[Debatte-Grundeinkommen] Debatte-grundeinkommen Nachrichtensammlung, Band 10, Eintrag 15 (Kommentar zu Beitrag Acker)

Florian Hoffmann florian.hoffmann at intereasy.de
Di Jan 24 09:42:21 CET 2006


Verehrte MitstreiterInnen,

es ist schwer, nach dieser Erwiderung von Herrn Acker nicht in Polemik zu
verfallen. (Das Zerpflücken hat Methode.) Ich will es, der Sache dienlich,
dennoch versuchen:

1.	Mein Modell eines Einkommensteuer-Einnahmen finanzierten bedingungslosen
Grundeinkommens verstößt wohl in erster Linie gegen die NGE-Definition des
BGE. Denn: "Nochmal: Wir, das NGE (der Mensch im NGE ;-) haben uns auf die
Definition eines BGE geeinigt. D.h., jedes Ding, das mindestens alle in der
Definition genannten Kriterien / Eigenschaften / "Bedingungen" erfüllt, ist
ein BGE, und jedes Ding, das mindestens eines der in der Definition
genannten Kriterien / Eigenschaften / "Bedingungen" nicht erfüllt, ist kein
BGE."
2.	Ich habe einen, vom der Inhaltsdefinition des Netzwerks, abweichenden
Vorschlag gemacht, weil ich im übrigen mit der Definition übereinstimme und
weil ich voraussehe, dass sowohl BIEN als auch das Netzwerk aufgrund der
Unendlichkeit der Diskussion "In welcher Höhe ist Einkommen
existenz-sichernd" und der Unendlichkeit der Diskussion "Wo soll das Geld
herkommen", bei der Durchsetzung des BGE Schiffbruch erleiden wird.
3.	Wenn es tatsächlich so wäre, dass die "Legaldefinition" des BGE durch das
NGE jede weitere sachliche Diskussion verbietet, sehe ich eine verstärkte
Gefahr, dass die Bewegung aufgrund geistiger Bewegungslosigkeit scheitern
könnte, was in keinster Weise mein Wunsch wäre. Im Gegenteil. Ich sehe den
Verbesserungsbedarf des beschlossenen NGE-Modells in der von mir
vorgeschlagenen Form, wobei ich meinen Vorschlag als Lösungsweg
(Finanzierung durch die komplette Einkommensteuer, und Höhe des BGE bestimmt
durch die Höhe der Einnahmen), aber nicht als alleinigen Lösungsweg sehen
möchte.
4.	Alle anderen Entgegnungen Herrn Ackers wurde m. E. dem Anspruch auf eine
ernsthafte Diskussion nicht gerecht und waren auch nicht zielführend. Denn:
Für alle demokratischen Entscheidungen bedarf es irgendwelcher Mehrheiten.
Es mag sein, dass Diskussionen etwas demokratisches an sich haben. Aber auch
die Demokratie verlangt nach Entscheidungen, weil die Staaten sonst
untergehen würden. Spätestens bei der Abstimmung bedarf es einer Mehrheit,
und da kann ich hinsichtlich der Finanzierung und der Höhe der
Existenz-Sicherung bislang keine mehrheitsfähige Lösung/Meinung erkennen.

Deshalb bin ich nach wie vor der Auffassung, dass mein Vorschlag ernsthaft
diskutiert werden sollte.

Florian Hoffmann



> -----Ursprüngliche Nachricht-----
> Von: debatte-grundeinkommen-bounces at listen.grundeinkommen.de
> [mailto:debatte-grundeinkommen-bounces at listen.grundeinkommen.de]Im
> Auftrag von debatte-grundeinkommen-request at listen.grundeinkommen.de
> Gesendet: Montag, 23. Januar 2006 07:31
> An: debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de
> Betreff: Debatte-grundeinkommen Nachrichtensammlung, Band 10, Eintrag 15
>
>
> Um e-Mails an die Liste Debatte-grundeinkommen zu schicken, nutzen Sie
> bitte die Adresse
>
> 	debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de
>
> Um sich via Web von der Liste zu entfernen oder draufzusetzen:
>
> 	http://listi.jpberlin.de/mailman/listinfo/debatte-grundeinkommen
>
> oder, via Email, schicken Sie eine Email mit dem Wort 'help' in
> Subject/Betreff oder im Text an
>
> 	debatte-grundeinkommen-request at listen.grundeinkommen.de
>
> Sie koennen den Listenverwalter dieser Liste unter der Adresse
>
> 	debatte-grundeinkommen-owner at listen.grundeinkommen.de
>
> erreichen
>
> Wenn Sie antworten, bitte editieren Sie die Subject/Betreff auf einen
> sinnvollen Inhalt der spezifischer ist als "Re: Contents of
> Debatte-grundeinkommen digest..."
>
>
> Meldungen des Tages:
>
>    1. zu Florian Hoffmann (Ernst Ullrich Schultz)
>    2. Re: Finanzierung - Vorschlag von	FlorianHoffmann
> (Reimund Acker)
>    3. Steuern (Ernst Ullrich Schultz)
>
>
> ----------------------------------------------------------------------
>
> Message: 1
> Date: Thu, 19 Jan 2006 23:05:15 +0100
> From: "Ernst Ullrich Schultz" <eus at eusidee.de>
> Subject: [Debatte-Grundeinkommen] zu Florian Hoffmann
> To: <Debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de>
> Message-ID: <001f01c61d44$82b94780$c55b06d5 at Standard>
> Content-Type: text/plain; charset="iso-8859-1"
>
> Liebe MitstreiterInnen,
> Zuerst einmal etwas Grundsätzliches. Es ist ok., wenn wir über
> die Finanzierung des BGE streiten, das darf aber nicht den für
> mich falschen Eindruck in der Öffentlichkeit erwecken, das BGE
> könne vielleicht nicht "bezahlbar" sein. Das ist Quatsch, es geht
> doch nicht darum, aus einem imaginären Füllhorn Geld
> auszuschütten, das alle Menschen wie im Märchen beglücken soll.
> Es muss immer deutlich gesagt werden: Das Geld ist da!
> Es geht beim BGE lediglich um eine vernünftige, gerechtere und
> einfachere Verteilung der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung
> und um größere Freiheit auch im Wirtschaftsleben.
>
> Noch ein Wort zur Einkommensteuer. Es klingt sehr schön, was
> Florian Hoffmann schreibt:
>
> Wenn das Grundeinkommen aus der Einkommensteuer bezahlt wird,
> wird diese zur Solidar-Abgabe; d. h. Ungleichheiten werden zum
> Teil aus Gründen der Gerechtigkeit gegenüber den Mitmenschen
> ausgeglichen. Ich finde das eine ziemlich gute Begründung,
> weshalb das BGE aus der Einkommensteuer finanziert wird und nicht
> aus der Umsatzsteuer.
>
> Sowohl volkswirtschaftlich als auch psychologisch finde ich das
> problematisch. Volkswirtschaftlich sind Einkommensteuern Kosten,
> die voll auf die inländischen Produkte aufgeschlagen werden. Und
> derjenige, der arbeitet, wird mit höheren Steuern "bestraft". Die
> großen Unterschiede in den Einkommen, die sicher ungerecht sind,
> sind die Folge von Machtpositionen und die lassen sich nicht
> "wegsteuern". Wenn Herr Ackermann von der deutschen Bank 80%
> Steuern bezahlen müsste, "verdient" er dann Netto nur noch 2
> Millionen Euro pro Jahr. Der arme Kerl muss dann sicher beim Aldi
> einkaufen!
> Aber im Ernst, es ist eine Illusion, Sozialpolitik mit
> fiskalischen Instrumenten machen zu wollen. Siehe die völlig
> bescheuerte Abschreibungsgeschichte für Kinderbetreuung, die in
> Berlin zur Zeit ausgehandelt wird.
>
> Herzlichst,
> Ernst Ullrich Schultz
> -------------- nächster Teil --------------
> Ein Dateianhang mit HTML-Daten wurde abgetrennt...
> URL:
> http://listi.jpberlin.de/mailman/private/debatte-grundeinkommen/at
> tachments/20060119/ee57f89a/attachment-0001.html
>
> ------------------------------
>
> Message: 2
> Date: Sat, 21 Jan 2006 03:00:21 +0100
> From: "Reimund Acker" <reimund.acker at t-online.de>
> Subject: Re: [Debatte-Grundeinkommen] Finanzierung - Vorschlag von
> 	FlorianHoffmann
> To: "BGE Liste" <debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de>
> Message-ID: <DOEILPDKGFFFMFOJCHKCKEALCDAA.reimund.acker at t-online.de>
> Content-Type: text/plain;	charset="iso-8859-1"
>
> Vorab: Ich verwende im Folgenden die Begriffe "Umsatzsteuer" und
> "Mehrwertsteuer" synonym. Dies ist  allgemein üblich, wenn man
> (wie Florian
> Hoffmann) davon ausgeht, daß es sich bei der Umsatzsteuer um eine
> solche mit
> Vorsteuerabzug handelt.
>
> "NGE" steht für "Netzwerk Grundeinkommen".
>
> Mit "HGE" hatte ich in meiner vorigen Mail das Hoffmannsche GE bezeichnet,
> damit es nicht mit dem BGE im Sinne des NGE verwechselt wird. Das HGE ist
> nämlich nicht notwendig existenzsichernd. "GE" sei im Moment der kleinste
> gemeinsame Oberbegriff von "BGE" und "HGE".
> (Allein diese terminologischen Schwierigkeiten könnten einen schon davon
> abhalten, hier GE-Varianten zu debattieren, die hinter den NGE-Konsens
> zurückfallen ;-)
>
>
> Florian Hoffmann schrieb am 19.1.06 um 10:37:
>
> > "Zu 1: Warum soll es besser sein, das GE über Einkommenssteuer zu
> > > finanzieren, statt über Umsatzsteuer oder eine Mischung oder
> > > andere Steuern?"
> >
> > Ich denke, da lassen sich Gründe finden:
>
> Eine aufschlussreiche Formulierung. Für ALLES lassen sich Gründe finden!
> Auch für's Gegenteil. Ist die ausschließliche Finanzierung des GE durch
> Einkommensteuer nun ein wesentlicher Punkt des "Modells" oder nur
> "Architektenpetersilie" (verzierendes Grünzeug bei Architekturmodellen)?
>
> > Wenn das Grundeinkommen aus der Einkommensteuer bezahlt wird,
> > wird diese zur
> > Solidar-Abgabe; d. h. Ungleichheiten werden zum Teil aus Gründen der
> > Gerechtigkeit gegenüber den Mitmenschen ausgeglichen.
>
> Damit eine Steuer oder Abgabe zur "Solidar-Abgabe" wird, ist es völlig
> gleichgültig, ob es sich dabei um die Einkommensteuer, die
> Unsatzsteuer/Mehrwertsteuer, eine Abwassergebühr oder eine Konzertkarte
> handelt. Sie wird erst dann zur "Solidar-Abgabe", wenn man sie (auch) aus
> solidarischen Gründen gibt oder geben soll. Also würde auch die
> Mehrwertsteuer zur "Solidar-Abgabe", wenn sie zur Finanzierung des GE
> verwendet werden würde. Vermutlich wäre das subjektive Solidaritätsgefühl
> bei der Mehrwertsteuer, wo ich von jedem Laib Brot beim Kauf ein "Stück"
> abgebe, sogar ausgeprägter als beim automatischen Lohnsteuerabzug.
>
> > Ich finde das eine
> > ziemlich gute Begründung, weshalb das BGE aus der Einkommensteuer
> > finanziert
> > wird und nicht aus der Umsatzsteuer.
>
> Wenn das alles war, dann ist das nicht nur keine "ziemlich gute
> Begründung",
> sondern gar keine (s.o.). Das heißt nicht, dass man nicht (auch) die
> Einkommensteuer zur Finanzierung des GE heranziehen könnte. Alle
> staatlichen
> Einnahmequellen müssen Angesichts des gigantischen Finanzierungsvolumens
> eines GE in Betracht gezogen werden, und wer auch nur eine dieser Quellen
> ausschließen will (oder gar nur eine zulassen), der trägt erheblich mehr
> Beweislast, als sich gestärkt nur durch eine zweifelhafte
> steuerpsychologische Intuition stemmen lässt.
>
> > Umgekehrt hat der Staat notwendige
> > Ausgaben. Wieso sollen die aus der Einkommensteuer finanziert
> > werden?
>
> Wieso nicht?
>
> > wo es
> > doch darum geht, den staatlichen Beitrag (Anteil) zum
> Gesamtfunktionieren
> > des Gemeinwesens zu finanzieren. Dafür ist die Umsatzsteuer als
> Anteil an
> > der gewerblichen Gesamtleistung doch besser geeignet.
>
> Hier ist nicht einmal mehr eine steuerpsychologische Intuition zu
> erkennen.
> Es ist mir doch völlig wurscht, ob mir das Geld für den Fernstraßenbau und
> die Bundeswehr sofort vom Lohn abgezogen wird (Lohnsteuer) oder
> etwas später
> beim Einkauf (Mehrwertsteuer).
>
> Das Argument hier sollte wohl so gehen: Die Einkommensteuer ist für den
> normalen Staatshaushalt gaanz ungeeignet, deshalb nehmen wir sie
> für das GE
> her.
>
> Ginge aber z.B. auch umgekehrt, dieses "Argument".
>
> > > Zu 4: Natürlich wird das Finanzierungsproblem trivial, wenn man darauf
> > > verzichtet, eine Mindesthöhe des GE festzulegen. Es handelt sich beim
> HGE
> > > nicht um ein BGE im Sinne des Netzwerks Grundeinkommen oder von BIEN
> > > handelt, da keine existenzsichernde Höhe garantiert wird.
> Beim BGE geht
> es
> > > nicht um Almosen, sondern ein Bürgerrecht auf ein
> armutsfestes Einkommen
> > > auch ohne Arbeit."
> >
> > Vielleicht nicht nur ein Wortspiel:
> > Aber für mich ist ein Grundeinkommen, das zur Bedingung hat, dass es
> > existenzsichernd ist, ist nicht bedingungslos.
>
> Hoffentlich nur ein Wortspiel, und nicht ein peinliches
> Missverständnis :-(
>
> Natürlich unterliegt ALLES irgendwelchen Bedingungen (zumindest
> im Auge des
> Betrachters). Das Kriterium "bedingungslos" beim BGE bezieht sich
> bekanntlich auf die Auszahlungsmodalitäten: "Es soll [...] einen
> individuellen Rechtsanspruch darstellen, ohne Bedürftigkeitsprüfung
> ausgezahlt werden und keinen Zwang zur Arbeit bedeuten." (s.
> www.grundeinkommen.info)
>
> Ist doch eigentlich glasklar formuliert, oder? Soll ich ... OK: Also, wenn
> ich nach Einführung des BGE feststellen will, ob das "B" in "BGE" wirklich
> stimmt, ob es also in unserem Sinne BEDINGUNGSLOS ist (=gewährt
> wird!), dann
> brauch ich nur nachzusehen, was ich alles anstellen muss, oder eben NICHT,
> um das BGE zu erhalten. Antrag? Nein (wie auch FH bereits zutreffend zur
> Kenntnis genommen hat). Wozu auch? Wer sollte den prüfen, und nach welchen
> Kriterien, wenn's doch bedingungslos ist. Natürlich muss jemand der
> BGE-Auszahlungsstelle verraten, dass es mich gibt :-)
> Also nochmal, die Bedingung "BGE gibt's nur, solange wir nicht komplett
> durch die Vogelgrippe ausgerottet sind" ist keine Bedingung im Sinne des
> NGE. Alles klar jetzt?
>
> > Wenn das BGE die
> > Existenzsicherung des Menschrn zur Bedingung hat,
>
> hat es aber nicht. "Existenzsichernd sein" ist nicht Bedingung für die
> Gewährung des BGE, sondern eine EIGENSCHAFT des BGE. Etwas völlig anderes
> ist die Frage, welche Bedingungen ein BEGRIFF erfüllen muss, damit man bei
> ihm zurecht von einem BGE i.S.d. NGE sprechen kann. Das HGE erfüllt die
> Bedingung "existenzsichernd sein" nicht und ist daher kein BGE.
> Das HGE soll
> aber, wenn ich's richtig verstanden habe, sehr wohl bedingungslos
> ausgezahlt
> werden (also ohne Antrag, Bedürftigkeitsprüfung, etc.), und
> erfüllt insoweit
> immerhin das Kriterium "bedingungslos" des BGE.
> (Ups, hoffentlich hab ich jetzt nicht alle Klarheiten beseitigt ;-)
>
> Oder vielleicht so: Es gibt nichts das bedingungslos ein XYZ sein kann.
> Etwas ist nur dann ein XYZ, wenn es die Definition eines XYZ erfüllt. Wenn
> es die EIGENSCHAFTEN hat, die in der Definition für ein XYZ
> verlangt werden.
> Ein Bumerang ist wo wenn man wegschmeißt und kommt nicht zurück war's
> keiner. Ein Staubsauger ist wo wenn nicht Staub saugt isses keiner. Usw.
>
> Und ein BGE ist wo wenn nicht existenzsichernd isses keins.
>
> Die Eigenschaften, die ein Ding haben muss, um ein XYZ zu sein, sind
> eigentlich gar keine Bedingungen bzgl. der Existenz dieses Dings, sondern
> lediglich formale Bedingungen für die Erfüllung der Definition eines XYZ
> durch dieses Ding. Das Ding ist ja einfach was es ist, unabhängig von
> irgendwelchen Bedingungen. Es hat jetzt diese Eigenschaften und keine
> anderen. Hätte es jetzt andere Eigenschaften, so wäre es jetzt vielleicht
> kein XYZ mehr, vielleicht gar ein anderes Ding? Keine Ahnung, ich beginne
> philosophisch zu schwächeln, also lassen wir das jetzt.
>
> > dann stellt nicht der
> > Staat die Bedingung, sondern der Mensch.
>
> Nochmal: Wir, das NGE (der Mensch im NGE ;-) haben uns auf die Definition
> eines BGE geeinigt. D.h., jedes Ding, das mindestens alle in der
> Definition
> genannten Kriterien/Eigenschaften/"Bedingungen" erfüllt, ist ein BGE, und
> jedes Ding, das mindestens eines der in der Definition genannten
> Kriterien/Eigenschaften/"Bedingungen" nicht erfüllt, ist kein BGE. Sondern
> vielleicht ein XYZ. Oder etwas ganz anderes :-)
>
> > Wem gegenüber stellt er die
> > Bedingung? Dem Staat gegenüber, oder sich selbst?
>
> Der Mensch im NGE stellt die Bedingung gegenüber jedem Ding: "Wenn du Ding
> ein BGE sein willst, musst du die Bedingung(en) unserer BGE-Definition
> erfüllen, z.B. die Bedingung, dass du bedingungslos gewährt wirst."
>
> > Wenn man die
> > Finanzierungsseite außer acht lässt, kann man leicht die
> Bedingung an den
> > Staat stellen und sagen: "Ich fordere!"; "Ich habe einen Anspruch!"
>
> Die "Bedingung" an den Staat (merkwürdige Ausdrucksweise), mir mein
> bedingungsloses GE auszuzahlen, kann ich natürlich erst stellen, wenn der
> Deutsche Bundestages ein Gesetz zur Einführung des BGE verabschiedet hat.
> Und dann müsste ich meinen Anspruch nur geltend machen, wenn es z.B. wegen
> irgendeiner Schlamperei nicht zur pünktlichen Auszahlung meines BGE kommen
> sollte.
>
> > Als
> > nächstes kommt die Überlegung, wieviel ich fordern könnte und müsste,
> damit
> > meine Ansprüche befriedigt werden (Grundansprüche).
>
> Das muss ich mir dann nichtmehr groß überlegen, weil das ja im BGE-Gesetz
> geregelt ist. Ich überlege vorher, solange es noch darum geht, überhaupt
> eine Mehrheit für die Einführung eines BGE zu gewinnen. Und was
> die Höhe des
> BGE angeht, ich denke da werden wir uns einigen können. Wir legen eine
> Untergrenze fest, da gibt es Vorgaben vom BVG, Erfahrungen aus
> Wohlfahrtsverbänden, Betroffenenorganisationen, etc. Die
> Untergrenze müsste
> wohl dynamisch formuliert werden, etwa unter Verwendung eines der üblichen
> Definitionen für Relative Armut, oder eines Warenkorb-Modells. Nach
> Einführung des BGE könnte man es schrittweise erhöhen, solange bis die
> weiteren damit verbundenen Ziele, etwa am Arbeitsmarkt, im Rahmen steuer-
> und ordnungspolitischer Randbedingungen, erreicht sind.
>
> > Dann beginnt eine
> > unendliche Diskussion, weil jeder Mensch eine andere
> Vorstellung hat. Das
> > mit dem Anspruch ist doch die alte Kiste mit der Sozialhilfe, dem
> > Wohngeld,
> > dem Bafög, usw.. Da fällt einem immer wieder etwas Neues ein,
> > weil es immer
> > wieder Ungerechtigekeiten gibt, und schon entsteht ein neuer Anspruch
> > (Frauenparkplatz, Behindertenparkplatz,
> > Auto-mit-Kinderwagen-Parkplatz,...).
>
> Na und? Man nennt das, glaube ich, Demokratie. Und die unendlichen
> Diskussionen um Sozialhilfe, Wohngeld, Bafög, etc., hatten
> anscheinend alle
> irgendwann ein Ende, denn die entsprechenden Gesetze kamen ja anscheinend
> zustande. Natürlich gibt es immer wieder sehr langatmige und langweilige
> Diskussionen über dies und das (womöglich sind wir mitten drin in einer),
> aber was gibt es spannenderes für einen Demokraten, als mit
> anderen über die
> Möglichkeiten einer besseren Gesellschaft zu debattieren? Was das
> ist, eine
> bessere Gesellschaft? Für mich: Eine Gesellschaft, in der ich
> (noch) lieber
> leben möchte als in der heutigen. Für NGE'ler: Eine Gesellschaft mit BGE,
> zum Beispiel.
>
> > Wenn Sie aber sagen: "Die Einkommensteuer gehört uns!" (HGE),
>
> Klar sag ich das. Und die anderen Steuern auch!
>
> > dann haben Sie
> > einen Anspruch gegen sich selbst, dann müssen Sie als erstes definieren,
> > wieviel wollen Sie im Rahmen Ihrer Solidarität abgeben?
>
> Mein Anspruch an mich selbst lautet: Ich will in einer
> Gesellschaft mit BGE
> leben. Ich bin bereit, dafür soviel zu bezahlen wie es kostet.
>
> > Für den Einzelnen
> > ist BGE bedingungslos
>
> Das BGE ist bedingungslos auszuzahlen, ja, weil es so definiert
> ist, und es
> andernfalls kein BGE wäre, sondern ein HGE, XYZ, ...
>
> > – in der Summe steht der
> > gesamtwirtschaftliche Ertrag
> > jedoch unter der Bedingung, dass die Leistung auch tatsächlich von der
> > Gemeinschaft insgesamt erbracht wird. Deshalb gilt die natürliche
> > Bedingung, dass nur so viel ausgekehrt wie eingenommen wird.
>
> sowie die natürliche Bedingung, dass uns die Vogelgrippe nicht alle
> hinwegrafft, uns der Himmel nicht auf den Kopf fällt, etc. Das
> ändert nichts
> daran, dass ein BGE bedingungslos ausgezahlt wird, in existenzsichernder
> Höhe, etc. Und wie bisher machen wir das weiterhin nach der ebenso
> natürlichen Bedingung, dass nur so viel für das BGE eingenommen wird, wie
> für die Auszahlung gebraucht wird. Reicht die Einnahme mal nicht, kann man
> wie bisher auch mal (horrible dictu) Schulden machen.
>
> > Mehrheitlich-demokratisch entschieden wird über den Steuersatz,
> > wie hoch der
> > umzuverteilende Anteil und damit am Ende das Grundeinkommen ist.
>
> Man stelle sich vor: Wir denken uns mehrheitlich-demokratisch
> eine magische
> Zahl für einen Steuersatz aus, um mit der entsprechenden Steuer,
> mal sagen,
> die Flugsicherung, die Bauaufsicht, den Strafvollzug, den Fernstraßenbau,
> etc. zu finanzieren. Aber nicht heimlich vorher gucken, wieviel gebraucht
> wird! Also gut, ich nehme 17%, weil ich 17 arithmetisch sympathisch finde.
> Dann gibt der Staat das ordentlich aus, aber ups, da knallen in dem Jahr
> doppelt so viele Flieger ineinander, weil da die 17 leider zuwenig war,
> nochmehr Eissporthallen fallen zusammen, aus dem gleichen Grund. Oder es
> wird nun doch noch der Rest der Republik asphaltiert, weil die 17 üppig
> bemessen war für den Straßenbau, aber die Einnahme auf jeden Fall
> ausgekehrt
> wird.
>
> Ich kenne kaum ein Beispiel im Haushaltswesen, wo zuerst ein willkürlicher
> Betrag eingenommen wird, und danach gibt man genau diesen Betrag für einen
> vorher festgelegten Zweck aus. Sowas gibt's wohl nur bei der Tombola.
>
> Der Normalfall ist so: Erst überlege ich, was ich brauche oder haben will
> (z.B. Existenzsicherung für alle), dann rechne ich aus, was das
> kostet, dann
> schau ich wo ich das Geld herkriege. Und wenn's da Probleme gibt, geht's
> wieder von vorn los, versuch ich meine Wünsche & Bedürfnisse anzupassen,
> rechne wieder, etc. Ganz normaler Entscheidungsfindungsprozess eben.
>
> > Ein abschließender Gedanke dazu: Nur die Auszahlung eines
> > ertragsabhängigen
> > Anteils aus der Leistung aller (quasi als Be-Lohnung)
>
> Niemand soll durch das BGE belohnt werden. Wofür auch? Diejenigen Menschen
> und Maschinen, die Güter  und Werte im Überfluss schaffen, geben
> etwas davon
> ab an diejenigen Menschen, die das nicht können oder wollen, ohne
> Gegenleistung. Passiert heute schon massenhaft. Wird aber teilweise mit
> neurotisierenden Zwangsritualen seitens der Geber und Nehmer verknüpft.
> Unnötig.
>
> > erzeugt
> > beim Empfänger
> > die Befriedigung, die auch ein Lohn für erbrachte Leistungen oder
> > ein Ertrag
> > (z. B. ein Ernte-Ertrag) zu erzeugen in der Lage ist.
>
> Anders beim BGE: Die Befriedigung beim Lohn für erbrachte
> Leistungen besteht
> in der erhaltenen Anerkennung für die Leistung. Die Befriedigung beim BGE
> besteht im Vertrauen, der Solidarität und der Wertschätzung, die ich als
> Mensch und Bürger durch die Gemeinschaft erfahre. Wolfgang Engler
> hat diese
> Erfahrung in seinem hervorragenden Buch "Bürger, ohne Arbeit" in
> bewegenden
> Worten auf den Punkt gebracht: "Allein die Sozialdividende [=BGE; RA]
> überzeugt mich sinnlich-konkret von meinem Dasein als immer schon
> respektiertem Glied des Gemeinwesens. Sie und nur sie sagt mir:
> du kannst in
> deinem Beruf herbe Fehlschläge und Enttäuschungen erleiden, womöglich
> ökonomisch scheitern, und das kann dazu führen, dass du auch in deinen
> eigenen Augen scheiterst: Du scheiterst gleichwohl nie sozial. Als
> Mitbewohner dieser Erde bist Du unangefochten."
>
> ---
>
> Reimund Acker
>
>
>
> ------------------------------
>
> Message: 3
> Date: Mon, 23 Jan 2006 00:10:41 +0100
> From: "Ernst Ullrich Schultz" <eus at eusidee.de>
> Subject: [Debatte-Grundeinkommen] Steuern
> To: <Debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de>
> Message-ID: <002201c61fa9$263ffe60$ed5c06d5 at Standard>
> Content-Type: text/plain; charset="iso-8859-1"
>
> Liebe MitstreiterInnen,
> eine kleine Ergänzung zu meinem letzten Beitrag. Die
> Einkommenssteuer als Grundlage des BGE ist deshalb sehr
> problematisch, weil sie einen der Hauptgründe für das BGE völlig
> kontastriert, nämlich die zunehmende Rationalisierung und Automation.
> Der Betrieb nämlich, der stärker rationaliert und automatisiert,
> bezahlt weniger Steuern als ein arbeitsintensiver Betrieb, der
> viel Einkommenssteuer abführen muss. Die Behauptung,
> Einkommensteuer seien persönliche Steuern, gehören in das Reich
> des frommen Wunsches! Man stelle sich einen Betrieb vor, in der
> die Mitarbeiter keine Einkommenssteuer zahlen müssten. Der hätte
> nach unseren kapitalistischen Regeln einen Wettbewerbsvorteil,
> weil er netto weniger an seine Mitarbeiter auszahlt! Oder? Ich
> wundere mich immer wieder, wie z.B. Experten wie Herr Rürup
> darauf hereinfallen, Unterschiede wie Arbeitnehmer- und
> Arbeitgeberanteile in Lohnnebenkosten zu politisieren. Mit Logik
> hat das herzlich wenig zu tun. Bezahlt werden müssen diese
> Anteile werden, egal von wem!
> Unsere Initiative für ein BGE beruht doch darauf, dass wir der
> Meinung sind, dass eine sinnvolle Verteilung der Wertschöpfung
> nur durch ein BGE ermöglicht wird.(Für Marxisten übersetze ich
> das folgendermaßen: Beim Grundeinkommen werden die
> Konsumtionsmittel sozialisiert und nicht die Produktionsmitte!l)
> Die BGE kann meiner Meinung nicht durch eine Einkommensteuer, die
> immer weniger Menschen leisten werden, erbracht werden, sondern
> durch eine dreistufige Konsumsteuer, nach Normal- Zusatz- und
> Luxusbedarf und einer Steuer für leistungslose Einkommen
> (Dividenden, Erbschaften, Bodeneigentum und Kreditgeschäfte).
>
> Herzliche Grüße,
> Ernst Ullrich Schultz
> -------------- nächster Teil --------------
> Ein Dateianhang mit HTML-Daten wurde abgetrennt...
> URL:
http://listi.jpberlin.de/mailman/private/debatte-grundeinkommen/attachments/
20060123/b6a9e09c/attachment.html

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