[Debatte-Grundeinkommen] inforadio: Ulrich Beck fuer Grundeinkommen
Wolfgang Strengmann-Kuhn
strengmann at t-online.de
So Mär 5 10:11:39 CET 2006
http://www.inforadio.de/radiotoread_print.do?dataid=107271
Ulrich Beck
Neue Arbeit für die Risikogesellschaft
Er hat den Eindruck, Deutschland soll gesund gelächelt werden von der
schwarz-roten Koalition: Der Münchener Soziologe Ulrich Beck stellt der
Regierung Merkel nach 100 Tagen an der Regierung kein gutes Zeugnis
aus. Was sie über den Umgang mit der strukturellen Arbeitslosigkeit zu
sagen habe, wo ihr Kabinett die Komponente der sozialen Gerechtigkeit
stärker betonen wolle - das alles sei noch "auf Ebene der Rhetorik".
Über fünf Millionen Arbeitslose, so der Erfinder des Begriffs
"Risikogesellschaft", seien ausgeschlossen aus unserer Gesellschaft. Doch
die Regierung Merkel verfolge wie ihre Vorgänger nur die "Politik de
Silberstreifens": Trotz nachträglich schlechter Nachrichten vom
Arbeitsmarkt vertröste sie auf eine angeblich bessere Zukunft - die
Grundprobleme aber gehe sie nicht an. Arbeitslosigkeit, Alterung der
Gesellschaft, Migration - "Solange wir dies als Aufgaben begreifen, die im
nationalen Alleingang zu meistern wären, werden wir scheitern."
1986 prägte Ulrich Beck den Begriff der Risikogesellschaft. Seine These:
Die Moderne ist eine Gesellschaft und eine Dynamik, die permanent ihre
eigenen Grundlagen und Voraussetzungen in Frage stellt. Auf allen Ebenen
erzeugt sie Unsicherheiten und neue Risiken: Ob es um Umweltfragen und
Klimakatastrophen geht, technologische Entwicklungen oder unser
Verhältnis zu Arbeit und Lebensführung. Wir leben in permanenter
Beunruhigung - denn wir bilden eine Gesellschaft, die in ihrem Inneren auf
Sicherheit und Konstanz ihrer Strukturen und Institutionen setzt.
Beispiel Arbeitswelt: Als Beck seine Thesen vor 20 Jahren niederschrieb,
hielt man in Deutschland zwei Millionen Arbeitslose für einen Skandal, der
dringend und rasch beendet werden müsse. Heute sind es im vereinten
Deutschland über fünf Millionen, Beck fragt: wie ernst nehmen wir die
altbekannte Beobachtung, dass durch immer bessere Technologien immer
weniger Menschen immer mehr produzieren, also immer weniger
produktive Arbeitsplätze gebraucht werden?
Seine Antwort: wir müssen weg vom "Ideal der Vollbeschäftigung".
Menschen müssen in unserer Gesellschaft auch eine sinnvolle Existenz
führen können ohne Erwerbsarbeitsplatz.
Verschiedene Religionen gehen mit diesem Problem unterschiedlich um,
erläutert Beck. So stelle die evangelische Theologie, wie Max Weber es
einst analysierte, noch immer stark auf die Erwerbsarbeit ab.
Zukunftsweisender ist für ihn das "Bürgergeld". Für Leistungen, die Bürger
für ihre Gemeinschaft außerhalb des klassischen Jobs erbrächten, sollten
sie finanziell belohnt werden. So könne langfristig das Grundeinkommen,
die Grundsicherung von der Erwerbsarbeit abgekoppelt werden.
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