[Debatte-Grundeinkommen] [Genugfueralle] [spam] Re: Erster Ministerpr äsident will Hartz IV abschaffen

Werner Rätz werner.raetz at t-online.de
Do Jul 20 10:44:12 CEST 2006


Lieber Rüdiger,

du schreibst, wir brauchten mit Bürgerlichen nicht mehr über bge
diskutieren, weil die in diese Richtung gehen: Na ja, wenn's so
niedrig bleibt, ist das kein bge, sondern eine
Armutsverewigungsmaßnahme. Also bleibt da viel zu tun.

Du schreibst weiter, wir brauchten mit den Sozis nicht mehr weiter
darüber diskutieren. Na ja, da gibt's sicher genug Opportunisten oder
auch solche, die's einfach zu spät merken, dass da viele hinterher
kommen werden.

Aber unser Problem ist doch ganz deutlich, dass es einige Linke gibt,
die es sich zu Aufgabe gemacht haben, sozialdemokratische Politik zu
fordern und mit Verweis auf konservative Forderungen gegen uns zu
kehren. Die drei Autoren, die in den letzten Monaten auf dieser Liste
die Debatte gegen das bge belebt haben (Daniel Kreutz, Rainer Roth,
Michael Schlecht), haben ihre Texte jeweils für Veranstaltungen
geschrieben, wo sie mit mir und nur mit mir auf dem Podium saßen. Die
diskutieren da gegen uns, gar nicht gegen die Bundesregierung. Die
sind es, die versuchen, grunsätzlich sozialdemokratischen
Politikkonzepten wie Bedarfsprüfung, Arbeitszwang (das Daniel
ausfdrücklich nicht!) etc. wieder Glaubwürdigkeit zu verschaffen.

Sollen wir mit ihnen auch nicht mehr diskutieren? ich fände das
unangemessen, es sind ja Linke, mit denen wir anderswo gut
zusamenarbeiten. Aber in dieser Frage, da hast du recht, behindern sie
das Notwendige, nämlich die europäische und globale Öffnung der
Diskussion.

Schönen gruß
Werner




Rüdiger Heescher schrieb am Mittwoch, 19. Juli 2006 um 14:16:


RH> Hallo Genugfüralle und Grundeinkommenbefürworter

RH> Hallo Werner Rätz und Hallo Karen Horster

RH> Zuerst einmal an Karen ein Lob für diese klaren Worte:

RH> "Die Wirtschaft und deren Exponenten vereinnahmen diese Idee bereits zu
RH> ihrem Vorteil und die entsprechenden politschen Parteien werden diese
RH> Vereinnahmung vorantreiben. Lange waren sich linke und aufklärische Kreise
RH> untereinander uneinig, ob sie überhaupt die Idee des Grundeinkommens
RH> befürworten wollen und sollen. Ob nicht alle unbedingt und zwinglich
RH> arbeiten gehen sollen, obwohl es gar nicht Arbeitsplätze für alle gibt und
RH> ob man nicht dies oder jenes tun solle. Der Fetisch Arbeit stand drohend im
RH> Raum. Diese Uneinigkeit haben inzwischen andere zu ihrem Vorteil ausgenutzt.
RH> Begangene Versäumnisse lassen sich nun nicht einfach so wegräumen. Den Tenor
RH> übernehmen nun schon andere, wie das Grundeinkommen und was für eines nun
RH> verwirklicht werden soll. "

RH> Ich bin der Überzeugung, dass es anscheinend nicht anders geht und erst
RH> bürgerliche kommen müssen um die linken wach zu rütteln.

RH> Der grosse Vorteil ist der, dass wir nun nicht mehr diese Schmarotzer
RH> Diskussion von Sozialdemokraten haben, denn Sozis sind die
RH> Arbeitsfetischisten und haben anscheinend ein Sozialneid Gen in sich

RH> Deswegen ist es jetzt notwendig, dass sich die linke schnellstens darüber
RH> einig wird, wie sie das Grundeinkommen ausgestalten will.

RH> Wir haben jetzt die Situation, dass wir nicht mehr darüber diskutieren
RH> müssen ob wir ein Grundeinkommen befürworten, sondern wie wir ein
RH> Grundeinkommen haben wollen.

RH> Ich glaube die Grundsicherungsdiskussion ist jetzt obsolet geworden, weil
RH> schon FDP und CDU in eine Stossrichtung blasen, die ein
RH> Grundsicherungsmodell überflüssig macht und man ganz gezielt an einem
RH> generellen Systemwechsel bastelt.

RH> Dann sollte gerade die Linke insgesamt jetzt sich mal gedanken machen, wie
RH> der Systemwechsel von linker Seite her aussehen soll. Jetzt kommt die Stunde
RH> der Utopien und man muss jetzt Klotzen und nicht kleckern. Die Bürgerlichen
RH> gestehen sich jetzt selbst ein, dass ihr altes System jetzt am Ende ist und
RH> die Sozis sollten sich jetzt auch mal gedanken machen, dass sie nicht an
RH> ihre 70er Jahre festhalten können. Jetzt ist ein Window of opportunity da,
RH> wo die linke mit einer geschlossenheit aufttreten muss.

RH> Wenn die linke es nicht schafft und nur weiterhin diskutiert, was sein
RH> müsste oder könnte, aber nicht wirklich mal tacheles in die Offensive geht,
RH> dann wird sich ein Kombilohnmodell durchsetzen, wie es sich gerne manche CDU
RH> und FDPler wünschen, was aber bestimmt nicht unsers sein kann.

RH> Jetzt zu Werner:

RH> Es ist denke ich nicht unbedingt notwendig im einzelnen darüber zu
RH> diskutieren, was jetzt der Althaus Vorschlag an schlechter Vorlage zu bieten
RH> hat.

RH> Unser Ding kann von attac Seite her ganz einfach sein.

RH> Wir wollen keine nationale Lösung und ein bGE sollte zumindest auf
RH> europäischer Ebene ein Grundeinkommen von mindestens 800 Euro plus
RH> Bürgerversicherung heissen.

RH> Wir müssen nicht mehr mit den Bürgerlichen diskutieren ob wir ein bGE
RH> wollen, sondern sollten unseren Schwerpunkt mittlerweile darauf legen ein
RH> grundlegendes Modell zu fordern für mindestens Europäischer Ebene, wo
RH> solidarische Kernpunkte berücksichtigt sind. Wir sind doch eine
RH> globalsierungskritische BEwegung, dann sollten wir auch uns selbst von
RH> nationalstaatlichen Lösungen trennen und eine grundlegende Stossrichtung
RH> fordern.

RH> Wo wir uns verabschieden sollten ist überhaupt noch mit sozis über so ein
RH> Modell zu reden, weil sie werden sowieso nachziehen, wenn ihnen die Fälle
RH> dahinschwimmen. Sozis und Gewerkschafter stehen bald alleine da mit ihrem
RH> antiquierten Sozialstaatsmodell a la Grundsicherung mit
RH> Bedürftigkeitsprüfung etc..
RH> Ich möchte nicht mit ewig gestrigen in einem Atemzug genannt werden, wenn
RH> man von links spricht. Denn Gewerkschaftssozis sind nicht wirklich links.

RH> Emanzipatorisch links heisst für uns eine neue Ausrichtung und da sollten
RH> wir uns an Kipping linke, junge Grüne linke etc halten aber die
RH> Gewerkschaftslinken als Arbeitsfetischistensozis restlos abschreiben, weil
RH> sie vom Grundgedanken her wesentlich weiter entfernt stehen als FDPler und
RH> CDUler in einer liberalen/libertären ausrichtung. So ungewöhnlich und
RH> traurig es klingen mag. Die motivation mag eine andere sein, aber sie haben
RH> begriffen, wie die Welt wirklich aussieht und versuchen aus ihrer Sicht her
RH> eine neue Ausrichtung. Mit ihren eigenen Interessen dabei schon völlig klar.

RH> Sozialneiddiskussionen bringen uns nicht weiter und erst durch solche Denke
RH> von Sozis kommt auch erst wieder Schmarotzerdenke auf.

RH> Das ist kontraproduktiv, wenn wir an einem Ziel arbeiten, was bGE heisst für
RH> alle!

RH> Für uns ist jetzt entscheidend, dass wir als emanzipatorische Linke an einem
RH> Strang ziehen und uns einig sind und nicht andauernd irgend welche
RH> vermeintliche linke unsere emanzipatorische linksauffassung boykotieren
RH> kann, denn das sehe ich ähnlich wie Karen ist unsere grösste gefahr bei dem
RH> ganzen.

RH> Wir können nur dem Grundeinkommensmodell der bürgerlichen Seite etwas
RH> entgegen halten, wenn wir uns von den Gewerkschaftern trennen oder sie
RH> einsehen, dass sie keine Chance mehr haben mit ihrer Vorstellung. Sie sind
RH> unser Klotz am Bein.

RH> Jetzt muss der Schwanz mit dem Hund wedeln.

RH> Setzen wir sie vor die Wahl. Sie werden schnell einknicken und merken, das
RH> sie sonst erledigt sind, weil jetzt das Grundeinkommen gerade auf
RH> bürgerlicher Seite in aller Munde ist. Es wird keine Mehrheiten auf Seiten
RH> der Sozis geben und sie werden dann immer mehr in die Defensive gedrückt.

RH> Das Risiko ist dann gross, dass wenn sie auf ihre Ansicht beharren sie ihre
RH> Leute an die Rechtsradikalen verlieren werden, was die SOzis auch selbst
RH> genau wissen. Solange sie SOzialneiddebatten und Schmarotzerdiskussionen
RH> führen, desto mehr drängen sie ihre eigenen Leute auf die Rechtsradikale
RH> Seite. und das ist für sie selbst der Untergang und das können sie selbst
RH> nicht wollen. Wir kennen doch unsere Pappenheimer von der Strasse und die
RH> Gewerkschaften in den oberen Etagen erst recht. Im Mittelbau sieht es doch
RH> schon düster aus. Also sollte man schon damit rechnen, dass die oberen
RH> Etagen in den Gewerkschaften auch genau wissen, was passierne wird, wenn sie
RH> weiter auf ihrer Schiene fahren.

RH> bGE ist jetzt nicht mehr ein Frage ob man es durchbekommt, sondern nur noch
RH> wie und wie ein System ausgestaltet sein soll.

RH> Jetzt ist die Stunde für ein open Window of opportunity gekommen.

RH> Jetzt muss die emanzipatorische Linke nicht mehr diskutieren sondern
RH> handeln.

RH> Jetzt brauchen wir einheit und keine Korinterkacker, die alles besser
RH> wissen, weil sie an einem alten Sozialstaatsmodell der 70er Jahre
RH> festhalten.

RH> gruss

RH> Rüdiger


-- 
Werner Rätz
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