[Debatte-Grundeinkommen] noch mal Kombilohn

Robert Ulmer robert.ulmer at gmx.de
Mi Sep 6 12:32:40 CEST 2006


-------- Original-Nachricht --------
Datum: Tue, 5 Sep 2006 22:16:29 +0200 (CEST)
Von: siouxie at arcor.de
An: stophartz at lists.riseup.net
Betreff: [stophartz] Nur 241 Euro zum Leben?

Sachverständigenrat plädiert für das soziale Elend. Leistungsstreichungen für ALG-II-Empfänger sollen 350000 Arbeitsplätze schaffen

Langzeitarbeitslose sollen demnächst noch mehr bluten als bisher: Nach den Vorstellungen des »Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung« müßte der Regelsatz für Hartz-IV-Empfänger um 30 Prozent gekürzt werden. Parallel dazu wollen die fünf Wirtschaftswissenschaftler den Anreiz zur Erwerbsarbeit stärken: Langzeitarbeitslose, die zwischen 200 und 800 Euro hinzuverdienen, sollen demnach 50 statt 20 Cent je Euro davon behalten dürfen. 

Vorschläge wie diese sind Elemente eines Gutachtens zur Einführung von Kombilöhnen, über das am Dienstag die Frankfurter Allgemeine Zeitung vorab berichtete. Die Autoren nähern sich damit Positionen an, die bisher vor allem vom hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU) vertreten wurden. In der Studie, die in Kürze der Öffentlichkeit vorgestellt werden soll, wird davon ausgegangen, daß mit solchen Maßnahmen 350000 neue Stellen geschaffen werden. 

Derartige Versprechungen sind nicht neu ? ähnliches wurde immer wieder präsentiert, wenn Sozialleistungen zusammengestrichen wurden. Es wäre ebenfalls nicht neu, wenn sich auch diese Zahl als bewußte Irreführung herausstellte. Die Autoren des Papiers scheinen allerdings zu ahnen, auf welch dünnem Eis sie sich mit ihren Vorschlägen bewegen: »Einen Königsweg zur Beseitigung der Massenarbeitslosigkeit stellt auch eine solche Reform des Arbeitslosengeldes II nicht dar«, heißt es in einem von der FAZ abgedruckten Zitat aus dem Gutachten. 

Nach den Simulationsberechnungen des Rates geht der größte Effekt auf das Beschäftigungsangebot von der Kürzung des Regelsatzes um 30 Prozent aus. Die Senkung des Einkommens für Langzeitarbeitslose müsse »zentrales und unverzichtbares Element einer Reform sein«, heißt es. »Über eine bloße Veränderung der Hinzuverdienstmöglichkeiten oder eine Verringerung der Abgabenbelastung im Niedriglohnbereich ... lassen sich zu vertretbaren Kosten in den Problemgruppen keine relevanten Ergebnisse erzielen.« 

Kein Wort verliert der von der FAZ wiedergegebene Text jedoch zu der Frage, wie Angehörige der »Problemgruppen« künftig mit 241 Euro auskommen sollen. Die heute gezahlten 345 Euro reichen nach der Erfahrung von Sozialberatern und Betroffenen weder vorne noch hinten. Gespart wird vor allem an Kleidung, Kulturausgaben, Ernährung und Ausgaben für Arztbesuche und Medikamente.

»Der Sachverständigenrat möchte die Hartz-IV-Empfänger in eine Zwangslage bringen«, kommentierte dazu am Dienstag der Haushaltsexperte der Linksfraktion im Bundestag, Professor Herbert Schui. Dadurch würde »ein gnadenloser Unterbietungswettlauf um Billigjobs« ausgelöst. Es sei nämlich keineswegs zu erwarten, daß die vielen Arbeitslosen mit Rasenmähen und Pizzaausfahren beschäftigt werden können.

Auch der SPD-Arbeitsmarktexperte Klaus Brandner reagierte auf die Vorschläge mit schroffer Ablehnung. »30 Prozent weniger für Hartz-IV-Empfänger ? das ist mit uns nicht zu machen«, erklärte er in der Mittwochausgabe des Kölner Stadt-Anzeigers. Die Vorschläge der Gutachter basierten auf der irrigen Vorstellung, es gebe ausreichend Jobs für Arbeitslose. »Es fehlt aber nicht an der Bereitschaft zur Arbeit, sondern an Arbeitsplätzen im Niedriglohnbereich.«

http://www.jungewelt.de/2006/09-06/051.php


Arbeitsmarkt



350.000 neue Stellen durch Kombilohn

	
Die Wirtschaftsweisen haben ihr Herz für den Kombilohn entdeckt	
04. September 2006 
Durch eine Kürzung des Arbeitslosengeldes II (AlG II), geänderte Hinzuverdienstregeln und eine Neuordnung der Mini- und Midi-Jobs könnten rund 350.000 neue Stellen für Geringqualifizierte und Langzeitarbeitslose geschaffen werden. Das schätzt der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in seinem jüngsten Gutachten, das der F.A.Z. vorliegt.


Würden die bestehenden Aktivierungsmaßnahmen für Hartz-IV-Empfänger konsequent angewandt, seien sogar noch größere Beschäftigungseffekte möglich, heißt es in dem Kombilohn-Konzept, das die fünf Wissenschaftler im Auftrag der Bundesregierung erarbeitet haben.

Hartz-IV-Regelsatz um 30 Prozent kürzen

Ihr Kombilohnmodell soll zugleich die Anreize zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung und die Nachfrage der Betriebe nach solchen Tätigkeiten erhöhen. Dazu sollen - ähnlich wie vom Ifo-Institut vorgeschlagen - der Regelsatz für Hartz-IV-Empfänger um 30 Prozent gekürzt, zudem aber die Einkommensgrenze für Mini-Jobs von 400 auf 200 Euro gesenkt und die Belastung mit Sozialversicherungsabgaben entsprechend verringert werden.

Erwerbseinkommen bis zu 200 Euro sollen künftig voll auf das Arbeitslosengeld II angerechnet werden, um die Mini-Jobs zurückzudrängen. Einen ähnlichen Vorschlag hatte vor einiger Zeit schon der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) präsentiert. Bei einem Bruttoeinkommen zwischen 200 und 800 Euro (neuer Midi-Job) sollen die Betroffenen künftig von jedem hinzuverdienten Euro 50 Cent behalten dürfen, schlägt der Rat vor; bisher sind es nur 20 Cent.

Gemeinnützige Tätigkeiten 

Wer keine reguläre Stelle findet und daher sein Transfereinkommen nicht durch Hinzuverdienste aufstocken kann, muß nach dem Modell eine gemeinnützige Arbeitsgelegenheit annehmen, um die volle Unterstützung zu erhalten. Bis sich mit der Zeit die positiven Beschäftigungseffekt einstellten, müßten daher doppelt so viele gemeinnützige Tätigkeiten vorgehalten werden wie derzeit, schreiben die Wissenschaftler. ?Diese beachtliche Zahl bereitzustellen, die aber mit der Wirkungsdauer der Reform unter den Status Quo zurückgehen wird, ist eine große Herausforderung.?

Der größte Effekt auf das Beschäftigungsangebot- rund 400.000 neue Stellen oder eine Zunahme des Arbeitsvolumens um 2,2 Prozent - geht nach Simulationsrechnungen von der Kürzung des Regelsatzes um 30 Prozent aus. Diese Senkung des Leistungsniveaus bei Nichterwerbstätigkeit müsse ?zentrales und unverzichtbares Element einer Reform sein?, wenn man die Arbeitsmarktchancen insbesondere von Geringqualifizierten und Langzeitarbeitslosen spürbar verbessern wolle, stellt der Sachverständigenrat klar. ?Über eine bloße Veränderung der Hinzuverdienstmöglichkeiten oder eine Verringerung der Abgabenbelastung im Niedriglohnbereich, so wünschenswert diese für sich genommen sein mögen, lassen sich zu vertretbaren Kosten in den Problemgruppen keine relevanten Effekte erzielen.?

Kein Königsweg

Wenn der Politik ?die Kraft für eine derart weitreichende und gesellschaftlich kontroverse Maßnahme? fehle, solle sie zumindest ?den Mut haben, auf andere, wenig wirksame, aber teure Ausweitung bisheriger Instrumente zu verzichten?, empfiehlt der Rat.

?Einen Königsweg zur Beseitigung der Massenarbeitslosigkeit stellt auch eine solche Reform des Arbeitslosengelds II nicht dar. Sie macht eine wachstums- und beschäftigungsfreundliche Wirtschafts- und Sozialpolitik ebenso wenig entbehrlich wie weitere Reformen der Verfassung des Arbeitsmarkts?, betont der Rat.
Text: nf. / F.A.Z., 05.09.2006, Nr. 206 / Seite 11

http://www.faz.net/s/Rub0E9EEF84AC1E4A389A8DC6C23161FE44/Doc~E6339F34BDF7A4F4FB6AC475FFAC15AAA~ATpl~Ecommon~Scontent.html



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