[Debatte-Grundeinkommen] Die Idee mal durchspielen

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Di Jul 3 09:46:06 CEST 2007


Hallo,

ich bin seit einer längeren Zeit auf dem Verteiler dieser Mailingliste, habe aber bisher nichts selbst geschrieben. Zum Lesen komm ich auch nur selten, aber mich beschäftigt die Idee eines Grundeinkommens doch sehr.

Ich würde zu diesem Theme gerne mal möglichst prominente Vertreter der Befürworter und der Gegner dieser Idee an einen Tisch holen und sie gemeinsam auffordern mittels des Sensitivitätsmodells von Fredrik Vester die Idee eines Grundeinkommens "durchzuspielen".

Was ist das Sensivititätsmodell? Nun, mir fällt immer wieder auf, dass Diskussionen um dieses Thema nach dem gleichen Muster stattfinden. Insbesondere wenn sich prominente Menschen versammeln, womöglich noch im Fernsehen, hauen sie sich gegenseitig schlicht und einfach ihre Parteibücher um die Ohren. Es ist ja auch ein ausgesprochen schwieriges Terrain, in dem es, wenn man in Form eines Gesprächs darüber diskutiert, nichts beweisen kann, sondern argumentieren muss und alle anderen dann entweder _glauben_, dass es stimmen könnte oder eben nicht.

Ich bin vor einigen Jahren über das Buch "Die Kunst vernetzt zu denken - Ideen und Werkzeuge für einen neuen Umgang mit Komplexität" gestolpert. In der zweiten Hälfte dieses Buches beschreibt Vester das Sesnsitivitätsmodell. Es ist eine Sammlung von Werkzugen, die es erlauben einzelne Gesichtspunkte eines zu untersuchenden Systems zu sammeln zu einem Graphen zu verknüpfen, mit dem man dann "Was-wäre-wenn"-Spielchen spielen kann, soll heißen: Man kann die einzelnen Variablen des System für bestimmte Grundannahmen konfigurieren und das Verhalten des Systems als Ganzes unter diesen Grundannahmen im Laufe der Zeit simulieren lassen.

Das charmante an dem System ist die Tatsache, dass es nicht nur gewünscht ist Menschen mit unterschiedlichen Meinungen zusammen das System erstellen zu lassen. Es ist sogar unumgänglich, wenn man denn ein möglichst komplettes Bild bekommen möchte. Allerdings ist es nicht nötig, dass sich die Teilnehmer nun in langen Redeschwällen über Ihre Parteibücher auslassen. Sie können ihre Bedenken ganz einfach in eine Variable des Systems einfließen lassen. Wie sie später im Zusammenhang mit all den anderen Meinungen (sprich Variablen) auf das System wirkt, wird die Simulation zeigen. Die Komplexität tritt somit recht anschaulich zu Tage und der "Parteibuchorgie", so stell ich mir das wenigstens vor, wird der Gar ausgemacht.

Das Problem ist nur: Die Software kostet richtig viel Geld. Ich kanns mir allein nicht leisten, sonst hätte ich das mit Freunden schon lange mal durchgespielt. Dazu kommt, dass es sinnvoll ist, von Beratern durch den Prozess der Modellbildung und Simulation geführt zu werden. Und zu guter Letzt müsste man den Personenkreis zusammen stellen.

Hat hier irgendjemand Lust, sich mit dem Thema näher zu beschäftigen? Hat vielleicht jemand Ideen, wie man so ein Event planen könnte? Wie komme ich an die möglichst prominenten Menschen, wie finde ich einen Moderator wie komme ich an die Software des Sensitivitätsmodells heran? Gibt es Sponsoren? 

Naja, ich wollt das einfach mal so in den Raum werfen. Wer das Sensitivitätsmodell mal kennenlernen möchte, dem empfehle ich das oben genannte Buch. Wie gesagt wird dort im zweiten Teil das Modell beschrieben. Der erste Teil ist ganz interessant, aber nicht zwingend notwendig, um das Modell zu verstehen.

Grüße,
Tobias
 

 


Am 30.06.2007 um 22:16 schrieb Matthias Dilthey:

Wenn Bernd Hückstädt seinen Satz: "In so fern ist Dankbarkeit eine  
psychologische Grundvoraussetzung für die Einführung eines bedingungslosen  
Grundeinkommens" umdreht, stimmen wir überein: 

 
"In sofern ist das BGE der Grundstein für Dankbarkeit!" 



Lieber Mattias, liebe Liste,


wir machen zur Zeit verstärkte empirische Forschungen zu Thema Dankbarkeit, deren Ursache und deren Wirkung. Es scheint so zu sein, dass Dankbarkeit eine aktive Geisteshaltung ist, oder besser, dass wir zwischen unbewusster (passiver) und bewusster (aktiver) Dankbarkeit unterscheiden müssen.


Unbewusst dankbar sind wir (vielleicht), wenn das Geschenk  eine Ausnahme oder eine neue Situation darstellt. Wenn wir nach langer Krankheit das erste Mal wieder gesund sind, wenn wir nach langem Hunger das erste Mal wieder zu essen bekommen usw.


Sobald das Neue zur Gewohnheit wird, lässt diese unbewusste Dankbarkeit nach. Wer ist schon dankbar dafür, wenn er morgens gesund aufwacht, wenn er dann frühstücken kann usw.? Den täglichen Selbstverständlichkeiten gegenüber dankbar zu sein, erfordert Disziplin, also tägliche aktive Entscheidung. Das Schöne daran: Wer sich täglich entscheidet, für alles dankbar zu sein, lebt deutlich glücklicher, strahlt seine Zufriedenheit aus, wird beliebter, motivierter, aktiver und voraussichtlich auch erfolgreicher.


Wenn morgen das BGE käme, würden sicher viele Menschen einen Moment lang dankbar sein. Sobald sich das als Selbstverständlichkeit eingespielt hat, wird die Unzufriedenheit wieder genau so groß sein, wie vorher. Es sei denn, wir haben inzwischen so etwas wie eine »Kultur der Dankbarkeit« aufgebaut. Dann nämlich werden all die positiven Auswirkungen des BGE auch greifen können. Das gibt uns noch mehr Grund, dankbar zu sein, erhöht unsere Stimmung, Arbeitsklima, Motivation, Produktivität, Wohlstand usw., was wieder zu mehr Dankbarkeit führt... So lösen wir eine positive Spirale aus.


Liebe Grüße
Bernd



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