ihm nicht darum, diesen Zusammenhang
> > durchzusetzen (also eine Art "marxsches System" zu schaffen"), sondern
> > die reale Funktion der hiesigen Gesellschaft zu analysieren und zu
> > kritisieren.
> >
> > In Bezug auf das BGE ergibt sich so aus Sicht der marxschen Theorie
> > tatsächlich ein Problem: wenn die gesellschaftliche Vermittlung bislang
> > über Geld (und damit über Arbeit) organisiert ist, dann wird dies vom
> > BGE in Frage gestellt. Geld soll es zwar weiterhin geben, Arbeit
> > irgendwie auch - nur miteinander zu tun haben sollen sie nichts mehr.
> >
> > Wie dem auch sei - auf alle Fälle wirft die Forderung nach einem BGE
> > hier die Frage auf, wie den die gesellschaftliche Vermittlung anders als
> > über Arbeit und Geld hergestellt werden kann. Das ist eine Frage, um die
> > auch überzeugte StreiterInnen für ein Grundeinkommen nicht herumkommen
> > werden. Die Einzige Variante, die es mit dem Problem zumindest aufnehmen
> > will, scheint mir die Forderung nach einem "Grundauskommen" zu sein:
> > http://www.180-grad.net/?npage=33
> >
> > Aber zuvor sollten wir vielleicht erstmal ein wenig mehr Licht ins
> > Dickicht der Werttheorien werfen.
> >
> > bunte grüße,
> >
> > juli
> >
> > -----------------
> >
> > Matthias Dilthey schrieb:
> > > Hallo Bernd Hückstädt, hallo Liste,
> > >
> > > wenn wir in eine "Wert-Debatte" einsteigen (früher oder später müssen
> >
> > wir das
> >
> > > sowieso) sollten wir uns, ähnlich wie beim Begriff Arbeit, Gedanken
> >
> > über die
> >
> > > Multifunktionalität des Begriffes "Wert" klar sein.
> > >
> > > Am Beispiel Nahrungsaufnahme möchte ich das näher erläutern.
> > >
> > > Verspürt ein Mensch Hunger, so kann dieser "Hunger" mindestens zwei
> >
> > Gründe
> >
> > > haben:
> > > 1. Der Körper benötigt dringend Energiezufuhr
> > > 2. Der Mensch fühlt ein Gelüst, eventuell sogar ohne wirklich
> >
> > Energiezufuhr zu
> >
> > > benötigen
> > >
> > > Im ersten Fall handelt es sich um objektiv meßbare Werte, die dem
> >
> > Körper
> >
> > > zugeführt werden müssen: Vom menschlichen Organismus verwertbare
> > > Nahrungsmittel mit einem Brennwert von x Joule.
> > > Dabei tritt Aussehen, Geschmack und Beschaffenheit der Lebensmittel in
> >
> > den
> >
> > > Hintergrund.
> > > Die objektive Werthaltigkeit besteht in der Energiemenge.
> > >
> > > Im zweiten Fall spielt der Brennwert der Nahrungsmittel eine eher
> > > untergeordnete Rolle. Es zählt Geschmack, Aussehen, Darreichungs-Ritual
> >
> > etc.
> >
> > > Diese "Werte" sind nicht objektiv meßbar, also objektiv wertlos.
> > >
> > >
> > > Jetzt wird mir sofort erwidert werden, daß doch die Werthaltigkeit
> >
> > über das
> >
> > > Geld bzw. den Preis definiert wird, nicht über den Brennwert.
> > > Dem ist entgegen zu halten, daß Geld ansich wertlos ist (vergl. Dilthey
> >
> > 2004,
> >
> > > Götz Werner 2007). Wir begleichen also objektiv Wertloses mit
> >
> > Wertlosem.
> >
> > > Wie Bernd richtig ausgeführt hat, besitzt in der traditionellen
> > > Volkswirtschaftslehre das Gut einen höheren monetären Wert, das knapp
> >
> > ist.
> >
> > > Dieser höhere, monetäre Wert ist jedoch in Wirklichkeit wertlos, denn
> >
> > Geld ist
> >
> > > ja auch wertlos. Der reale Wert besteht demnach ausschließlich in der
> >
> > zur
> >
> > > Herstellung eingesetzten Energie.
> > >
> > > Bedingt durch die Automatisation wurde die Knappheit der Güter beendet;
> >
> > nahezu
> >
> > > alle Produkte sind im Überfluß vorhanden.
> > > Dadurch sinkt der Preis auf die mögliche Preis-Untergrenze. Und die
> >
> > ergibt
> >
> > > sich, zumindest bei Vollautomatisation, im Wesentlichen durch den zur
> > > Produktion notwendigen Energie-Einsatz.
> > >
> > > Darin begründet sich auch das Sinken der Real-Löhne. Denn menschliche
> >
> > Arbeit
> >
> > > ist objektiv nicht mehr wert, als die vom menschlichen Körper zur
> > > Produktherstellung sinnvoll eingesetzte Energie. Zumindest wenn die
> > > menschliche Tätigkeit automatisierbar ist.
> > > Die Marxisten unter uns werden meine Kausalkette nicht zur Kenntnis
> >
> > nehmen
> >
> > > wollen und sich auf Marx berufen.
> > > Dem halte ich entgegen, daß die Arbeits-Wert-Thesen von Marx in keiner
> >
> > Weise
> >
> > > belegt und vor dem Hintergrund extremer Automatisation und
> >
> > höchstgradiger
> >
> > > Arbeitsteilung von Marx überhaupt nicht beleuchtet sind.
> > > Vielmehr sah Marx Erwerbsarbeit als Umverteilungsfaktor an, was zu
> >
> > seiner Zeit
> >
> > > problemlos möglich war.
> > >
> > >
> > > Folgt man meiner Argumentationskette wird auch klar, warum z.B. die USA
> >
> > sich
> >
> > > gegen den Klimaschutz so auflehnen.
> > >
> > > Streng davon zu trennen ist der "subjektive" Wert: "mir gefällt, ich
> >
> > möchte
> >
> > > gerne haben ..." ohne wirklichem Brennwert für den Organismus.
> > > Subjektive Werte können wir uns ausschließlich leisten aus einem
> >
> > Überschuß aus
> >
> > > der objektiven Wertschöpfung:
> > >
> > > "Ich tausche x-KG Kartoffeln gegen y-KG Fleisch" funktioniert.
> > > "Ich tausche Haareschneiden gegen Fensterputzen" funktioniert auf Dauer
> >
> > nicht.
> >
> > > Ein emanzipatorisches BGE durchbricht zwangsläufig "Dankbarkeit" und
> > > "Wertschätzung", denn es generiert sich ausschließlich aus objektiver
> > > Wertschöpfung. Und diese objektive Wertschöpfung besteht nachweisbar
> > > ausschließlich aus Energie-Transformation.
> > >
> > >
> > > Wenn Bernd Hückstädt seinen Satz: "In so fern ist Dankbarkeit eine
> > > psychologische Grundvoraussetzung für die Einführung eines
> >
> > bedingungslosen
> >
> > > Grundeinkommens" umdreht, stimmen wir überein:
> > >
> > > "In sofern ist das BGE der Grundstein für Dankbarkeit!"
> > >
> > >
> > > Liebe Grüße
> > >
> > > Matthias Dilthey
> >
> > ------------------------------
> >
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