[Attac-Saar-PM] [Attac Saar / PM 83] Ergänzungen zur „GLOBALE 06" in Saarbrücken / Diskussion mit ExpertInnen

Presseteam Attac Saar presse at attac-saar.de
Mit Nov 22 15:22:46 CET 2006


[Attac Saar / Pressemitteilung Nr. 83 / 22.11.2006]

• Ergänzungen zur „GLOBALE 06" in Saarbrücken
• Globalisierungskritische Filme und Diskussion mit ExpertInnen

Die globale06 in Saarbrücken widmet sich Dokumentationen und
Low-Budget-Produktionen, die von den Hintergründen kapitalistischer
Globalisierung berichten. Sie erzählen aber auch vom diskreten Charme
der Subversion und bebildern die Fantasien im Kampf für soziale
Gerechtigkeit und ein selbstbestimmtes Leben. Zu jedem Film bietet
Attac Saar eine Diskussion an.

Eintrittspreise: Erwerbslose mit dem "Kunst umsunst"-Ausweis haben zu
allen Vorstellungen kostenlosen Eintritt.
Normalpreis: Im Kino Achteinhalb und im Filmhaus Saarbrücken sind die
Eintrittskarten mit 4,- Euro leicht ermäßigt. Im Café Exodus, dem JUZ
Bexbach, und im Café Casa Andina ist
der Eintritt grundsätzlich frei. Rechtsschutzsaal
Friedrichsthal-Bildstock: Unkostenbeitrag.

Das noch ausstehende Programm und die Experten für die Diskussion mit
dem Publikum:

Mittwoch, 22.11. - 20 Uhr – Kino 8 ½ (Caracoles/La lucha del agua /La tierra es
de quien la trabaja) Diskussion mit Alexis Donoso (DeLaGe,
Deutsch-Lateinamerikanische Gesellschaft) und Attac Saar

Donnerstag, 23.11. -20 Uhr – Kino 8 ½ (Wasser unterm Hammer /Orange
Farm Water Crisis). Diskussion mit Attac Saar.

Freitag, 24.11. - 20 Uhr –  Kino 8 ½  (Der tschechische Traum)
Diskussion mit Michael Fuchs (Medien-Informatiker) und Attac Saar

Samstag, 25.11. - 20 Uhr – Kino 8 ½ (Granito de arena)
Diskussion mit Roberto Lopez (Psychologie-Student aus El Salvador) und
Attac Saar

Sonntag, 26.11. - 19:30 Uhr – Filmhaus SB (Black Deutschland / Abschiebung im
Morgengrauen) (ACHTUNG: diese Filme waren anfangs falsch für den
30.11. angekündigt)

Diskussion mit dem NDC („Netzwerk für Demokratie und Courage") und
Doris Frey (ehrenamtliche Flüchtlingshelferin und Attac-Vertreterin im
Saarländischen Flüchtlingsrat)

Montag, 27.11. - 19:30 Uhr – Café Exodus (Eviannaive)
Diskussion mit Libertad! und Attac Saar.

Dienstag, 28.11. - 19:30 Uhr – Filmhaus SB (Leben nach Microsoft)
Diskussion mit Franz-Josef Simon (Arbeitsmarkt-Referent Arbeitskammer
des Saarlandes) und Attac Saar

Mittwoch, 29.11. 19:30 Uhr – Filmhaus SB  (Kick it like Frankreich) plus
Diskussion mit Asten (Uni, HTW, HBK), Studenten und Attac Saar

Freitag, 01.12. - 19:30 Uhr – Rechtsschutzsaal Friedrichsthal-Bildstock (Working
Man's Death)
Diskussion mit Attac Saar, Manfred Klein (Stadtmarketing
Friedrichsthal) und DGB-Ortsverbandsvorsitzenden

Montag, 04.12. - 19:30 Uhr – Café Exodus (5 Fabriken –
Arbeiterkontrolle in Venezuela)
Diskussion mit Attac Saar

Freitag, 15.12. - 19 Uhr – Café Casa Andina (SB) (Beatbox Colombia)
Diskussion mit Attac Saar und LateinamerikanerInnen

Weitere Infos: www.attac-saar.de

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Attac Saar
Haus der Umwelt
Evangelisch-Kirch-Str. 8
D - 66111 Saarbrücken
Büro: 0049 681 - 301 40 377
Mobil: 0049 151 - 14274848
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DIE FILME IN KURZINFOS:

4. La tierra es de quien la trabaja (Das Land denen, die es bearbeiten)
Regie: Moisés / Caracol V, Mexico 2004, Doku., 15 Min., OmU

Wie organisieren Zapatisten ihren Alltag in Chiapas, im umstrittenen
Süden Mexicos? Einblick in ein lebendiges Experiment. Dazu wird ein
eindrückliches Bild der Konfrontation zwischen einer autonomen
Zapatistengemeinde und einer Regierungsbehörde gezeichnet (La tierra
para los que la trabajan). Leben kann vor allem, wer Land für den
selbstbestimmten Anbau von Nahrungsmitteln hat - und das eben
besetzten die Zapatisten entgegen aller Ansprüche der Regierung auf
Grund und Boden.

5. Caracoles - Los nuevos caminos de la resistencia (Schnecken - Die
neuen Wege des Widerstands)
Regie: Colektivo de Videografos, Mexico 2003, Doku., 42 Min., OmU
Ein wesentlicher Teil der Selbstverwaltung in den Gemeinden sind die
"Caracoles", die Schnecken, als tragendes Element der neuen
zapatistischen Organisationsform. Dabei symbolisiert das Bild der
Schnecke den Pfad der Entscheidungsfindung mit seinen politischen
Diskursen und der Weitergabe der getroffenen Entscheidungen. Durch den
Eingang des Schneckenhauses betreten die Zapatisten den Pfad
kollektiver Auseinandersetzung, um in der Spirale den Stimmen aller
Beteiligten Gehör zu gewähren. Das Zentrum steht für den angestrebten
Konsens. Alle so getroffenen Beschlüsse wiederum verlassen das
Schneckenhaus durch die Spirale, um nach außen kommuniziert zu werden.
6. La Lucha del Agua (Der Kampf um Wasser)
Regie: Nicolás Israel, Mexico 2003, Doku., 14 Min., OmU
In „La lucha del Agua" baut eine Zapatistengemeinde mit Hilfe
umliegender Gemeinden ein unabhängiges System der
Trinkwasserversorgung auf. Dieses Konzept trägt dazu bei, Krankheiten
zu bekämpfen und die Trinkwasserquellen zu schützen. Der zapatistische
Kampf um Wasser reiht sich ein in die Widerstandsbewegung gegen die
einseitigen Entwicklungspläne der mexikanischen Regierung.

www.promedios.org
www.ila-bonn.de/ezln/ezln.htm
www.fdcl-berlin.de


7. Orange Farm Water Crisis (Wasserprivatisierung in Südafrika)
Regie: Christina Hotz/Agostino Imondi; Südafrika/NL 2004; Doku; 17 Min.; OmU

Orange Farm ist Südafrikas größte informelle Siedlung. Sie entstand
während der Apartheid. Dort leben ca. 1,5 Mio. Menschen. 60-80% sind
arbeitslos. Die von Weltbank, IWF und neuerdings UNO forcierte
Privatisierung treibt ihre Blühten: Der französische Konzern
„Suez-Lyonnaise" lässt Zähler an öffentlichen Wasserleitungen
anbringen. Bezahlt wird im voraus mit einer Chipkarte. Wer kann Geld
hat, geht buchstäblich leer aus. Krankheiten wie Cholera breiten sich
aus. Brände können nicht mehr gelöscht werden. Diverse Gruppen und
Initiativen kämpfen dagegen an und entfernen u.a. die Wasserzähler, um
Wasser für alle wieder zugänglich zu machen.


8. Wasser unterm Hammer
Regie: Leslie Franke, Hermann Lorenz, Deutschland 2005, Doku., 57 Min., OF

Eine haarsträubende Dokumentation über Strategien und Praktiken der
Akteure der Wasser-Privatisierungen und ihre verheerenden Konsequenzen
für Mensch und Natur. In unaufgeregten Bildern schildert der Film
Fälle aus London, Kiel, Hamburg, Münster und Berlin, die für Aufregung
nicht nur in den Konzernzentralen sorgen. Konnte in Hamburg die
geplante Privatisierung der Wasserwerke durch ein erfolgreiches
Volksbegehren 2004 vorerst verhindert werden, herrschen in Berlin zwei
Global Player über den wertvollen Wasserschatz: der französische Riese
"Veolia" und die zum deutschen RWE-Konzern gehörende "Thames Water".
Mit verheerenden Konsequenzen für die Stadt: Seit der
Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe 1999 ist die Zahl der
Angestellten um über 2000 gesunken, die Wasserpreise steigen über
dreißig Prozent und allein im Jahr 2004 verzichtete Berlin auf 41,2
Millionen Euro Einnahmen für den Haushalt, um dem Konsortium eine
jährliche Renditegarantie von acht Prozent zu sichern. Bei einem
dreistelligen Millonen-Bilanzgewinn kündigen die Berliner Wasserwerke
weitere Senkungen der Personalkosten um 60 Mio. Euro an. Der Unmut in
der Stadt wächst, die Berliner Verbraucherzentrale ruft auf zur Aktion
"Stopp den Wasserpreis" und Stimmen werden laut, auch von anderen
Widerstandskämpfen zu lernen.

www.wasser-in-buergerhand.de
www.menschen-recht-wasser.de
www.attac.de/gats/wasser


9. Der tschechische Traum
Regie: Vit Klusák und Filip Remunda, Tschechien 2004, 87 Minuten, OmU
Die Staaten des ehemaligen Ostblocks, allen voran Tschechien sind im
Vormarsch: Zumindest was den Konsum anbelangt, haben sie den Westen
längst eingeholt, und oft genug auch überrundet. Ein Grund für den
Boom sind die riesigen Einkaufszentren, die Hypermarkets, die jeden
normalen Supermarkt in den Schatten stellen und alle Waren anbieten,
die ein Durchschnittsbürger mindestens einmal im Jahr benötigt – also
quasi alles. Freiheit, so scheint es, ist vor allem die Freiheit zu
konsumieren bis der Arzt kommt, ein Trend, der nicht nur für die
jungen Demokratien des ehemaligen Ostblocks gilt, doch dort sind die
Verwerfungen und die Kontraste aus dem allgegenwärtigen Konsumterror
schärfer und härter.
Vit Klusák und Filip Remunda haben diese Entwicklung in ihrem Land
seit langem beobachtet und beschlossen, darauf auf ihre ganz eigene
Weise und mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln zu reagieren –
denen des Films. Sie inszenierten einen gigantischen Werbefeldzug für
die Neueröffnung eines neuen Marktes namens „Cesky Sen" (auf Deutsch:
der tschechische Traum) – einen Hypermarkt, den es gar nicht gibt und
niemals geben wird. Mit Hilfe einer renommierten Werbeagentur
starteten sie eine aufwändige Kampagne, schalteten TV- und
Radio-Spots, bestückten 400 Leuchtreklametafeln, druckten 200.000
Werbeflyer mit angeblichen „Cesky Sen"-Markenartikeln, kreierten ein
Werbejingle, eine eigene Webseite und platzierten Anzeigen in
Zeitungen und Magazinen. Die Botschaften, die sie vertraten: „Geht
nicht hin!", „Gebt kein Geld aus!", waren witzig und weckten die
Neugier – wenn man es so sehen wollte.
Doch als sich am Eröffnungstag auf der grünen Wiese, wo der
tschechische Traum vom Super-Billig-Schnäppchenkauf Wirklichkeit
werden sollte, 4.000 Menschen drängten, stand dort nur eine 10m x 100m
große Fassade, ein potemkinsches Dorf, eine riesige Illusion. Der
tschechische Traum war geplatzt wie eine Seifenblase. Aus der Traum…

10. Granito de Arena
Regie: Jill Freidberg, Mexiko/USA 2005, Doku, 60 Minuten, OmU

Seit mehr als 20 Jahren demontieren globale Wirtschaftskräfte das
öffentliche Bildungswesen in Mexiko. Seit 25 Jahren verteidigen
hunderte Lehrer und Lehrerinnen die öffentlichen Schulen. Ihre
Gewaltlosigkeit überraschte Mexiko und überdauert brutale Repression.
Was sollen wir von einer Coca Cola- oder Ford-Schule halten? Dieser
Dokumentarfilm ist essentiell, um die Krise zu verstehen, in der sich
das öffentliche Bildungssystem in Lateinamerika befindet. Er wirft
wichtige Fragen über Demokratie, Souveränität und das Recht auf
Bildung auf. Im Film kommen u.a. die SchriftstellerInnen Eduardo
Galeano und Maude Barlow zu Wort.


11. Eviannaive
Regie: Verena Varas, Laurent Notaro, D 2005, Doku., 80 Min., OF

Vom 1. bis 3. Juni 2003 treffen sich die Herren des Clubs der
reichsten Länder der Welt (G7/8) in Evian, Frankreich. Eine Handvoll
junger AktivistInnen aus Berlin organisiert einen Sonderzug, um gegen
diesen G8-Gipfel zu mobilisieren und das Treffen „im besten Sinne zu
verhindern".
Der Film begleitet den Zug und seine mehr als Tausend Fahrgäste auf
der Fahrt nach Genf und ins „Village Intergalaktique", dem
internationalen Protestcamp. Dort werden unter basisdemokratischen
Gesichtspunkten die Aktionen des zivilen Ungehorsams und die Blockade
der Zufahrtsstrassen nach Evian gemeinsam geplant und vorbereitet.
Parallel dazu erzählen Aktivistinnen in Einzelinterviews was sie dazu
bewegt hat den Kampf gegen die „nicht gewählte Weltregierung"
aufzunehmen, von ihren Hoffnungen, Befürchtungen und der anderen Welt.

http://www.eviannaive.net/
www.antig8.info
www.attac.de/blogs/g8/de.dissent.org.uk


12. Leben nach Microsoft
Regie: Belz und Regina Schilling, D 2001, Doku., 60 Min., OF

"Du kannst Bill verlassen, aber du wirst ihn niemals los werden."
(Douglas Coupland: "Microslaves")

Dieser Film über Microsoft-Aussteiger wirft einen kritischen,
ernüchternden Blick auf das Gates-Imperium und auf Arbeitsstrukturen,
die die Strukturen des 21. Jahrhunderts sein werden.


13. Kick it like Frankreich. Der Aufstand der Studenten
Regie: Martin Keßler, D 2006, Doku, 90 Min. OF

Warum haben wir in Deutschland keine französischen Verhältnisse? Was
treibt die Studenten zu immer heftigeren Protesten? Was hat der Kampf
gegen Studiengebühren mit dem Widerstand gegen Hartz IV zu tun?

Die neue Wut hat inzwischen auch die Studenten erfasst. Ob in Hamburg,
Nordrhein-Westfalen oder in Hessen; Tausende Studenten gehen auf die
Straße, um gegen die Einführung von allgemeinen Studiengebühren zu
protestieren. Für das Recht auf kostenlose Bildung, gegen die schleichende
Privatisierung des Bildungswesens und die soziale Ausgrenzung von Studenten
aus einkommensschwachen Familien. Das neueWUT-Team hat den Protest der
Studenten in Hessen von Anfang an begleitet. War bei den wöchentlichen
Demonstrationen hautnah dabei, hat dokumentiert, wie Autobahnen blockiert
oder während der WM der Frankfurter Hauptbahnhof lahm gelegt wurden.
Immer öfter ist von «französischen Verhältnissen» die Rede, werden
die erfolgreichen Massendemonstrationen von Schülern, Studenten und
Gewerkschaftern gegen die Lockerung des Kündigungsschutzes im Nachbarland
zum großen Vorbild.

www.neuewut.de



14. Black Deutschland
Regie: Oliver Hardt, D 2005, Doku., 55 Min., OmU

In BLACK DEUTSCHLAND erzählen schwarze Deutsche und in Deutschland
lebende Schwarze über ihr Leben und ihren Alltag. Ihre Geschichten
stehen im krassen Widerspruch zu den geläufigen Klischees und
Meinungen, die über Menschen schwarzer Hautfarbe verbreitet werden.
"Warum sind automatisch alle Leute, die schwarz sind, nicht deutsch?",
fragt Noah, Radiomoderatorin und Sängerin in Hamburg. Vincent,
Barkeeper und Publizistik-Student in Berlin, sagt: "Ich bin 1986 nach
Berlin gekommen und bin damit auch ziemlich zufrieden. Ich habe
sozusagen eine zweite Heimat hier gefunden."
"Ich bin Neger, und ich bin Sachse", sagt Sam Meffire, Streetworker
und Ex-Polizist aus Dresden. Tyron ist Schauspieler und Musiker und
lebt in Berlin. "Ich war mit meinem Vater in Jamaika", sagt er, "und
dann allein in Ghana. Ich habe mich da sehr wohl gefühlt, aber ich bin
weder Jamaikaner noch Afrikaner.
Ich bin ein schwarzer Deutscher". "Ich lebe jetzt seit sieben Jahren
in Berlin", sagt der US-amerikanische Schriftsteller Darius, "aber
außerhalb meiner Wohnung gibt es nur ein paar Orte, an denen ich mich
sicher fühle".

www.derbraunemob.de
www.isdoneline.de
www.blackdeutschland.de

BLACK DEUTSCHLAND
Ein Film von Oliver Hardt
VINCENT: "Als ich nach Deutschland kam und deutsch lernte, da hieß es,
Neger bedeutet schwarze Person. Das war soweit ok. Ich habe im
Wörterbuch nachgeschaut und tatsächlich bedeutete es schwarze Person.
Aber wenn du dann auf der Strasse hörst: Nee, das mach ich nicht für
dich, ich bin doch nicht dein Neger, dann fängst du an nachzudenken."
Der Dokumentarfilm BLACK DEUTSCHLAND ist eine intime Studie über das
Denken und Fühlen einer gar nicht so kleinen Minderheit, über schwarze
Deutsche und Schwarze in Deutschland.
Awards : Intermedia Globe Silver Award, World Media Festival Hamburg
2006, Nominierung Hessischer Filmpreis 2006
 Mit Darius James, Sam Meffire, Vincent Mewanu, Tyron Ricketts, Noah Sow u.a.
 SZ-Interview mit Regisseur Oliver Hardt (>>download PDF)
arte-Interview mit der Historikerin Nicola Lauré al-Samarai (>>download PDF)


15. Abschiebung im Morgengrauen
Regie: Michael Richter, D 2005, Doku., 46 Min., OF

Etwa 20.000 Menschen leben allein in Hamburg behördlich "geduldet",
aber ohne dauerhaften Aufenthaltsstatus. Viele von ihnen sind
Kriegsflüchtlinge, die kein Asyl erhielten, die aber gleichwohl nicht
abgeschoben werden durften. Sobald sich die Situation im Herkunftsland
nach Einschätzung der deutschen Politik ändert, stehen sie auf den
Abschiebungslisten.

Ein Kamerateam des NDR begleitet Beamte der Ausländerbehörde bei der
nächtlichen Abschiebung, die sich normalerweise hinter den Fenstern
anonym abspielt. Die Menschen haben sich nichts zu Schulden kommen
lassen, dennoch ist ihre Gnadenfrist jetzt vorbei.

In der Zentralen Ausländerbehörde Hamburg, "Abschnitt für
Rückführungsangelegenheiten", wird entschieden wer bleiben darf und
wer gehen muss. Nach welchen Kriterien urteilen die Mitarbeiter des
Amtes, wie gehen sie mit den Menschen um, über deren Schicksal sie auf
oft dramatische Art mitentscheiden? "Wir buchen, Sie fluchen - mit
freundlicher Unterstützung des Reisebüros Never-Come-Back-Airlines" -
den zynischen Spruch auf dem Amts-Bildschirm kann jeder lesen.

Nicht nur die systematische, sondern insbesondere auch die
rechtswidrige Unmenschlichkeit, die in den Behörden Alltag ist, wird
hier deutlich. Ein Versuch öffentlich zu machen, was sich jeden Tag,
jede Nacht mitten in Deutschland abspielt. Abseits des medialen und
politischen Mainstreams.

Die Reportage wurde mit dem Europäischen CIVIS-Medienpreis 2005
ausgezeichnet und zum Grimme Preis nominiert.

www.rechtauflegalisierung.de
www.fluchtpunkt-hh.de
www.fluechtlingsrat-berlin.de


16. Working Man's Death
Michael Glawogger/ 2005 / 122 Min. / 35mm

1935 wird der Sowjetische Bergmann Aleksej Stachanov zum Helden der
Arbeit. 102 Tonnen Kohle in einer Schicht - ein nie da gewesener
Rekord. Er wird damit zum Star, zum Helden, zum Politiker und zur
Legende. Eine Stadt im Donbass und eine Bewegung werden nach ihm
benannt, eine riesige Statue wird errichtet. Krasni Lutsch, Ukraine.
Dort, wo einst Stachanov seine Rekorde setzte, arbeiten heute Tatjana,
Valodja und Vassili in einer selbst gegrabenen, nicht mehr als 40cm
hohen Mine. Sie bauen Kohle für den Eigenbedarf ab und leben von der
vagen Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Sie sind die neuen HELDEN des
Donbass.

Ostjava, Indonesien. Pak Agus trägt seit dreißig Jahren Schwefel vom
Krater des Berges Kawa Ijen ins Tal. Er benutzt dazu zwei mit einer
Stange verbundene Körbe, auf seinen Schultern liegt eine Last von 70
bis 100 Kilo. Da der Vulkan auch ein beliebtes Ausflugsziel für in-
und ausländische Touristen ist, führt ihn sein täglicher Weg vorbei an
Schaulustigen, die ihn und seine Kollegen bestaunen, befragen,
bewundern und fotografieren. Sie sind wie GEISTER aus einer
vergangenen Zeit. Bunmi Onokoya und seine Kollegen schlachten, rösten,
waschen, häuten, zerteilen, schleppen, handeln, laufen und schreien
von morgens bis mittags. In dieser Zeit werden an die 350 Ziegen und
fast ebenso viele Stiere vom lebenden Tier zum verkaufsfertigen
Fleisch verarbeitet.

Die Arbeiter in Port Harcourt, Nigeria sind stolz, laut und fröhlich.
Schließlich sind sie dafür verantwortlich, dass ihre Landsleute zu
essen haben. Sie sind selbstbewusst und stark wie LÖWEN. Dawa Khan ist
eigentlich Bauer. Aber in seinem Dorf reichen die Erträge nicht mehr
zum Leben. So arbeitet er in Gaddani, Pakistan. Er und hunderte Andere
zerlegen mit mehr oder weniger bloßen Händen alte Tankschiffe,
verarbeiten den Schrott aus dem Rest der Welt. Mit strengstem
Gottvertrauen und im kollektiven Bewusstsein, dass sie BRÜDER im
Geiste und im Leid sind, begegnen sie der täglichen Lebensgefahr von
Explosionen und herabstürzenden Trümmern.

Doch die ZUKUNFT findet in China statt. Im Stahlwerk von Anshan in der
Provinz Liaoning glaubt man an den Aufschwung und an ein besseres
Morgen. An das Moderne, an Wissen und Technik statt blinden Einsatz.
An neue Hochöfen mit klingenden Namen wie „Die neue Nummer 1" und an
die eigene Identität. Von Chinesen für Chinesen.

Bei Duisburg in Deutschland ist man in der Zukunft schon angekommen.
Auch dort wurden die Hochöfen längst stillgelegt, aber in der Nacht
sind sie knallbunt beleuchtet. Grün, rot, blau und gelb funkelt die
riesige Anlage. Darunter verschwindet der Rost. Einst ein Monument der
Arbeit, heute ein Freizeitpark. Und unter Stachanovs Statue findet
noch immer jeden Samstag eine Hochzeit statt.

http://www.workingmansdeath.com

Verschwindet körperliche Schwerstarbeit, oder wird sie nur unsichtbar?
Wo ist sie im 21. Jahrhundert noch zu finden?
Workingman's Death folgt den Spuren von HELDEN in die illegalen Minen
der Ukraine, spürt GEISTER unter den Schwefelarbeitern in Indonesien
auf, begegnet LÖWEN in einem Schlachthof in Nigeria, bewegt sich unter
BRÜDERN, die ein riesiges Tankschiff in Pakistan zerschneiden, und hofft
mit chinesischen Stahlarbeitern auf eine glorreiche ZUKUNFT.

Die Zukunft ist aber mittlerweile in Deutschland angekommen, wo eine
ehemals wichtige Hochofenanlage in einen Freizeitpark verwandelt wurde.

»Arbeit kann viel sein. Oft ist sie kaum sichtbar, manchmal
schwer erklärbar, und in vielen Fällen nicht darstellbar.
Schwere körperliche Arbeit ist sichtbar, erklärbar, darstellbar.
Daher denke ich oft: sie ist die einzig wirkliche Arbeit.«
                                                        Michael Glawogger

17. 5 Fabriken – Arbeiterkontrolle in Venezuela
Regie: Dario Azzellini / Oliver Ressler, D / Venezuela 2006, Doku, 81 Min.
In ihrem nach „Venezuela von unten" (67 Min., 2004) zweiten Film über
die politischen und sozialen Veränderungen in Venezuela richten
Azzellini und Ressler in „5 Fabriken – Arbeiterkontrolle in Venezuela"
den Fokus auf den industriellen Sektor. Die Veränderungen im
Produktionsbereich Venezuelas werden anhand von fünf Großunternehmen
in unterschiedlichen Regionen dargestellt: eine Aluminiumhütte, ein
Textilunternehmen, eine Tomatenfabrik, eine Kakaofabrik und eine
Papierfabrik. Von den Beschäftigten erkämpft und durch Kredite der
Regierung unterstützt, breiten sich in Venezuela verschiedene Formen
der Mit- und Selbstverwaltung aus. „Die Versammlung ist praktisch der
Chef des Unternehmens", erklärt Rigoberto López von der Textilfabrik
„Textileros del Táchira" in San Cristóbal vor dampfenden Wannen. Und
die Spulmaschinenarbeiterin Carmen Ortíz fasst die Erfahrung so
zusammen: „In der Kooperative zu arbeiten ist viel besser, als für
andere zu arbeiten, denn das ist wie ein Sklave der anderen zu sein."

Die in den fünf Fabriken an den Produktionsorten aufgenommen
ProtagonistInnen geben Einblicke in alternative Organisationsweisen
und Modelle von Arbeiterkontrolle. Die Mechanismen und Schwierigkeiten
der Selbstverwaltung werden ebenso geschildert wie die profanen
Abläufe der Produktion. Die abgebildeten maschinellen Arbeitsprozesse
könnten als Metapher für die Wunschmaschine „bolivarianischer Prozess"
gelesen werden und die Hoffnungen und Sehnsüchte, die dieser bei den
ArbeiterInnen weckt.
Die Situation in den fünf Fabriken ist unterschiedlich, gemeinsam ist
die Suche nach besseren Produktions- und Lebensmodellen. Dabei stehen
nicht nur konkrete Verbesserungen für die ArbeiterInnen im
Vordergrund. Aury Arocha, Laboranalystin der Ketchup-Fabrik „Tomates
Guárico", betont, der Unterschied von „Unternehmen sozialer
Produktion" zu kapitalistischen Unternehmen bestehe darin, dass die
Kooperativen „für die Gemeinschaft arbeiten, im Sinne der Gesellschaft
arbeiten." Und Carlos Lanz, Präsident der zweitgrößten Aluminiumfabrik
Venezuelas, Alcasa, formuliert als Schlüsselfrage: „Wie macht ein
Unternehmen im Rahmen des Kapitalismus Druck in Richtung Sozialismus?"
Der Film schließt mit einer längeren Sequenz aus einer Leitungssitzung
von Alcasa, in der Diskussionen über die praktizierte Mitverwaltung in
dem 2.700 ArbeiterInnen zählenden Unternehmen und die angestrebten
Veränderungen der Produktionsverhältnisse geführt werden.
www.azzellini.net

18. Beatbox Colombia
Deutschland 2005, Regie: Dirk Lienig, 60 Min.
Sie nennen sich ‚Ghettos Clan' oder ‚Topomental'. Ihre Leidenschaft
ist der Rap, ihre Heimat sind die Ghettos von Bogota und Cali, den
größten und gefährlichsten Städten Kolumbiens. Der Film begleitet
diese Musiker, die im Sprechgesang von ihren Alltag zwischen Gewalt
und einem Funken Hoffnung erzählen. Und er lässt ihrer Kreativität
freien Lauf: Teilweise führen die Rapper selbst die Kamera.