[Debatte-Grundeinkommen] Beitrag gegen das BGE im ND

Eric Manneschmidt eric-manneschmidt at gmx.net
So Okt 16 13:15:07 CEST 2005


Liebe Freunde des Grundeinkommens,

vielleicht wäre es sehr sinnvoll, einmal einige Begriffe zu definieren. Denn
der Autor dieses ND-Artikels hat mit einigen Aussagen natürlich Recht, mit
manchen vielleicht:
„Das gleiche gilt für die Selbstverwirklichung der Menschen, welche ohne
Arbeit nicht funktioniert. Arbeit ist eine Grundbedingung – nicht nur der
Menschwerdung, sondern auch des Menschseins.“
#Sehr richtig. Aber was bedeutet Arbeit eigentlich? Erwerbsarbeit,
Zwangsarbeit oder ...?

„Als linkes Konzept taugt der »Traum vom süßen Nichtstun« und einer »Welt
ohne Arbeit« nichts.“
#Was heißt eigentlich „links“? Das sind die Leute, die im Parlament auf
einer bestimmten Seite sitzen. Und weiter?

„Zudem unsozial und gefährlich nahe am neoliberalen Gesellschaftskonzept.“
#Und was ist das neoliberale Gesellschaftskonzept? Ich dachte man verwendet
das Adjektiv für Leute, die sehr konfus und wenig empathisch sind und dabei
wirre Sachen von sich geben. Gibt es da ein Konzept oder ist das ein
Konstrukt von ebenfalls verwirrten etwas empathischeren Leuten?
Was bedeutet eigentlich sozial/unsozial? Ich dachte, wenigstens DIESES Wort
wäre mir verständlich, aber wenn es hier so gebraucht wird, muss wohl noch
Bedeutungsdimensionen haben, die mir völlig unerschlossen sind.

„Das Konzept ist im Übrigen auch undemokratisch, denn die Mehrheit der
Bevölkerung ist erwerbstätig bzw. strebt nach Beschäftigung.“
Ich dachte demokratisch bezeichnet die Art, wie man Entscheidungen fällt und
nicht welche. Auch falsch gedacht?

„Das Leistungsprinzip, Grundprinzip sozialistischen Denkens, scheint
gänzlich passé.“
Wieder mal: Was ist sozialistisches Denken. Muss man das wissen?

Die weiteren Halbwahrheiten und Falschaussagen in dem Artikel seien dem
Autor gegönnt, es geht ihm ja sowieso mehr um seine emotionale Botschaft als
um die (vorgeschobene) Sache.
Was ich aber sehr problematisch finde ist, dass viele der von ihm
verwendeten weniger eindeutigen Begriffe auch in den Reihen der
BGE-Befürworter unkritisch verwendet werden.
Wenn wir hier ein Netzwerk von „Linken“ oder „Rechten“, „Anti-“ oder
„Pro-(Neo)liberalen“ sind, dann bin ich hier falsch. Das ist das Niveau auf
dem andere Leute sich darüber austauschen, dass sie Eintracht- oder
Bayern-München-Fans sind. Das ist erbärmlich.

Die Fragen sind doch: 
Ist ein BGE menschenfreundlich? Stärkt es die Bürger/Einwohner? Damit auch
die Demokratie? Wäre es sinnvoll, die Entscheidung über die Einführung und
Höhe des BGE möglichst direktdemokratisch zu treffen (Volksabstimmung)?
Dass ein BGE in Existenz sichernder Höhe finanzierbar ist, lässt sich ohne
irgendwelche Zahlen logisch erschließen. Wenn wir Existenz sichernd so hoch
ansetzen wie heute. Die Frage nach der Finanzierbarkeit stellt sich damit
eigentlich gar nicht mehr, allenfalls die Frage nach DER ART DER
FINANZIERUNG en détail. Das ist interessant aber off-topic, denn es ist die
Frage nach der Art der Finanzierung aller Staats- oder
Gemeinschaftsaufgaben.
Wenn wir ein höheres BGE wollen, dann sollten wir die Diskussion darüber
abtrennen. Denn die Vermischung von zwei Zielsetzungen a) Umbau und
Zusammenfassung der sozialen Sicherung auf eine ohne Bedarfprüfung und b)
Erhöhung der als Existenzgrenze haben miteinander wenig zu tun - man kann
beides unabhängig voneinander fordern und durchführen.
Die Finanzierungsdiskussion betrifft nur Punkt b). Dass a) Geld spart müsste
sogar jedem Neo-, Alt- oder Mittelliberalen einleuchten (wenn es sich dabei
nicht zumeist doch um verwirrte Leute handeln würde, die mit
„Freiheitlichkeit“ gar nichts mehr zu tun haben (wollen)).

Die Fragen sind aber auch:
Was sind die Widerstände gegen ein BGE? Welche sind emotionaler (Leute die
Angst haben vor ihrer eigenen Freiheit oder vor der ihrer Mitmenschen.
Leute, die vor Menschen Angst haben), welche (macht-)politischer Art?
- Welche Menschen oder Gruppierungen verlieren infolge eines bedingungslosen
Grundeinkommens Macht, Einfluss, Pfründe?
- Wie sind die Wechselwirkungen von BGE und Ressourcenverbrauch?
- Und wie mit der Schuldenpolitik? Anders gesagt: Wie lässt sich verhindern,
dass ein BGE durch Schuldenaufnahme finanziert oder schlichtweg durch diese
konterkariert wird?
Im Moment ist nämlich der Affekt mancher gegen eine höhere „Staatsquote“ vor
dem Hintergrund der Verschuldung grundsätzlich eine sehr gesunde Reaktion.
Dumm, wenn sie mithilft, das BGE zu verhindern/verzögern. 

viele Grüße
Eric Manneschmidt


> --- Ursprüngliche Nachricht ---
> Von: Rblaschke at aol.com
> An: Debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de
> Betreff: [Debatte-Grundeinkommen] Beitrag gegen das BGE im ND
> Datum: Sat, 15 Oct 2005 06:45:58 EDT
> 
> Nach den Berichten über Wien, dem Interview mit van Parijs und Raul 
> Zeliks 
> Beitrag nun der polemische Gegenschlag im ND. 
>  
> Falscher Traum vom Schlaraffenland
> Ist das bedingungslose Grundeinkommen  wirklich ein linkes Konzept? Ein 
> Ökonom sagt Nein
> 
> Von Ulrich  Busch
> Massenarbeitslosigkeit und ungleiche Verteilung spalten die  Gesellschaft 
> zunehmend in Arme und Reiche, Integrierte und  Ausgegrenzte...
> 
> http://www.nd-online.de/artikel.asp?AID=79532&IDC=2&DB=
> 
> 
> 



Mehr Informationen über die Mailingliste Debatte-Grundeinkommen